Im Produktsegment Lkw-Reifen wurden im vergangenen Jahr knapp 2,8 Millionen Stück verkauft. Bild: Georg Blenk
Rad/Reifen/Bremse

Lkw-Reifengeschäft 2021: „Die Branchenlage hat sich leicht erholt“

Rund 48,4 Millionen Reifen wurden laut Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk (BRV) im vergangenen Jahr im Reifenersatzgeschäft in Deutschland verkauft – rund eine Million mehr als im Vorjahr. Nach einem 11-prozentigen Rückgang in 2020 ist damit 2021 der Stückabsatz (Handel an Verbraucher) im Durchschnitt über alle Produktsegmente um etwa zwei Prozent gestiegen. Lkw-Reifen liegen mit rund 5,7 Prozent Marktanteil an der Absatzmenge im Reifenersatzgeschäft 2021 auf Platz 2.

Übersicht Reifenersatzgeschäft 2021 nach Segmenten. Grafik: BRV

„Die Branchenlage hat sich leicht erholt, ohne jedoch auf das Vor-Corona-Niveau aufschließen zu können“, resümiert Michael Schwämmlein, Geschäftsführer Technik und Marktdaten-Spezialist des bundesweit tätigen Fachverbandes. „Im Vergleich zu 2019 liegt der Mengenabsatz im Gesamtmarkt noch um etwa 9 Prozent zurück.“ Die Aufwärts-Prognose vom März vergangenen Jahres hat sich laut BRV damit in der Tendenz bestätigt, doch im Marktsegment Consumer-Reifen, das das Mengenergebnis entscheidend beeinflusst, fiel der Zuwachs im Gesamtjahr 2021 mit rund 2 Prozent auf insgesamt 43,7 Millionen Stück geringer aus als erhofft. Schon im vergangenen Frühjahr war der Verband aber davon ausgegangen, dass das Mengenvolumen des Jahres 2019 im Reifenersatzmarkt insgesamt frühestens 2022 wieder erreicht werden könnte.

Mit unverändert rund neun Zehnteln des Stückabsatzes macht das Segment Consumer-Reifen, bestehend aus den beiden Produktgruppen Pkw-/Off-Road(4×4)- und Leicht-Lkw-Reifen (LLkw), weiterhin das mit Abstand größte Marktsegment aus. Lkw-Reifen liegen mit rund 5,7 (Vorjahr knapp 5,6) Prozent Marktanteil an der Absatzmenge im Reifenersatzgeschäft 2021 auf Platz 2. Die Nischensegmente Motorrad-Reifen, FARM-Reifen (für Landwirtschafts- und Forstfahrzeuge) und EM-Reifen (für vornehmlich in der Baubranche und im Bergbau genutzte Erdbewegungsmaschinen) machen in Summe die restlichen gut 4 Prozent aus.

Leichte Nutzfahrzeuge

In der ebenfalls zum Consumer-Segment zählenden Produktgruppe der Reifen für leichte Nutzfahrzeuge (LLkw-Reifen) lag der Stückabsatz 2021 bei 3,84 Millionen und stieg damit im Vergleich zum Vorjahr um 12,6 Prozent. Ihr Gesamtanteil am Reifenersatzgeschäft in Deutschland wuchs damit auf knapp 8 (Vorjahr 7) Prozent. Der LLkw-Reifenmarkt profitierte damit laut BRV von einer weiterhin starken Entwicklung im Kurier- und Lieferdienstbereich, verursacht durch erneute Zuwächse im Online-Handel sowie von der hohen Nachfrage nach Handwerksleistungen.
Der Absatz von Ganzjahresreifen stieg auch in dieser Produktgruppe: Mit einem Absatzplus von 21,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr machen sie inzwischen einen Anteil von knapp 38 (Vj.: 35) Prozent am Mengenabsatz LLkw-Reifen aus. Der Absatz von Winterreifen wuchs in diesem Produktsegment 2021 um 9,8 Prozent, der Absatz von Sommerreifen um 4,0 Prozent und damit deutlich stärker als in der Produktgruppe Pkw-Reifen. Auf M+S-Reifen entfielen im Berichtsjahr knapp 42 (Vj.: 43) Prozent der verkauften Menge an LLkw-Reifen, auf Sommerreifen gut 20 (Vj.: knapp 22) Prozent.

