DAF LF Electric
Der DAF LF Electric hat ein Gesamtgewicht von 19 Tonnen und eine Nutzlast von 11.700 kg. Die Reichweite beträgt laut DAF bis zu 280 Kilometer. Bilder: DAF
E-Antrieb (BEV/FCEV)

Verteiler mit Potenzial: Der DAF LF Electric

DAF gehört zur amerikanischen PACCAR-Gruppe und zählt zu den führenden Lkw-Herstellern in Europa. 2021 produzierte man rund 60.000 Lkw, Deutschland ist dabei der größte Markt. Das Portfolio reicht von schweren Lkw (Baureihen XF, XG, XG+) über mittelschwere (CF) bis hin zu leichten Lkw (LF). Was alternative Antriebe angeht, so setzen die Niederländer auf eine ganzheitliche Strategie.

Im Testbetrieb befindet sich der DAF CF Hybrid mit PACCAR-Dieselmotor. Die E-Maschine und das TraXon-Getriebe liefert ZF. Zusätzlich entwickelt DAF einen Wasserstoff-Verbrennungsmotor, die Konzernmutter PACCAR setzt mit dem Kenworth ZECT auf einem Lkw mit Brennstoffzelle. Bereits auf der Straße und bestellbar sind die beiden batterieelektrischen Lkw, der CF Electric sowie sein kleiner Bruder, der leichtere Verteiler-Lkw LF Electric. Wir haben uns bei DAF zu aktuellen Marktentwicklungen erkundigt und uns die batterieelektrische Version des LF genauer angesehen.

Tim Plasberg
„Wir betreiben gezielt Aufklärungsarbeit und beraten jeden potenziellen Kunden individuell auf seine Bedürfnisse hin“, so Tim Plasberg.

Der Markt

Grundsätzlich hat DAF, wie auch andere OEM, ein originäres Interesse daran die CO2-Bilanz über die gesamte Flotte zu verbessern, nicht zuletzt aufgrund der Rahmenbedingungen, die die EU vorschreibt. Da liegt der Einstieg in die batterieelektrische Mobilität nahe. Auf der anderen Seite hat sich nach anfänglicher Skepsis auch die Nachfragesituation auf Kundenseite gewandelt. „Zum einen fragen Auftraggeber von Transportdienstleistungen nach CO2-freien Beförderungsmöglichkeiten, zum anderen steigt das Interesse auf Seiten der Spediteure“, erzählt Tim Plasberg, Key Account- und E-Mobility-Manager bei DAF Deutschland. Es ginge darum Kunden zu binden und neue Kunden zu generieren. Hinzu komme laut Plasberg der Wissensvorsprung, beschäftige man sich gezielt mit dem Thema E-Lkw. Zu viele Unwahrheiten wären noch im Umlauf. So ginge es beispielsweise um die Bewertung der Angabe von Kilowatt pro Kilometer, letztendlich um den konkreten Einsatzzweck der Fahrzeuge, im Ergebnis um die Kosten. „Wir betreiben gezielt Aufklärungsarbeit und beraten jeden potenziellen Kunden individuell auf seine Bedürfnisse hin. E-Lkw machen in vielen Fällen Sinn und zahlen sich heute schon aus“, so Plasberg. Viele Spediteure würden erkennen, dass sie sich durch dieses erworbene Fachwissen einen Wettbewerbsvorteil verschaffen.

Ein optimales Einsatzgebiet des DAF LF Electric ist beispielsweise der Garten- und Landschaftsbau, inklusive Mobilkran. „Aktuell läuft noch den ganzen Tag der Dieselmotor um den Kran in Betrieb zu halten“, so Plasberg. Es reiche aus, wenn man das Fahrzeug abends wieder in die Garage stellt. Schnellladen sei in solchen Fällen nicht unbedingt nötig. Ebenfalls ideal ist laut Plasberg der LF Electric für die lokale Distribution, das gilt auch für temperaturgeführte Transporte in der Frischelogistik. Speziell in Wohngebieten oder in Industrieparks können die Fahrzeuge Over-Night liefern, da sie zugleich flüsterleise sind.

