Mit einem Induktionserhitzer lassen sich zahlreiche Aufgaben im Nfz-Betrieb ‚lösen‘. Bild: Vauquadrat
Werkstattausrüstung

Ein heißes Eisen – Die korrekte Anwendung von Induktionserhitzern

Induktionserhitzer gelten in der Lkw-Werkstatt als nutzwertige Helfer, wenn es um das Lösen von festgerosteten Schraubverbindungen oder das ‚Richten‘ von Rahmen- und Karosserieteilen geht. Darüber hinaus gibt es noch zahlreiche weitere Anwendungsfelder, denkt man beispielsweise an festsitzende Schmiernippel, korrodierte Bolzen oder schwergängige Gelenke. Der Vorteil von Induktionserhitzern ist, dass man gezielt und punktuell Wärme in ein Bauteil einbringen kann. Mit dem ‚guten alten‘ Schweißbrenner dagegen richtet man meist mehr Schaden an, die Temperaturen sind einfach zu hoch und nicht dosierbar. Doch auch bei der Handhabung eines Induktionserhitzers gilt es einiges zu beachten.

Was versteht man unter Induktion?

Das Induktionsheizgerät Vauquadrat V3 ist wassergekühlt und verfügt über eine aktive Durchflussüberwachung sowie einen Fehlerstrom-Schutzschalter. Bild: Vauquadrat

Induktionswärme entsteht durch elektromagnetische Induktion, einem physikalischen Phänomen, bei dem elektrische Spannungen in einem Leiter erzeugt werden, wenn er einem sich verändernden Magnetfeld ausgesetzt ist. Dabei erzeugt ein Wechselstromgenerator einen Wechselstrom mit geeigneter Frequenz. Dieser Strom fließt durch eine Kupferspule, die als Induktionsheizspule dient. Der Wechselstrom in der Spule erzeugt ein sich ständig änderndes Magnetfeld um die Spule herum. Dieses Magnetfeld breitet sich nach außen aus. Wird ein Metallgegenstand in die Nähe der Induktionsheizspule gebracht, durchdringt das sich ändernde Magnetfeld das leitende Metall. Die induzierten Spannungen werden durch den ohmschen Widerstand des Metalls komplett kurzgeschlossen. Dies führt dazu, dass in dem Material elektrische Wirbelströme erzeugt werden, was zur Erwärmung führt. Da die Wärme im Inneren des Materials erzeugt wird, heizt sich das Metallteil von innen nach außen auf. Induktionserhitzer bieten ein schnelles Aufheizen und die Möglichkeit, gezielte Bereiche eines Werkstücks zu erhitzen, ohne dass das Umfeld negativ beeinflusst wird.

Das Offenburger Unternehmen Vauquadrat befasst sich seit dem Jahr 2009 mit dem Thema Induktion und liefert entsprechende Geräte. Seit 2019 stellt das Unternehmen Induktionserhitzer selbst her. Dies stellt laut Thomas Vauderwange, Geschäftsführer bei Vauquadrat, die stetige Verbesserung und Weiterentwicklung der Geräte sicher. Beispielsweise ist das Vauquadrat V3 für Lkw-Betriebe gedacht. Es arbeitet mit einer relativ niedrigen Festfrequenz von 18,5 kHz und einer individuell einstellbaren Leistung bis zu 12 kW. Es eignet sich für das Lösen mechanischer Verbindungen und für das Richten von Rahmen.

Auf die Wirktiefe kommt es an

Die Induktionsheizgeräte von Vauquadrat (im Bild das V2) lassen sich, was die Leistung angeht, stufenlos einstellen. Bild: Georg Blenk

Grundsätzlich besteht beim starken Erwärmen von Metall bis hin zum ‚Glühen‘, die Gefahr, dass sich die metallische Struktur, beziehungsweise das Korngefüge verändert, mit teils erheblichen Folgen für die Festigkeit, die Passgenauigkeit und Dauerhaltbarkeit. Von einem ‚Heißglühen‘ beispielsweise von Schraubverbindungen mittels Schweißbrenner ist also abzuraten. Auch die falsche Handhabe eines Induktionserhitzers durch eine zu hoch eingestellte Leistung oder eine zu lange Kontaktzeit kann zum ‚Durchglühen‘ und negativen Effekten führen. „Besonders Induktionsgeräte, die nach dem Hochfrequenz- oder Resonanzprinzip arbeiten, können wegen zu hohen Temperaturen im Gelbglutbereich das Metallgefüge schädigen. Die Bauteile müssen jedoch nicht glühen, um den gewünschten Effekt zu erzielen“, so Kay-Uwe Karsten, Key-Account-Manager bei Vauquadrat. Es komme vielmehr auf die Wirktiefe der Induktionswärme an, die sich nur mit einer hohen Feldkonzentration erzielen lässt, so Karsten. Gemeint ist die primäre Wirktiefe, die Wärme entsteht im Bauteilinneren. Bei der sekundären Wirktiefe funktioniert die Wärmeleitung von außen nach innen, mit sehr hohen Temperaturunterschieden. Aus diesem Grund habe man sich bei Vauquadrat bei den Geräten auch für eine niederfrequente Tiefeninduktion entschieden. „Je niedriger die Arbeitsfrequenz, desto tiefer die Wirkung. Es kommt darauf an, das betreffende Bauteil mit hoher Leistung, aber bei sehr kurzer Einwirkzeit in der gesamten Tiefe auf etwa 150 °C aufzuheizen. So glüht nichts aus und auch das Gefüge verändert sich nicht“, erklärt Karsten. Technologiebedingt sei dabei die Oberflächentemperatur wesentlich besser zu kontrollieren, als bei herkömmlicher Induktion.

