Wiederaufbereitete Turbolader-Komponenten bei Motorservice. Bilder/Grafiken: MS Motorservice International/Rheinmetall
Wiederaufbereitete Turbos by Intec

Motorservice macht alten Turbos Beine

Turbolader sind zentrale Komponenten moderner Lkw-Motoren – sie erhöhen die Leistung, verbessern die Effizienz und helfen die Emissionsziele zu erreichen. Doch Turbos sind auch erhöhten thermischen und mechanischen Belastungen ausgesetzt. Je nach Laufleistung der Motoren und dem Zustand des Motoröls kann es zu Verschleiß, Ablagerungen, Lagerschäden oder Problemen mit der variablen Turbinengeometrie (VTG-Lader) kommen. Die Folgen sind Leistungsverlust oder der Totalausfall. Oft ist auch die Peripherie ursächlich oder betroffen.

 

Aufbereiteter Lkw-Turbolader von Motorservice – ‚Turbo by Intec‘.

 

Kosteneffiziente Alternative: Die Wiederaufbereitung

Auswuchtautomat für Turbolader-Verdichter-Räder und -Turbinenläufer.

Eine kosteneffiziente Alternative zum teuren Neuteil sind wiederaufbereitete Austauschturbolader und entsprechende Anbauteile. Auch ökologisch, im Sinne der Kreislaufwirtschaft, macht eine Wiederaufbereitung absolut Sinn. Unternehmen wie BE Turbo, Motair (Bilstein-Group), Turbo-Tec, BTB, Turbo-Kompakt oder BR Turbo, bieten die Wiederaufbereitung von Lkw-Turboladern an. Auch Tier-2- und Tier-3-Zulieferer (Hersteller und Zulieferer von Turboladern sowie von Anbauteilen), wie BorgWarner, Cummins (Holset), Garret oder MS Motorservice International (Lader und Anbauteile) setzen auf die Wiederaufbereitung. Hier spielt man die Karten der OE-Erfahrung und nutzt hauseigene Produktions- und Qualitätsstandards, die regelfällig sehr hoch sind. Die aufbereiteten Lader sind über den Lkw-Teilehandel oder auch direkt beim jeweiligen Unternehmen erhältlich.

 

Austausch-Turbolader ‚Turbo by Intec‘

Faruk Oezkilic ist Produktmanager bei Motorservice und verantwortlich für das Thema Turbolader.

MS Motorservice International (eine Rheinmetall-Tochter) bietet beispielsweise mit den generalüberholten Turboladern der Marke ‚Turbo by Intec‘ zahlreiche Austauschlösungen. Das Produktprogramm umfasst Turbos für Pkw, Nfz und Off-Highway-Fahrzeuge sowie eigene Pierburg-Produkte rund um den Lader. „Wir haben mit der Überholung von Turboladern begonnen und unser Portfolio schrittweise um Neuteile von Pierburg erweitert“, so Faruk Oezkilic, Produktmanager bei Motorservice und verantwortlich für das Thema Turbolader. „Bei der Überholung befolgen wir mit ‚Turbo by Intec‘ einen strengen Anforderungskatalog. Zudem setzen wir bei Motorservice von Turbolader-Herstellern anerkannte Maschinen ein, um die einwandfreie Qualität der gesamten Produktion der Austauschturbos zu garantieren.“

Derzeit hat man Turbolader für Lkw, Pkw und leichte Nutzfahrzeuge im Programm, mit einer Marktabdeckung von über 200 Millionen Fahrzeugen. Unter den Lkw-Ladern finden sich Produkte für Fahrzeuge der Marken IVECO, MAN, Mercedes-Benz, Paccar (DAF) und Scania. Für das kommende Jahr plant Motorservice weitere 50 Lkw-Turbolader – unter anderem auch für Volvo – ins Programm aufzunehmen.

Die Wiederaufbereitung

Turbolader-Mess-Prüfstand und Reparatureinrichtung.