Lkw-Reifen

Im Produktsegment Lkw-Reifen wurden im vergangenen Jahr knapp 2,8 Millionen Stück verkauft, das entsprach laut BRV einem Absatzzuwachs von 4,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das erhöhte Transportaufkommen mit einer um 3-4 Prozent gestiegenen Transportleistung spiegelt sich hier im Reifenersatzbedarf. Im Vergleich zu Pkw gab es bei Nutzfahrzeugen zudem eine gute Entwicklung in der Erstausrüstung, was teilweise zu Lieferproblemen im Ersatzmarkt führte, weil pandemiebedingt noch nicht alle Produktionskapazitäten wieder voll verfügbar waren. Der Absatz an Neureifen stieg um rund rund 4 Prozent, die verkaufte Menge an runderneuerten Lkw-Reifen um 6 Prozent. Die Runderneuerer profitierten dabei von den Lieferschwierigkeiten, den hohen Transportkosten und den starken Preissteigerungen für Neureifen. Der Anteil runderneuerter Reifen am Lkw-Reifenersatzgeschäft liegt bei 28 Prozent.

Prognose mit vielen Fragezeichen

Aufgrund der anhaltenden Pandemie und der geopolitischen Situation ist die Entwicklung des Marktumfeldes im laufenden Jahr laut BRV momentan extrem schwierig einzuschätzen. Entsprechend schwer ist es, eine verlässliche Prognose für den Reifenersatzmarkt 2022 abzugeben.
Fakt ist, dass der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine jetzt schon zum Teil massive negative Auswirkungen hat und weitere erwarten lässt: Engpässe in der Versorgung mit Rohstoffen und/oder Zulieferkomponenten für Reifenfertigung und Automobilherstellung gehen einher mit teils schon enorm erhöhten und weiter steigenden Kosten für Rohstoffe, Teile, Transport und die für die Fertigung benötigte Energie. Auch auf der Verbraucherseite ist mit steigenden Produkt-, Treibstoff- und Energiepreisen zu rechnen, was zu erhöhter Inflation führe und entsprechenden Konsumverzicht auslösen kann. Relevant für das Reifenersatzgeschäft wären hier konkret zum Beispiel weiter sinkende Pkw-Fahrleistung, aufgeschobene Ersatzbeschaffungen und ein Verzicht auf Neuinvestitionen.

2022: Minimales Wachstum bei Lkw-Reifen

Vor diesem Hintergrund schränkt der BRV die Aussichten auch für die Produktgruppe LLkw-/Transporter-Reifen ein: Hier hält der Verband zur Zeit 4-5 Prozent Absatzzuwachs für möglich, womit das Segment Consumer-Reifen insgesamt auf etwas über drei Prozent Wachstum käme.
Im Segment Lkw-Reifen rechnet der BRV, bedingt durch negative Einflussfaktoren wie starke Kostensteigerungen (Treibstoff, Personalkosten) und Fahrermangel im Transportsektor höchstens mit einem minimalen Wachstum um ein Prozent.

Yorick M. Lowin. Bild: BRV

Einstellen auf die Marktbedingungen

Umso mehr gelte es für die Betriebe der Branche, ihre „Hausaufgaben zu machen“ und sich bestmöglich auf die geltenden Marktbedingungen einzustellen. Dass das im vergangenen Geschäftsjahr – jedenfalls im Branchendurchschnitt – gelungen ist, zeigt die qualitative Analyse des Fachverbandes. „Wie gut der Reifenfachhandel sich am Markt behaupten kann, ist schließlich nicht nur eine Frage der verkauften Menge“, sagt Yorick M. Lowin, Geschäftsführer des BRV. Zur reinen Stückzahlbetrachtung müsse sich die betriebswirtschaftliche Analyse gesellen – und die sei im Hinblick auf das auch schon herausfordernde Geschäftsjahr 2021 durchaus ermutigend für die Branche.

Auch für die Betriebe der Nfz-Branche gelte es deshalb laut Lowin ihr engeres Marktumfeld kontinuierlich zu beobachten, ihre Geschäftsstrategie öfter nachzujustieren und auch ihre Preise vernünftig – sprich: renditeorientiert – zu kalkulieren. „Nur so kann es gelingen, an der prognostizierten insgesamt leicht positiven Marktentwicklung zu partizipieren!“