Bund fördert Mehrkosten mit 80 Prozent

Der Bund bezuschusst 80 Prozent der Mehrkosten eines Elektro-Lkw gegenüber dem Preis eines herkömmlichen Diesels. Grundlage ist eine neue Förderrichtlinie, die Teil des Gesamtkonzepts klimafreundliche Nutzfahrzeuge ist. Beispielsweise kommt eine CF Electric Sattelzugmaschine auf rund 350.000 Euro Anschaffungskosten, je nach Ausstattung. Kostentreiber sind die komplexen Elektronik-Komponenten und die Batteriepacks, letztere sind laut Plasberg konsequent auf Langlebigkeit und eine hohe Kilometerzahl (bis zu 1,6 Millionen) ausgelegt. Die Mehrkosten gegenüber einer vergleichbaren Sattelzugmaschine belaufen sich auf rund 250.000 Euro. Damit ergibt sich bei einer Förderquote von 80 Prozent der Mehrkosten gegenüber einem Dieselfahrzeug eine satte Fördersumme von 200.000 Euro. Die Ladeinfrastruktur wird ebenfalls mit 80 Prozent gefördert.

„Über die Subvention sehen wir eine richtige Dynamik im Markt“, erklärt Plasberg.

Die Technik des LF Electric

Der Grundaufbau des LF Electric basiert auf dem LF mit Dieselmotor, jedoch hat DAF den Leiterrahmen erheblich verstärkt, um die Batteriepacks aufzunehmen und der Verschränkung im Fahrbetrieb entgegenzuwirken. Der Radstand reicht je nach Kundenwunsch von 5,30 m bis zu maximal 6,60 m. „Wir benötigen einen gewissen Platz, um die 282 KWh (254 KWh Nettokapazität) in Form der Batteriepacks unterzubringen. Unter der Fahrerkabine, die nicht verändert wurde, befinden sich die Kühlung, sämtliche Nebenaggregate, das Energie-Managementsystem und letztendlich der elektrifizierte Antriebsstrang“, erklärt Plasberg.

Antriebsstrang und Batteriepacks des DAF LF Electric
Antriebsstrang + Komponenten: Der Leiterrahmen des DAF LF Electric ist sehr steif ausgeführt, um die schweren Batteriepacks sicher aufzunehmen zu können.

 

Über die Kardanwelle kann DAF also mit unterschiedlichen Radständen arbeiten, die Hinterachse ist eine Standardachse, mit relativ hoher Übersetzung, da kein Getriebe zum Einsatz kommt. DANA liefert den Antriebsstrang, die Hinterachse stellt DAF im niederländischen Westerloo her. Die Leistung des Fahrzeugs gibt DAF mit 250 kW (nominal) und 370 kW (Spitze), bei einem Drehmoment von 1.970 Nm (nominal) / 3.500 Nm (Spitze) an.

Zusätzlich verfügt der LF Electric über ein getrenntes 24-V-Bordnetzsystem mit eigener Batterie, um beispielsweise die Heizung, die Innenraumbeleuchtung oder das Fahrzeuglicht zu betreiben. Im Übrigen: Der LF Electric hat einen eigenen Onboard-Charger. Man benötigt nicht zwingend eine Schnelllademöglichkeit und kann den LF Electric auch über eine 22-kW-Ladestation und eine handelsübliche Dose mit ‚Saft‘ versorgen.

Batterie-Packs

DAF setzt bei den Batteriepacks auf Eisen-Phosphatbatterien und damit auf Lithium-Technologie. Das verhindert laut Plasberg den sogenannten Durchzündungsprozess (Thermal-Runaway). Andere seltene Erden außer Lithium kommen nicht zum Einsatz. „Der LF Electric lässt sich mit bis zu 150 kW laden. Zu unserem Kundenservice gehört aber auch die individuelle Beratung hinsichtlich der benötigten Ladeinfrastruktur, bis hin zu PACCAR-Ladestationen“, so Plasberg. Um die Leistungsperformance der Batterien über den Lebenszyklus zu gewährleisten hält das Thermomanagementsystem des LF Electric die Batterien in einem konstanten Temperaturfenster von 25°C.

Reifen DAF LF Electric
Die Reifen des LF Electric sind handelsüblich, jedoch rollwiderstandsoptimiert.