Die Wiederaufbereitung erfolgt in Frankreich, wo Spezialisten jeden zurückgegebenen Turbolader begutachten. Jeder Turbolader wird komplett demontiert und aufwendig gereinigt. Hierbei werden alle Einzelteile auf ihre Wiederverwendbarkeit überprüft. Defekte Teile werden ausgetauscht, während das Gehäuse wiederverwendet wird, sofern es keine Risse oder schwere Beschädigungen aufweist. Nach dem individuellen Neuaufbau wird die Turbinenwelle neu gewuchtet sowie die pneumatische oder elektrische Ansteuerung kalibriert. Abschließend muss jeder Turbolader einen Performance-Test bestehen. Zur Weiterverfolgung werden alle Daten der Instandsetzung gespeichert. Zudem erhält jeder Lader eine eigene Kennung, was der vollständigen Rückverfolgbarkeit dient.

Beim Austausch des Turboladers empfehlen wir die Komponenten im Umfeld des Turboladers zu prüfen und gegebenenfalls zu ersetzen. Die Produkte sind ebenfalls über Motorservice erhältlich.

Die Altteil-Rückgabe

Vor der Einsendung eines defekten Turboladers füllen die Kunden ein Online-Formular aus, geben die Originalnummer des Turboladers an und beschreiben den Schaden. In 95 Prozent der Fälle erhalten sie laut Oezkilic eine Pfandrückerstattung. Da Motorservice über 7.500 aufbereitete Turbolader auf Lager hat, könnten die Kunden innerhalb von etwa drei Tagen mit einem entsprechenden Ersatzturbo beliefert werden.

Funktionsprinzip und Aufbau eines Abgasturboladers

 

Aufbau eines Turboladers: 01 Frischlufteintritt, 02 Verdichterrad, 03 Frischluftaustritt (verdichtet), 04 Axialwellenlager (Anlaufscheibe), 05 Anschluss der Ölversorgung, 06 Radialwellenlager, 07 Rücklauf, 08 Turboladerwelle, 09 Turbinenrad, 10 Abgasaustritt, 11 Abgaseintritt.

Ein Abgasturbolader nutze die Energie der Abgase des Verbrennungsmotors, um seine Leistung zu steigern. Der Hubraum des Motors muss nicht vergrößert werden. Dabei strömen die heißen Abgase des Motors aus dem Abgaskrümmer in das Turbinengehäuse. Dort treffen sie auf das Turbinenrad und versetzen es in eine Rotationsbewegung. Die Turbine ist kraftschlüssig über eine Welle mit dem Verdichter verbunden.

 

Wenn die Turbine rotiert, rotiert auch der Verdichter. Dadurch saugt er Luft aus der Umgebung an, verdichtet und fördert sie mit erhöhtem Druck direkt zurück in den Motor (oft durch einen Ladeluftkühler gekühlt). Somit erhöht sich der Sauerstoffanteil des Verbrennungsgemischs, der Motor erfährt eine Leistungssteigerung.

 

Das Umfeld eines Turboladers: 01 Vakuumpumpe, 02 Unterdruckspeicher, 03 Druckwandler, 04 Pneumatische Steller (Druck-/Unterdruckdose), 05 VTG-Lager, 06 Turbolader mit Wastegate-Klappe, 07 Pneumatische Steller (Druck-/Unterdruckdose), 08 Ladedruck-Regelventil.

Ein Überdruckventil (Wastegate) sorgt für die Begrenzung und Regelung des Ladedrucks. Es wird über eine Druckdose oder auch elektrisch angesteuert. Bei sogenannten VTG-Ladern (variable Turbinengeometrie) können zur Regelung des Ladedrucks die Schaufeln am abgasseitigen Turbinenrad verstellt werden.

 

Die Drehzahlen des Läufers (Gesamtbaugruppe, bestehend aus Turbine, Welle und Verdichterrad) erreichen beim Lkw bis zu 160.000 U/min, bei einer Abgastemperatur von bis zu 850 °C (Dieselmotor). Die Ladelufttemperatur kann bis zu 180 °C betragen. Die Ölversorgung des Turboladers erfolgt durch den Motor, bei Öltemperaturen von bis 140 °C, bei einer Durchflussmenge von zwei bis vier Litern/Minute.

 

Den Beitrag finden Sie auch in der Print-Ausgabe 4-2025 der Krafthand-Truck.