Bremsanlage eines Racing-Trucks
Beim Truck Racing werden sämtliche Komponenten der mehr als 1.150 PS starken Race-Truck extrem beansprucht. Neben der Motorleistung entscheidet vor allem aber die Performance der Bremsanlage über Sieg oder Niederlage. Bild: Meyle
Wer nicht richtig bremst, verliert!

Meyle testet Bremsenperformance an Racing Trucks

Truckrennen wie der FIA Truck Grand Prix am Nürburgring ziehen viele Fans in ihren Bann. Und auch für Ersatzteilehersteller ist Truck Racing eine wichtige Angelegenheit. Denn: Gibt es einen besseren Beweis für die Qualität ihrer Produkte, als dass Rennteams sie in ihren Boliden verbauen? KRAFTHAND-Truck durfte mit Meyle ins Boxenzelt des SL Trucksport 30-Teams und konnte mit Lokalmatador Sascha Lenz über ‚Bremsenperformance‘ sprechen.

Seit Jahren schon ist das Renn-Wochenende am Nürburgring das Highlight im Kalender der FIA European Truck Racing Championship. Im vergangenen Juli lockte die 34. Ausgabe des Internationalen ADAC Truck-Grand-Prix nach Veranstalterangaben rund 124.000 truckbegeisterte Besucher ‚an den Ring‘, wie Insider die Rennstrecke in der Eifel nennen. Sascha Lenz, Lokalmatador aus Weißenthurm, wusste an diesem Rennwochenende zu überzeugen. Insbesondere im zweiten Cup-Rennen am Samstag demonstrierte der 32-Jährige Sohn der Truck-Legende Heinz-Werner Lenz, was fahrerisch in ihm steckt: Nach tollen Kämpfen auf der Piste donnerte der MAN-Pilot als Zweiter durchs Ziel – ganz nach dem Motto ‚Wer richtig bremst, gewinnt‘. Denn die Bremsanlage ist neben dem superpotenten MAN-Turbo-Reihensechser der wichtigste ‚Gewinnfaktor‘ des sympathischen Truckpiloten.

Rasanter Know-how-Transfer

Bereits seit vielen Jahren ist der Hamburger Nutzfahrzeugteile-Hersteller Meyle technischer Kooperationspartner verschiedener Rennteams im europäischen Truck-Rennsport. Im Fokus einer solchen ‚rasanten‘ Zusammenarbeit steht der Know-how-Transfer: Durch die permanente Performance-Analyse der verbauten Komponenten unter den extremen Rennbedingungen gewinnt der Hamburger Hersteller nach eigenem Bekunden wertvolle Erkenntnisse, um seine Produkte weiterentwickeln und verbessern zu können. Im Gegenzug dazu stehen die Meyle-Ingenieure den Teams bei den Rennen und in der Box als technische Partner mit Rat und Tat zur Seite. „Das ergibt eine starke Win-Win-Situation für beide Seiten. Die Erkenntnisse aus den Renneinsätzen fließen bei uns direkt in die Neuteileentwicklung und Teileoptimierung unseres Lkw-Sortiments ein“, berichtet Jan Christopher Kölln, Produktmanager Truck Parts bei Meyle, im Gespräch mit KRAFTHAND-Truck. Vor allem am Wochenende des 34. ADAC Truck-Grand-Prix mussten die Bremskomponenten der Hamburger auf dem anspruchsvollen Geläuf des Nürburgrings beweisen, dass sie – ebenso wie Pilot Sascha Lenz – zu Höchstleistungen fähig sind.

Motorlager eines MAN-Racing-Trucks
Die Erkenntnisse aus dem Rennbetrieb fließen bei Meyle direkt in die Produktverbesserung mit ein. Im Bild diskutiert Meyle-Produktmanager Jan Christopher Kölln (links) mit Truck-Race-Pilot Sascha Lenz über die Funktion des ebenfalls im Renn-MAN des verbauten Motorlagers. Bild: Meyle

Extrem beansprucht

Als technischer Kooperationspartner des SL Trucksport 30-Team steht Meyle nicht nur mit Know-how zur Seite, sondern stellt zudem auch eine Reihe an Komponenten aus dem Nutzfahrzeug Teileprogramm für den mehr als 1.150 PS-starken MAN-Race-Truck mit der Startnummer 30 zur Verfügung, beispielsweise Bremsscheiben und -beläge, Motorlager, Riemen spannrollen und Filter. „Ein echter ‚Stresstest‘ für die Teile“, sind sich Lenz und Kölln einig.