Es darf nicht zu heiß werden!

“In vielen Fällen reichen bereits moderate 100°C aus, um eine festgebackene Schraubverbindung zu lösen“, so Kay-Uwe Karsten. Bild: Georg Blenk

„Alles was glüht, schrumpft. Ein zu schnelles Erhitzen führt zu einer Stauchung des Materials. Der Grund ist, dass sich das Material nicht schnell genug ausdehnen kann. Beispielsweise frisst sich eine Mutter, die zum Glühen gebracht wurde, nach dem Abkühlen auf dem Gewinde fest. Das Bauteil ist nach dem Abkühlen kleiner als zuvor“, erläutert Karsten. Das Geheimnis ist laut Karsten die Tiefenwirkung, also die schnelle Hitze von innen. Dabei reiche, beispielsweise bei korrodierten Schraub- und Bolzenverbindungen, in den meisten Fällen schon eine rasche Temperaturerhöhung im Bereich der gesamten Stärke des äußeren Bauteils von moderaten 100 °C aus. Der Rost zwischen Schraube und Gewinde beziehungsweise zwischen Bolzen und Buchse zerfällt. Anschließend wartet man ab, bis die Bauteile abgekühlt sind, bevor man mit dem Schraubenschlüssel oder dem Hammer die Verbindung trennt. Wenn der Rost ‚Staubig herausdampft‘, sei das optimal, so Karsten.

Einige Tipps hat uns Thomas Vauderwange noch auf den Weg gegeben. So sollte man tunlichst das Erwärmen von Bauteilen, die Fette oder Öle enthalten, unterlassen. Es besteht Brand- und vor allem Explosionsgefahr! Auch ein zu frühes Lösen, beispielsweise eines Schraubenkopfes, im noch extrem heißen Zustand ist nicht zu empfehlen. Grundsätzlich sollten Teile, die nicht schrumpfen dürfen oder die wiederverwendet werden, nicht zum Glühen gebracht werden. Was das Richten von Rahmen aus hochfestem Feinkornstahl, wie beispielsweise S700 MC, angeht, empfiehlt Vauderwange vorsichtig vorzugehen. „Lieber erstmal an einem Schrottteil üben und Erfahrungen sammeln, zu schnell beschädigt man das Material. Eine Härteprüfung mittels Härteprüfgerät (Rockwell-Prüfgerät, misst die Härte des Metalls über die Eindringtiefe einer genormten Metallkugel) an der Oberfläche verrät, ob man das Induktionsgerät richtig einsetzt. Der Härtegrad darf nicht wesentlich kleiner als der des Grundwerkstoffs sein.“

Geräteeigenschaften

Je nach Anwendung kommen verschieden große Induktoren zum Einsatz. Als Ummantelung des Flüssigkeitsgekühlten Induktors dient ein speziell abschirmendes Gewebeband. Bild: Blenk

Laut Vauderwange zeichnet ein gutes Induktionsheizgerät die Handhabbarkeit und Sicherheitstechnik aus. So sollte der Handtransformator, also das Griffstück vorne am Schlauchpaket und der Induktor relativ leicht sein, um ein ermüdungsfreies Arbeiten zu gewährleisten. Vauquadrat liefert im Übrigen verschieden große Induktoren, je nach Einsatzgebiet. In Punkto Sicherheit sollte das Gerät über eine Schutzleiterüberwachung des Induktors, ein aktives Monitoring des Kühlwasserflusses und einen Fehlerstrom-Schutzschalter verfügen. „Ein gutes Induktionsheizgerät zeichnet sich aber auch durch die Langlebigkeit und Reparierbarkeit aus“, so Vauderwange. Auch die Verfügbarkeit von Ersatzteilen spiele eine Rolle. Das Offenburger Unternehmen stellt seine Geräte nicht nur selbst her, sondern repariert sie deshalb auch bei Bedarf. „Letztendlich sollte man aber die Anwendung eines Induktionserhitzers gezielt trainieren und eigene Erfahrungen sammeln. Wir halten dazu zahlreiche Beispielvideos vor. Mit etwas Übung gelingen so optimale Arbeitsergebnisse“, erklärt Kay-Uwe Karsten abschließend.

Den Beitrag finden Sie auch in der Print-Ausgabe 4-2023 der Krafthand-Truck.