Der Markt für Caravans und Reisemobile boomt. Für Lkw-Werkstätten kann dies ein interessantes Zusatzgeschäft bedeuten. Bild: Werbas GmbH, Adobe Stock
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Caravans und Reisemobile: Ein zusätzliches Geschäftsfeld für Nfz-Werkstätten!

Der Markt für Caravans und Reisemobile boomt. Allein zwischen Januar und Oktober 2021 wurden laut Caravaning Industrieverband (CIVD e.V.) 73.554 Reisemobile erstmals in den Verkehr gebracht. Das sind 7,3 Prozent mehr als in den ersten zehn Monaten des Rekordjahres 2020 und damit mehr als jemals zuvor in diesem Zeitraum. Fachleute rechnen damit, dass sich der Hype in den nächsten Jahren fortsetzen wird. Grund genug, als Nutzfahrzeugwerkstatt darüber nachzudenken, ob es sich lohnt ins Caravan-Reparaturgeschäft einzusteigen. Über die Chancen, Möglichkeiten und die notwendigen Voraussetzungen sprachen wir mit Klaus König, Marketingleiter bei der Werbas GmbH. Das Software-Unternehmen ist nicht nur im Nutzfahrzeugbereich, sondern auch im Wohnmobilmarkt aktiv.

Klaus König. Bild: Werbas GmbH

Herr König, warum könnte es aus Ihrer Sicht für Nutzfahrzeugwerkstätten interessant sein, das Tätigkeitsfeld um den Bereich der Reisemobile & Co zu erweitern?

Zunächst können wir festhalten, dass sich viele Reparaturen am Basisfahrzeug kaum vom Standard-Kastenwagen unterscheiden. Lediglich die Zugänglichkeit zu bestimmten Bauteilen könnte etwas eingeschränkt sein. Hinzu kommt, dass Nfz-Werkstätten mit der Durchfahrtshöhe ihrer Rolltore, der Arbeitshöhe in der Werkstatt und der notwendigen Tragfähigkeit der Hebebühnen bereits bestens für die Zielgruppe vorbereitet sind. Und sofern selbst lackiert wird, dürfte auch die Lackierkabine die richtige Größe haben.

„Die Technologien der Freizeitfahrzeuge im Hinblick auf verbaute Materialien und Fügetechniken sind vielfältig“, so Klaus König.

In welchen Bereichen könnten sich Herausforderungen ergeben?

Hier gilt es, den Blick auf die Karosseriereparaturen zu richten, bei denen spezielle Reparaturmethoden zu berücksichtigen sind. Mitarbeiter sollten für diesen Bereich entsprechend geschult werden. Hinzu kommt, dass die Technologien der Freizeitfahrzeuge im Hinblick auf verbaute Materialien und Fügetechniken vielfältig sind. Obwohl die Fahrzeuge in Serie gebaut werden, wird bei der Fertigung hauptsächlich auf Handarbeit gesetzt. Durch die verschiedenen Bauformen der Reisemobile, vom Kastenwagen bis zu den teil- und vollintegrierten Aufbauten, greifen die fahrzeug- und reisemobilspezifischen Systeme zudem teils ineinander.

Hinzu kommt die Ausstattung im Innenbereich?

Das ist richtig. Die Ausstattung der Reisemobile umfasst moderne Sicherheits- und Komfortsysteme ebenso wie Can-Bus-Technologien für das Bordnetzwerk. Hinzu kommen zahlreiche spezifische Systeme. Dazu zählen autarke Heizungs- und Belüftungsanlagen, der automatische Niveauausgleich und die Sanitäranlagen. In diesem Zusammenhang kann es sinnvoll sein, ergänzend zu den eigenen Möglichkeiten, ein passendes Netzwerk mit anderen Handwerksbetrieben aufzubauen. Ein besonderes Augenmerk gilt es auf die in den Fahrzeugen verbauten Gasanlagen zu richten.

„Die Ausstattung der Reisemobile umfasst moderne Sicherheits- und Komfortsysteme ebenso wie Can-Bus-Technologien für das Bordnetzwerk.“

Welche Voraussetzungen müssen hier erfüllt sein?

Arbeiten an Flüssiggasanlagen in Wohnwagen und Wohnmobilen mit Flüssiggastank dürfen nur durch zertifizierte Sachkundige vorgenommen werden. Neben Reparaturen muss auch alle zwei Jahre die Dichtigkeit der Gasanlage von einer Fachperson geprüft werden. Druckregler und Schlauch sind nach zehn Jahren zu ersetzen. Für die Gasanlage im Fahrzeug gelten besondere Vorschriften. Hier gilt es, rechtzeitig Mitarbeiter dafür ausbilden zu lassen. Unter anderem bietet der ZKF und die TAK entsprechende Sachkundelehrgänge an.