Im Gespräch mit KRAFTHAND-Truck beschreibt Lenz die Bedingungen, unter denen die Bremsscheiben und -beläge aus der Serienproduktion von Meyle ihre Performance beweisen müssen. „Im Rennen bremse ich den Truck besonders vor den Kurven stark ab – teilweise von circa 160 auf nur 40 bis 50 Kilometer pro Stunde. Dabei wird die Bremse in kürzester Zeit extrem heiß. Um die Temperaturen im Zaum zu halten, haben wir zwar eine Wasserkühlung für die der Bremsscheiben an Bord, für die Bauteile bedeutet das aber enorme Temperaturschwankungen. Und auch die Beläge müssen das aushalten, ohne dass die Oberfläche verglast“, erläutert Lenz.

Nach vielen Versuchen und teilweise enttäuschenden Erfahrungen mit Bremsscheiben verschiedenster Herkunft hat sich Lenz schließlich für die Bremsscheiben von Meyle entschieden: „Ich habe die Meyle-Scheiben verbaut, nachdem die vorherigen bei den Rennen immer wieder einmal gerissen sind, was uns wertvolle Zeit gekostet hat. Mit den jetzigen Scheiben bin ich vollends zufrieden – die Performance ist top“, berichtet der Rennfahrer.

Auch Stefan Honens, Renningenieur beim SL Trucksport-Team, lobt die Qualität der Hamburger Bremsscheiben: „Die Scheiben müssen bei uns einiges aushalten – vom Training über Testfahrten bis hin zu den vier Rennen sind sie knapp 500 Kilometer an jedem Wochenende im Einsatz. Dass die Meyle-Teile mehrere Wochenenden überstehen, spricht für deren Qualität.“ Laut Honens liegt die Plan-Temperatur beim Bremsen liegt zwischen 350 und 450 °C. „Da performen sie am besten. Aber auch Spitzentemperaturen von bis zu 680 Grad bei Vollbremsungen müssen sie aushalten – und das tun sie problemlos“, so der Renningenieur.

Erkenntnisse direkt für die Serie

Das direkte Feedback aus den Rennen liefert Meyle-Produktmanager Jan Christopher Kölln zufolge wertvolle Erkenntnisse zur Optimierung des Meyle-Truck-Sortiments und für die Spezifikation der Teile. „Wenn die Komponenten ein Truck-Rennen ohne Schäden überstehen, ist der ‚normale‘ Straßenbetrieb selbst unter harten Bedingungen erst recht kein Problem“, ist Kölln überzeugt. Erstmals habe man Serienbremsscheiben 2014 in Renntrucks verbaut und nach den Erkenntnissen aus den Rennen technisch weiterentwickelt und durch eine geänderte Materialzusammensetzung optimiert.

KRAFTHAND-Truck-Chefredakteur Klaus Kuss und Sascha Lenz vor einem Racing-Truck
Truck-Racing-Luft schnupperte KRAFTHAND- Truck-Chefredakteur Klaus Kuss (rechts) im Boxenzelt von Lokalmatador Sascha Lenz. Der blieb im Gespräch über Bremsenperformance keine Antwort schuldig. Bild: Meyle

Auch die neuen, auf der Automechanika 2018 erstmals vorgestellten ‚Meyle-PD‘-Bremsbeläge sind ein Ergebnis aus dem Truck-Race-Engagement der Hamburger: Laut Kölln wurden sie auf Basis der bei diversen Truck-Rennen gesammelten Erfahrungen komplett neu entwickelt. Die spezielle, in mehrstufigen Prozessen getestete Reibbelag-Mischung liefert demnach eine deutlich verbesserte Bremsleistung ab, was wiederum kürzere Bremswege bedeutet. Und um sie nicht nur für die extremen Anforderungen von Race-Trucks, sondern auch für den ‚ganz normalen‘ Straßeneinsatz zu qualifizieren, stellt Meyle die ‚PD‘-Beläge gemäß der ECE-R90-Norm her.

Den Beitrag finden Sie auch in der Print-Ausgabe 1-2/20 der Krafthand-Truck.