Bei kraftstoffbedingten Motorproblemen gilt es mit strukturiertem Vorgehen herauszufinden, ob es an der Kraftstoffversorgung oder der Kraftstoffaufbereitung liegt. Es gilt die Prämisse ‚Vom Tank bis in den Brennraum‘. Bild: Scania
Antrieb (Motor/Getriebe)

Kraftstoffbedingte Motorenprobleme und Spurensuche

Spätestens seit Hochdruck-Einspritzsysteme bei modernen Nutzfahrzeug-Dieselmotoren zum Standard gehören, hat die Kraftstoffqualität einen besonderen Stellenwert bekommen. Bei kraftstoffbedingten Motorproblemen sollte der Nutzfahrzeug-Fachmann bei der Fehlersuche nicht nur strukturiert vorgehen, sondern auch cleveres Spezialequipment einsetzen, um die Fehlerursache schnellstmöglich aufzuspüren.

Common-Rail-(CR)-Hochdruck-Einspritzsysteme moderner Nutzfahrzeug-Diesel verlangen aufgrund der extrem hohen Einspritzdrücke und der engen Fertigungstoleranzen der empfindlichen Einspritzkomponenten einen besonders sauberen, reinen Kraftstoff. Er darf weder zu viele noch zu große Partikel enthalten, sollte zudem frei von schädlichem (Kondens-) Wasser, sein. Doch die Reinheit der Diesel-Kraftstoffe fällt international sehr unterschiedlich aus. Speziell im osteuropäischen Raum entsprechen oftmals weder die Sauberkeit noch die Zusammensetzung des Diesels den Mindestanforderungen der Nutzfahrzeughersteller.

Empfindliche Einspritzkomponenten

Vor allem bei Fernverkehrs-Lkw und -Reisebussen kommt es immer wieder zu Problemen am Motor und dem CR-Einspritzsystem, welche direkt mit der Qualität und Reinheit des Kraftstoffs zusammenhängen. Speziell die Hochdruckpumpe und die Einspritzdüsen der Injektoren sind häufig von Korrosionsschäden und frühzeitigem Verschleiß betroffen. Die Lkw-Fahrer(innen) beklagen Startschwierigkeiten, Leistungsverlust, erhöhten Kraftstoffverbrauch und diverse Mängel beim Ansprechverhalten des Motors.

Defekte an den Hochdruck-Einspritzkomponenten ziehen teure Reparaturen sowie schwer kalkulierbare Stand- und Ausfallzeiten nach sich. Speziell, wenn bereits Metallpartikel im Kraftstoffkreislauf zirkulieren und der Grund nicht laufzeitbedingter Verschleiß ist, sondern Korrosion aufgrund von Wasser im Kraftstoffsystem. Im Werkstattalltag ist es allerdings nicht immer ganz einfach, dem ‚Teufel im Tank‘ auf die Spur zu kommen.

SCR-Abgasreinigungssystem nach der versehentlichen Befüllung von AdBlue in den Kraftstofftank. Bild: Kuss

Problemfall Kraftstoff

Speziell ein hoher Schwefelgehalt kann Verbrennungsstörungen und Fahrverhaltensmängel verursachen, weil sich an den empfindlichen Einspritzkomponenten schädliche Ablagerungen bilden können, die den Verbrennungsablauf stören. Ein zu hoher Biodiesel-Anteil verursacht ähnliche Probleme. Hinzu kommen Falschbetankungen, beispielsweise bei Fahrzeugen mit SCR-Abgasnachbehandlungssystem, wenn die notwendige Harnstofflösung Adblue ‚versehentlich‘ in den Kraftstofftank gefüllt wird.

Das Beimischen von Benzin als ‚Fließverbesserer‘ bei extremen Minusgraden führt aufgrund der drastisch reduzierten Schmiereigenschaften rasch zu erhöhter Reibung und zur Spanbildung in der Hochdruckpumpe. Verteilen sich die feinen Metallpartikel anschließend im gesamten System, ist im Extremfall ein Komplettaustausch sämtlicher kraftstoffführender Komponenten sowie des Tanks angezeigt. Zudem sollte man die Kondenswasser-Konzentration im Tank nicht unterschätzen, da es trotz komplexer Wasserabscheidesysteme immer wieder zu Problemen kommen kann.

Um sich ein aussagefähiges Bild von der Qualität der aktuellen Tankfüllung zu verschaffen, hat der schwäbische Testgerätespezialist Leitenberger ein spezielles Kraftstoff-Identifikations-Kit im Sortiment. Damit lässt sich die Kraftstoffzusammensetzung schnell und genau bestimmen – was besonders bei ‚diffusen‘ Beanstandungen beziehungsweise Fehlerbildern hilfreich ist. Auch undefinierbare Kraftstoffgemische können sich negativ auf das Leistungs- und Abgasverhalten eines Dieselmotors auswirken und zwar ohne dass die On-Board-Diagnose (OBD) einen Fehler signalisiert.