„Für die Gasanlage in Caravans und Reisemobilen gelten besondere Vorschriften. Hier gilt es rechtzeitig Mitarbeiter ausbilden zu lassen.“

Blicken wir in den Werkstattalltag. Welche Herausforderungen werden an eine Werkstatt-Managementsoftware gestellt?

Werkstatt-Managementsysteme sollten die Möglichkeit bieten, spezifische Stammdaten zu erfassen, die sich wesentlich von einem Nutzfahrzeug unterscheiden. Sinnvoll wäre deshalb eine eigene Datenseite für das Caravan-Segment. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Erfassung der einzelnen Arbeitszeiten als Ist-Zeit-Verbuchung. Reparaturen an Caravan und Reisemobilen werden vielfach nach dem geleisteten Arbeitsaufwand abgerechnet. Da ist es hilfreich, wenn die erfasste Ist-Zeit direkt per Tablet oder Handy auf die Arbeitsposition gestempelt werden kann. Zudem sollte die Integration moderner Kalkulationsprogramme ebenso selbstverständlich sein wie die Erfassung von Versicherungsdaten.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Einlesen von Ersatzteilelisten (EXCEL/CSV) der Teile- und Zubehörlieferanten. Eine Vielzahl von Zubehörlieferanten bieten ihren Kunden das aktuelle Liefersortiment per EXCEL oder CSV-Datei an. Diese sollten in das DMS-System vom Nutzer eigenständig eingelesen werden können. So können die Teile per Tastendruck in den Auftrag übernommen werden. Mit Blick auf das vorhin erwähnte Netzwerk ist es zudem sinnvoll, wenn deren Dienstleistung mit der eigenen Rechnung weiterberechnet werden können.

Gibt es auch Unterstützung im Bereich der Reparaturkostenkalkulationen?

Bei der Reparaturkostenkalkulation unterstützt beispielsweise die DAT (Deutsche Automobil Treuhand). Als Partner des Caravaning-Industrie-Verbandes e. V. engagiert sie sich als Mitglied im Ausschuss „CIVD Reparaturhandbuch“. Die DAT bringt hier ihre Expertise in der Reparaturkostenkalkulation mit ein.
Mit der SilverDAT ist es schon heute möglich, Schäden an Reisemobilen und Caravans gemäß den CIVD-Empfehlungen zu kalkulieren, da zu vielen Basisfahrzeugen der Reisemobile umfangreiche Daten zur Verfügung stehen.

Wie stellt sich die Versorgung mit Ersatzteilen dar?
Bei Reparaturen an den Basisfahrzeugen können die Nfz-Teilelieferanten schnelle Hilfe leisten. Die Geschwindigkeit der Teileversorgung durch die Aufbauhersteller ist nicht immer mit den gewohnten Lieferfähigkeiten der Nfz-Spezialisten zu vergleichen. So kann es sein, dass Fahrzeuge auch mehrere Tage stehen bleiben können.

Mit den Besitzern der Reisemobile kommt zudem eine andere Kundengruppe in die Werkstatt.

Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass es sich bei dieser Zielgruppe nicht um robuste Trucker, sondern um Kunden handelt, die für ihr Fahrzeug teilweise sehr lange gespart und entsprechend viel Liebe ins Gefährt investiert haben. Dafür ist die Klientel sehr dankbar und treu, wenn ihnen schnell geholfen wird und sie einen guten Service erfahren.

Herr König, haben Sie vielen Dank für das Gespräch!

 

Zusätzliche Unterstützung
Unterstützung bei der Erweiterung um die Caravan-Reparatur bietet unter anderem der Zentralverband Karosserie- und Fahrzeugtechnik e. V. (ZKF) interessierten Werkstätten an. Dazu gehören spezielle Kurse für Caravan-Reparaturen. Ziel ist dabei nach Angaben des ZKF die Zertifizierung zum „Caravan Fachbetrieb“. Der ZKF unterstützt auch bei der Spezialisierung der Betriebe in diesem Bereich und ermöglicht einen einfacheren Zugang zu Caravan-Ersatzteilen. Weitere Informationen finden Sie hier: https://caravan-fachbetrieb.de