Gesamtsystem Brennstoffzelle mit Zu- und Abluftmanagement-System (Kathoden-Luftpfad) Bilder: MANN+HUMMEL
Im Gespräch mit Markus Hanselmann, MANN+HUMMEL

Zu- und Abluft-Management: Filtrationslösungen für Brennstoffzellen

Zahlreiche Lkw-Hersteller setzen neben rein batterieelektrischen Antrieben auf Fahrzeuge mit Brennstoffzelle. Einige Trucks befinden sich im Testbetrieb, andere sind verfügbar und werden an Kunden ausgeliefert. Die Brennstoffzellen-Technologie gilt als zukunftsträchtige Antriebsart, um den Straßengüterverkehr klimaneutral zu gestalten. Die Reichweiten der Lkw sind hoch, die Betankung mit (grünem) Wasserstoff geht rasch von der Hand. Brennstoffzellen wandeln mithilfe einer elektrochemischen Reaktion Wasserstoff (H2) und Sauerstoff (O2) in elektrische Energie um. Um dauerhaft den Wirkungsgrad (der je nach Bauart und Betriebszustand bei bis 60 Prozent liegt) und die Dauerhaltbarkeit einer Brennstoffzelle zu gewährleisten, muss die angesaugte Luft eine sehr hohe Reinheit aufweisen. Auch dem Abluftsystem kommt eine zentrale Rolle zu.

Wir haben mit Markus Hanselmann, Global Product Manager New Products und E-Mobility beim Filtrationsspezialisten MANN+HUMMEL über die Komplexität des Luftmanagements bei Brennstoffzellen und die besonderen technischen Herausforderungen gesprochen.

Markus hanselmann
„Die Alltagstauglichkeit der Brennstoffzelle hängt vom richtigen Luftmanagement ab“, so Markus Hanselmann

Sehr geehrter Herr Hanselmann, in einer Brennstoffzelle werden Wasserstoff und Sauerstoff zusammengeführt. Es entsteht neben Wasser und Reaktionswärme, elektrischer Strom. Klingt einfach, ist es aber nicht?

Tatsächlich nicht. Die chemische Reaktion ist das eine, der zuverlässige Betrieb der Brennstoffzelle im Alltag und in der Anwendung – auch unter suboptimalen Bedingungen – das andere. Eine große Rolle spielen die Luftreinheit, die klimatischen Bedingungen sowie das Einsatzgebiet. Die Alltagstauglichkeit der Brennstoffzelle hängt vom richtigen Luftmanagement und dem damit verbundenen Feuchtigkeits- und Wassermanagement ab.

Die angesaugte Luft muss rein sein. Zentrale Komponenten einer Brennstoffzelle reagieren äußerst empfindlich auf Partikel, Schadgase oder Wasser in der Ansaugluft. Wo liegen die technischen Herausforderungen?

Schadgase in der Luft, wie Schwefeldioxid (SO2), Ammoniak (NH3) oder Stickoxide (NOx), wirken sich bereits bei geringen Konzentrationen negativ aus, indem sie den Platinkatalysator in der Brennstoffzelle „vergiften“. Je nach Konzentration und Dauer der Belastung können irreversible Schäden auftreten. Die Aufgabe von Spezialisten wie MANN+HUMMEL ist es daher, die Reinheit der Luft durch Filtration und Adsorption auf ein für die Brennstoffzelle erforderliches Niveau zu bringen.

 

Wie lässt sich demnach sicherstellen, dass die angesaugte Umgebungsluft frei von Fremdstoffen ist? Ein Luftfilter, wie wir ihn vom Verbrennungsmotor kennen, dürfte nicht ausreichen?

Das ist richtig. Ein Luftfilter schützt wirksam vor Partikeln, was für die Brennstoffzelle auch wichtig ist. Um jedoch schädliche Gase aus der Luft zu adsorbieren, wird der Filter zusätzlich mit Aktivkohlelagen oder weiteren Adsorbermedien ausgestattet. Diese Adsorber „binden“ die Schadgase und sorgen so für den Schutz der Brennstoffzelle. Das ist eine wesentliche Voraussetzung, um die geforderten Betriebsstunden und die erwartete Systemkostensenkung für unsere Kunden zu erreichen.

Abluftsystem einer Brennstoffzelle. 1: Abluft vom Stack (vor dem Kompressor), 2: Abluft zur Umwelt (nach dem Kompressor), 3: Resonator, 4: Wasserabscheider für E-Kompressor, 5: Saubere Luft zum Ladeluftkühler und Luftbefeuchter (Hochdruck), 6: Abgasrückführungssystem (Bypass) mit Klappe, 7: Saubere Luft aus dem Luftfilter (Unterdruck).

Das Thema Feuchtigkeit spielt bei der Brennstoffzelle eine zentrale Rolle. Die angesaugte Luft darf nicht zu trocken sein. Wie bekommen sie das in den Griff?

Trockene Luft lässt die Membran im Brennstoffzellen-Stack austrocknen. Das ist weder gut für die mechanische Festigkeit der Membran noch für den Protonentransport, also für die Leistung der Brennstoffzelle. Über einen sogenannten Befeuchter kann das Reaktionsprodukt Wasser von der Abluft, der feuchten Seite, auf die Zuluft, die trockene Seite der Brennstoffzelle, übertragen werden. Damit bleibt die Leistungsfähigkeit der Brennstoffzelle erhalten.

Welche Funktionen sind im Abluftsystem noch notwendig und integriert?

Die Feuchtigkeit in der Zuluft ist, wie bereits erläutert, wichtig. Wenn die Feuchte jedoch zu Wassertröpfchen kondensiert, können diese die feinen Strukturen der Gasdiffusionsschicht oder der mikroporösen Lage blockieren. Ebenso sind Tröpfchen, die auf der Turbinenseite des elektrischen Kompressors auftreffen Gift für dessen Dauerhaltbarkeit. Deshalb sind Wasserabscheider für die Trennung von flüssigen Wasserbestandteilen unverzichtbar.

Trotz Wegfall der mechanischen Komponenten und des Verbrennungsvorgangs ist die Akustik bei der Brennstoffzelle ebenfalls ein Thema. Wo können störende Geräusche entstehen?

Störende Geräusche kommen in erster Linie vom elektrischen Kompressor oder treten als Strömungsgeräusche in den Leitungen auf. Deshalb werden, vergleichbar mit dem Verbrennungsmotor, Resonatoren eingesetzt, um unerwünschte Geräusche des sonst sehr leisen Antriebs zu dämpfen.

Ein Breitbanddämpfer verbessert die Akustik des Ansaugsystems.

Welche Service- und Wartungsarbeiten ergeben sich bei der Vielzahl der Systeme einer Brennstoffzelle am Ende in der Nfz-Werkstatt?

Um einen hohen Schutz der Brennstoffzelle zu gewährleisten, muss der Kathodenluftfilter nach Erreichen des Wartungsintervalls regelmäßig gewechselt werden. Im Kühlkreislauf befinden sich noch weitere Serviceteile, zum Beispiel der Ionentauscherfilter und der Kühlmittelpartikelfilter.

Den Beitrag finden Sie auch in der Print-Ausgabe 2-2023 der Krafthand-Truck.