Ein Prototyp des eTrailer von Trailer Dynamics. Bilder/Grafiken: Trailer Dynamics
E-Antrieb (BEV/FCEV)

Auflieger anders denken: Der eTrailer von Trailer Dynamics

Die Trailer Dynamics GmbH mit Sitz in Eschweiler wurde 2018 von einem Gründerteam um Abdullah Jaber und Michael W. Nimtsch als Erst-Investor gegründet. Das junge Unternehmen hat mit dem eTrailer einen Sattelauflieger auf den Weg gebracht, der über einen eigenen batterie-elektrischen Antriebsstrang verfügt. Der eTrailer kann wie ein konventioneller Sattelauflieger an jede Sattelzugmaschine angekoppelt werden, egal ob Diesel oder Batterieelektrisch. Eine leistungsstarke, gemeinsam mit der Krone Tochter Gigant entwickelte elektrische Achse ersetzt eine der nicht angetriebenen Achsen des Trailers.

Um den eTrailer auf die Straße zu bringen, arbeitet Trailer Dynamics mit dem Traditionsunternehmen Krone zusammen. Im Rahmen einer strategischen Partnerschaft hat man ein gemeinsames Ziel ausgegeben – die serienreife Entwicklung eines elektrifizierten Trailers, der den Dieselverbrauch und die Emissionen von Dieselzugmaschinen deutlich reduziert, aber auch in Zukunft kann der eTrailer helfen die Reichweite von batterieelektrischen Sattelzugmaschinen deutlich zu erhöhen. Der eTrailer von Trailer Dynamics und Krone adressiert die Betreiber von Bestandsflotten von Diesel-Sattelzugmaschinen und führt diese einer emissionsreduzierten Anwendung zu.

„Klares Ziel der Entwicklung des eTrailers von Trailer Dynamics und Krone ist nicht nur die Dekarbonisierung des Güterschwerlastverkehrs, sondern in einer wirtschaftlich sinnvollen Anwendung unsern Kunden eine positive TCO im Vergleich zum Standard-Trailer zu ermöglichen“ erläutert Michael Nimtsch.

Mit dem eMegaLiner konnte man Ende September 2021 auf dem Krone Executive Logistics (Krone-Future-Lab, Lingen) einen frühen Prototyp(en) vorstellen. Bereits bei den ersten Validierungsfahrten, die von der SGS TÜV Saar GmbH begleitet wurden, konnte der eMegaLiner die angestrebten Dieselminderung von über 20 Prozent erreichen. „Trailer Dynamics und Krone arbeiten gleichberechtigt und partnerschaftlich zusammen. Unser Ziel ist nachhaltig gemeinsamen Erfolg zu erzielen“, ergänzt Jochen Mählmann, ebenfalls Geschäftsführer der Trailer Dynamics GmbH.

 

Die wesentlichen Komponenten des eTrailer.

Die eAchse

Die Basis des eTrailer ist die elektrische Achse, eine Gemeinschaftsentwicklung von Trailer Dynamics und GIGANT. Sie unterstützt die Diesel-Sattelzugmaschine in Peak-Situationen und ist zusätzlich rekuperier-fähig. Der Clou: Die VCU des eTrailers steuert mit Hilfe des von der Sattelzugmaschine bereitgestellten Signals über eine ISO-11992-Verbindung und dem sensierten Königszapfen (King-Pin) den gesamten Antriebsstrang des eTrailers in Echtzeit. Die Verwendung des eTrailers ist zudem Zugmaschinen-unabhängig. Die 800V-Technologie erlaubt ein schnelles Laden der Batterien und umgekehrt eine hohe Leistungsverfügbarkeit des elektrischen Antriebsstrangs. Die beiden Synchronmotoren leisten zusammen bis zu 580 KW und können bis zu 30.000 Nm auf die Straße bringen. Der Antrieb kann zudem laut Trailer Dynamics die Gesamteffizienz des Systems durch seine Fähigkeit zur Rekuperation erhöhen und gleichzeitig den Verschleiß und die Beanspruchung der konventionellen Reibbremse durch die Funktion der verschleißfreien Dauerbremsung verringern. Die Effizienz des gesamten elektrischen Antriebsstrangs liegt den Angaben zufolge deutlich über 80 Prozent. Weitere technische Details gab Trailer Dynamics noch nicht bekannt.

 

Die Batterie-Packs

Der eTrailer wird mit einem modular aufgebauten 300-600 kWh Lithium-Eisenphosphat-Batterie- System (LiFePo4) ausgestattet. Die verbauten Battery-Packs zeichnen sich laut Trailer Dynamics durch eine hohe Zyklenfestigkeit aus und sind dadurch besonders für den intensiven Einsatz in Lkw geeignet. „Die Batterien sind langlebig, robust und für ihren hohen Sicherheitsstandard bekannt. Daher eignen sich die LFP-Batterien hervorragend für den Einsatz im elektrifizierten Güterschwerlastverkehr. Das Batteriesystem ist mit einem Thermomanagement ausgestattet, sodass wir davon ausgehen, dass die eingesetzten Batterien eine äquivalente Lebensdauer zu den mechanischen Baugruppen des Trailers aufweisen werden“, ergänzt Abdullah Jaber.