Mann-Filter Kraftstofffilter
Common-Rail-Hochdruck-Einspritzsysteme reagieren extrem empfindlich auf Wasser im Diesel. Mehrstufige Kraftstofffiltersysteme wie etwa das dreistufige System von Mann-Filter bieten einen über die Lebensdauer hinweg höheren Wasserabscheidegrad als konventionelle Dieselfilter. Bild: Mann+Hummel

Die Handhabung des Testsets ist einfach. Der Anwender zieht Diesel direkt aus dem Tank oder ‚zapft‘ es am Eingang des Kraftstofffilters ab. Mit dem Spezial-Aräometer aus dem Kit lässt sich über die spezifische Dichte der Flüssigkeitsprobe die Zusammensetzung des Kraftstoffes bestimmen. Der ebenfalls zum Kit gehörende ‚Benzindetektor‘ erkennt Verunreinigungen durch Otto-Kraftstoff ab einem Anteil von etwa 0,2 Prozent. Zum Testen hält man die Messsonde auf den Tankeinfüllstutzen. Da eine derartige Kraftstoffanalyse schnell erledigt ist, empfiehlt sie Leitenberger als ‚Basis-Tests‘.

Vom Tank bis in den Brennraum

Anschließend sollte der Werkstattfachmann – speziell bei diffusen Fehlerbildern – den Weg des Kraftstoffs vom Tank bis in den Brennraum verfolgen, so die Spezialisten von Leitenberger. Dabei gelte es, zwischen ‚Fehlern in der Kraftstoffversorgung‘ und ‚Fehlern in der Kraftstoffaufbereitung‘ zu differenzieren. Die Kraftstoffversorgung betrifft den Niederdruckkreis vom Tank über die Förderpumpe bis hin zum Eingang der Hochdruckpumpe. Am Hochdruckausgang der Hochdruckpumpe beginnt der Bereich der Kraftstoffaufbereitung, der von dort über das Rail bis zur Düse des Injektors führt und damit quasi im Brennraum endet.

Niederdruckseite

Nach dem Tank ist der Kraftstofffilter die nächste Station. Dort sollte der Nutzfahrzeug-Fachmann sämtliche Anschlüsse prüfen. Es darf weder Kraftstoff austreten noch Luft angesaugt werden. Anschließend prüft man den Vorförderdruck mit einem Niederdruck-Manometer, welches zwischen Vorförderpumpe und Kraftstofffilter angeschlossen, den von Fahrzeughersteller geforderten Mindestdruck anzeigen sollte. Auch hierfür hat Leitenberger ein passendes Tool. Pfiffig daran ist der durchsichtige Plexiglaskörper, sodass der Anwender den Kraftstofffluss genau beobachten und Luftblasen beziehungsweise stark verunreinigten Kraftstoff erkennen kann.

Hochdruckseite

Anschließend steht die Hochdruckseite auf der Agenda. Der Raildruck lässt sich entweder mit dem Werkstatt-Diagnosegerät mit der Funktion ‚Istwert-Auslese‘ oder einem digitalen Testtool anhand der Raildrucksensor-Werte prüfen oder mit einem geeigneten Analog- oder Digitalmanometer statisch und dynamisch ermitteln. Wichtig dabei ist, dass der Raildruck bei abgestelltem Motor nicht unter den Hersteller-Sollwert fällt. Zudem sollte der Nfz-Profi den Druckaufbau beim Startvorgang beobachten, da es bei bestimmten Motoren Probleme mit dem O-Ring des Raildruckventils gibt, was zu schlechtem Anspringen bis hin zum Absterben beziehungsweise Liegenbleiben führen kann. Leerlaufschwierigkeiten indes lassen sich mit einer dynamischen Druckprüfung im unteren Druckbereich aufspüren.

Kraftstoffinjektoren prüfen mit Injektor-Prüfstand
Mit dem Injektor-Prüfstand kann der Nutzfahrzeug-Profi die wichtigsten Funktionen wie zum Beispiel das Spritzbild, die Dichtigkeit (etc.) von ausgebauten CR-Injektoren prüfen und Defekte wie einen Druckabfall oder Tropfenbildung aufspüren. Bild: Leitenberger

Injektor-Check

Der nächste Schritt ist der Injektor-Check, da diese sowohl mechanische, hydraulische als auch elektrische Probleme haben können. Ein wichtiges Kriterium, um den aktuellen Zustand beurteilen zu können, sind die Injektor-Rücklaufmengen: Sie sollten annähernd gleich sein. Injektoren mit verschlissenen ‚Innereien‘ outen sich durch eine deutlich höhere Rücklaufmenge. Als Test empfiehlt Leitenberger eine Prüfung der eingebauten Injektoren mit dem Rücklaufmengenmessgerät, welches mit passenden Adaptern zwischen Injektor und Rücklaufleitung zum Tank platziert wird.

Die Einspritzmenge indes lässt sich bei ausgebauten Injektoren ermitteln, indem man in skalierte Prüfröhrchen eine Menge Diesel abgeben lässt. Für diese Funktionsprüfung während des Startvorgangs sind die Injektoren elektrisch mit dem Steuergerät und hydraulisch mit dem Rail verbunden. Druckabfall, Spritzbild, Dichtigkeit und Tropfenbildung lassen sich nur im ausgebauten Zustand und einer entsprechenden Prüfvorrichtung mit externer Injektoransteuerung beurteilen.

Mit den Tests lässt sich den Fachleuten zufolge feststellen, ob die Injektoren prinzipiell hydraulisch in Ordnung sind oder ob die Ursache für die Startschwierigkeiten oder das unrunde Laufverhalten in der Ansteuerung der Injektoren zu suchen oder Folge die eines Defekts in der Motormechanik ist.

Den Beitrag finden Sie auch in der Print-Ausgabe 1/2022 der Krafthand-Truck.