Reifen, Bremsen, Assistenzsysteme

Der LF Electric steht auf handelsüblichen Reifen, jedoch achtet DAF bei der Auswahl auf den Rollwiderstand. Dabei spielt das sogenannte VECTO-Simulations-Tool eine Rolle. Bei der Bremsanlage handelt es sich um eine EBS-gesteuerte Druckluftbremse, unterstützt durch die Rekuperation. Der LF Electric rekuperiert beim Bremsen nicht sofort, sondern erst durch betätigen des Bremspedals unter Einsatz der e-Motorbremse (Segelbetrieb). Ausschlaggebend sind der Bremspedalweg, beziehungsweise die Fahrzeuggeschwindigkeit. Bei stärkerem Bremsen tritt die Betriebsbremse ein. Eine intelligente Steuerung sorgt für optimale Brems- und Rekuperier-Performance.

Der LF Electric verfügt über einen Tempomaten, einen Notbrems- sowie Spurhalteassistent und einen Fahrerairbag. Ein Abbiegeassistent kann optional bestellt werden. Generell sehr große Fenster, ein tiefgezogenes ‚Bordsteinfenster‘ rechts sowie die niedrige Sitzposition sollen für gute Sicht sorgen.

 

Hintergrund: Das VECTO-Tool

Das VECTO-Tool (Vehicle-Energy-Consumption-Calculation-Tool) ist ein Simulationstool der EU, um Kraftstoffeffizienz der Neufahrzeuge zu ermitteln. CO2-Emissionen werden durch den VECTO-Wert messbar beziehungsweise vergleichbar gemacht, um das Ziel der CO2-Reduzierung sicherzustellen.

 

 

Cockpit DAF LF Electric
Das Cockpit des LF Electric. Rechts ist das ‚Bordsteinfenster‘ zu sehen.

Service und Reparatur

Der LF- sowie der CF Electric von DAF werden inklusive Full-Service-Reparatur- und Wartungsvertrag inklusive Garantie auf die Batterie ausgeliefert. Zuständig sind generell die DAF-Partner vor Ort. „Unsere Kunden können einen DAF-Handels- und/oder Servicepartner anfahren. Dabei bieten wir flächendeckend Hochvoltschulungen an. In 1-2 Jahren haben wir alle DAF-Partner durchgeschult. Natürlich binden wir auf Wunsch auch Speditionen mit Werkstatt und freie Lkw-Servicebetriebe ein“, ergänzt Plasberg. Der Sicherheitsgedanke stehe bei DAF jedoch im Vordergrund, schließlich arbeite man an Fahrzeugen mit einem 600-V-Bordnetz.

Die Ersatzteile liefert PACCAR Parts. Die Ladesäulen und die Infrastruktur stellt ebenfalls der Teilevertrieb bereit. Sinn macht im Werkstattalltag das mobile Ladegerät. Man kann an verschiedenen Arbeitsplätzen mit Starkstrom (16, 32, 64 A) laden, da das Gerät transportabel ist.

Gemeinsam am Start

Um den LF Electric zu verstehen und die Technik optimal nützen zu können, kommen nicht nur Fahrerinnen und Fahrer in den Genuss von Schulungen, sondern auch Disponenten und Fuhrparkleiter. „Schließlich gibt es bei E-Trucks einiges zu beachten und der Disponent muss wissen, ob noch eine Tour machbar ist. Über das hauseigene Telematik-System DAF-Connect lassen sich relevante Parameter wie der Ladezustand (‚State of Charge‘) in Echtzeit kontrollieren“, so Plasberg.

Der LF wird seit dem ersten Quartal 2021 produziert und ist seitdem bestellbar. Die Lieferzeiten halten sich laut DAF mit rund einem halben Jahr derzeit im Rahmen. „Wir haben noch einiges an Überzeugungsarbeit vor uns, doch wir merken der Markt gewinnt deutlich an Dynamik“, ergänzt Plasberg abschließend. Der Verteiler-Lkw LF Electric hat also noch viel Potenzial.

Den Beitrag finden Sie auch in der Print-Ausgabe 1/2022 der Krafthand-Truck.