 

„Schnittstellen schaffen, Lösungen erarbeiten, Zukunft gestalten*“

Trailer Dynamics
Predektive Algorythmen, Batteriemanagement und Auslegung,
Antriebsstrang, Regeltechnik, Aerodynamik.

Krone
Produktion, Vertrieb, Marktzugang, Servicenetz, Telematik.

*Quelle: Vortrag ‚Partnerschaften für disruptive Innovationen‘ – Zukunftskongress Nutzfahrzeuge, Dr. Stefan Binnewies, COO Fahrzeugwerk Bernhard Krone GmbH & Co KG, Abdullah Jaber, CEO, Trailer-Dynamics GmbH, 2022

 

Das Fahrgestell

Das in der ersten Phase eingesetzte Fahrgestell des eTrailer basiert auf dem Krone MegaLiner und dem Krone CoolLiner. Es nimmt die eAchse, den Batteriekasten, den sensorischen Königszapfen, die Control Unit und weitere Nebenaggregate und Systeme auf. Weitere Anpassungen beziehen sich auf die Themen Leichtbau und Integration.

Predictive Drivetrain Control

Das sogenannte PDC (Predictive-Drivetrain-Control) optimiert beim eTrailer von Trailer Dynamics und Krone den Einsatz der elektrischen Ressourcen über die gesamte Fahrstrecke und ermöglicht die Integration von Telematik- und ERP-Daten für einen optimalen Einsatz des eTrailers. Dies ermöglicht die exakte Planung und Steuerung des Unterstützungsgrads des elektrischen Antriebsstrangs sowie die Abschätzung der zu erwartenden Rekuperations-Leistung für die entsprechende Route. Der sensorische Königszapfen des eTrailers sowie weitere Sensoren sind der Schlüssel für die intelligente Nachführung des eTrailer und seine Synchronisation mit der Sattelzugmaschine. Beispielsweise wird die Zugmaschine durch den elektrischen Zusatzantrieb insbesondere bei Steigungen und Anfahrten, aber auch während der Konstant-Fahrt auf der Autobahn unterstützt. Benötigt man bei den genannten Aufgaben nicht alle elektrischen Ressourcen, unterstützt die eAchse den Dieselantrieb der Zugmaschine permanent über die gesamte Strecke mit der verbleibenden Energie. Das gesamte Sattelzugsystem wird so in einen elektrischen Plug-In-Hybrid umgewandelt. „Ziel ist es, die Diesel-Zugmaschine im sogenannten ‚Sweet-Spot‘ zu betreiben, also im optimalen Energie-/Leistungszustand,“ ergänzt Abdullah Jaber. Ist der eTrailer an einen batterieelektrischen Lkw aufgesattelt, ergeben sich erhebliche Reichweitenpotenziale.

Der eTrailer als Energiepuffer

Der eTrailer könnte zukünftig auch als ‚Virtuell-Operating-Reserve‘ (VOR = Virtueller Energiespeicher) dienen. Der Ausbau erneuerbarer Energien beeinflusst die Votalität der Stromnetze. Energieversorger müssen in Europa eine Frequenz von 50 Hz des Stromnetzes aufrechterhalten. Ändern sich die Bedarfe, so kann es zu Frequenzänderungen kommen, Strom muss kurzfristig zugekauft oder größere Verbraucher abgeschaltet werden. Ein Schwarm an Batteriespeichern, wie es zahlreiche, eTrailer während des Chargens im Depot der Kunden darstellen, kann entsprechende Stromschwankungen abfedern. Die Voraussetzung: Die Speicherkapazität und damit das Regelpotenzial wächst mit der Zahl der eTrailer, die in dem VOR-Schwarm eingebunden sind.

Neuerungen – Ausblick

Auf der IAA Transportation (Halle 27, Stand C40, Krone-Messestand) zeigt Trailer Dynamics erstmals diese Neuerungen und wirft einen Blick auf die Zukunft. Im Übrigen: Derzeit sind Trailer mit angetrieben Achsen noch nicht zulassungsfähig. Trailer Dynamics, die Industrie und der VDA arbeiten in Arbeitsgruppen mit der UN und der EU an einer entsprechenden Anpassung der Regulatorik um den eTrailer einer uneingeschränkten Straßenzulassung zuzuführen. Es besteht breiter Konsens unter den beteiligten Parteien, dass dies kurzfristig erfolgen soll.

Den Beitrag finden Sie auch in der Print-Ausgabe 3-2022 der Krafthand-Truck.