Leichtlauföl für einen Automotor
Moderne Leichtlauföle helfen beim Kraftstoffsparen. Bei einem gemischten Fuhrpark kann sich ein Umölen durchaus lohnen. Voraussetzung ist, dass alle die Motoren die niedrige Viskosität ‚vertragen‘. Bild: Kuss
Schmieren und sparen

Interview mit Liqui Moly über Leichtlauföle und Kraftstoffadditive

Leichtlauföle und bestimmte Kraftstoffadditive sollen den Verbrauch senken und so die TCO-Bilanz positiv beeinflussen. Ob das tatsächlich so ist und welches Potenzial dahintersteckt, wollte KRAFTHAND-Truck von den Experten des Schmierstoff- und Additivspezialisten Liqui Moly wissen.

Was der Leichtbau für die Mechanik, ist Leichtlauföl für den Motor. Ziel ist es hier wie dort, Kraftstoff zu sparen und die Effizienz des Nutzfahrzeugs zu erhöhen. Darum muss Motoröl heutzutage weit mehr können als nur schmieren und kühlen: Es soll vor allem dabei helfen, die Reibungsverluste im Motor zu minimieren, was dessen Effizienz erhöht und gleichzeitig den Verbrauch senkt. Nicht zuletzt deshalb hat sich Motorenöl zu einem wichtigen Konstruktionselement entwickelt.

Lassen sich die Verbrauchsvorteile durch Umölen auf ein Leichtlauföl etwa auch auf ‚herkömmliche‘ Motorenkonzepte übertragen? Und welche Vorteile bringen Kraftstoffadditive tatsächlich? Diese und andere Fragen hat den Öl- und Additivexperten von Liqui Moly entsprechende Fragen gestellt. Geantwortet haben Oliver Kuhn, stellvertretender Leiter Forschung und Entwicklung Schmierstoffe, und David Kaiser, Leiter F&E und Anwendungstechnik.

Additive für Motorenöle
Additive spielen bei modernen Motorölen eine wichtige Rolle. Je nach Ölsorte können sie bis zu 30 Prozent des Volumens ausmachen. Bild: Liqui Moly

Herr Kuhn, warum sparen Leichtlauföle Kraftstoff? Liegt es an der Viskosität, an der Formulierung oder an speziellen Additiven?

Oliver Kuhn: Sowohl als auch. Bereits vor Jahren hat man begonnen, die Viskositäten von Motorölen zu senken, um Kraftstoff zu sparen. Zuerst wurde die Kälteviskosität, also die Zahl vor dem ‚W-‘, gesenkt, um dem Motor beim Kaltstart weniger Widerstand durch zu dickes Öl entgegenzustellen. In den letzten 10 bis 15 Jahren wurde zusätzlich auch noch die Heißviskosität, also die Zahl nach dem ‚W-‘, gesenkt, weil man auch damit Kraftstoff sparen kann. Doch die Viskosität muss sehr genau auf den jeweiligen Motor abgestimmt werden, denn durch die Absenkung der Viskosität besteht die Gefahr, dass sich der mechanische Verschleiß erhöht. Und genau hier kommen moderne Additivpakete ins Spiel: sie werden immer wichtiger, um den Spagat zwischen immer niedrigeren Viskositäten und gleichzeitig hohem Verschleißschutz zu bewältigen.

Ist nach einer Umölung ein Minderverbrauch tatsächlich messbar?

Dies lässt sich nicht pauschal beantworten, denn die genaue Kraftstoffersparnis hängt von vielen Faktoren ab. So können beispielsweise unterschiedliche Fahrer auf dem gleichen Fahrzeug zu unterschiedlichen Verbräuchen kommen. Nicht destotrotz reduzieren moderne Leichtlauföle den Kraftstoffverbrauch, ins besondere wenn man damit klassische hochviskose Motoröle der SAE- Klasse 15W-40 oder 10W-40 ersetzt. Bei Fahrzeugen, die konstant auf längeren Strecken fahren, wird sich die Kraftstoffersparnis eher zeigen als bei Kurz streckenbetrieb oder im Verteilerverkehr.

Leichtlauföle sind ja bekanntlich teurer als ‚normale‘ Öle. Wie ist das Verhältnis Kraftstoffeinsparung/Öl-Mehrkosten zu sehen? Lohnt sich ein Umölen überhaupt?

Die Mehrkosten sollten nicht nur rein am Kraftstoffverbrauch eines Fahrzeugs festgemacht werden, vielmehr sollte man die gesamte Flotte betrachten: möglicherweise lassen sich durch moderne Öle ja die Wechselintervalle verlängern. Zudem sollte man den Werterhalt der Fahrzeuge beachten, da sich moderne Schmierstoffe auch auf weitere Komponenten positiv auswirken können, etwa auf das Abgasnachbehandlungssystem.

Herr Kaiser, lässt sich die Effizienz eines modernen Nutzfahrzeugmotors mit speziellen Additiven noch weiter verbessern?

David Kaiser: Grundsätzlich sind moderne Motoren ausgereifte, hocheffiziente Systeme, deren Komponenten fein aufeinander abgestimmt sind und die technische Höchstleistungen in punkto Zuverlässigkeit und Effizienz vollbringen.

Doch genau diese feine Abstimmung macht das System empfindlich auf Störungen aller Art: verschmutzte Injektoren, festsitzende oder schwergängige Kolbenringe, beladene Partikelfilter, Verschleiß an den Zylinderlaufbuchsen et cetera, können zu verbrauchserhöhenden Problemen führen, die die Effizienz des Motors beeinträchtigen und reduzieren. Moderne, hochwirksame Additive können diese störenden Mängel beseitigen und den ursprünglichen, sauberen und abgestimmten Zustand im System wieder herstellen. Additive erhöhen also nicht die Effizienz, sondern sie reduzieren den betriebsbedingten Effizienzverlust des Motors.

Wie hoch kann eine ‚additivbedingte‘ Kraftstoffersparnis ausfallen?

Hierzu lässt sich keine allgemeine Aussage treffen, denn es hängt stark von den individuellen Einsatz- und Betriebsbedingungen ab und wie schnell sich der Motor vom idealen, neu beziehungsweise frisch eingelaufenen Zustand wegbewegt. Allgemein gilt, dass ein Motor, der bei gleichmäßiger Drehzahl unter gleichmäßiger Last betrieben wird, am verschleißärmsten läuft und so dem optimalen Betriebszustand am nächsten kommt. Daher dauert es üblicherweise im Fernverkehr am längsten, bis sich störende Ablagerungen bilden. Mit steigender Betriebsdauer setzen sich jedoch auch hier Verbrennungsprodukte im Motor fest – und die Effizienz sinkt. Der Verbrauchsanstieg durch Ablagerungen liegt typischerweise in einem Bereich von zwei bis vier Prozent, manchmal auch noch etwas höher. Mit geeigneten Additiven liegt der Effizienzverlust normalerweise nur in einem Bereich von ein bis zwei Prozent, sodass sich durch den Einsatz von Additiven in Summe eine Kraftstoffersparnis von zwei bis drei Prozent ergibt.

Haben Additive noch anderweitige Vorteile? Wie regelmäßig und in welchen Intervallen soll man sie beigeben?

Additive bieten über den direkt messbaren, niedrigeren Kraftstoffverbrauch hinaus noch eine Reihe weiterer Vorteile: Das Risiko von Schäden an Einspritz pumpen oder Injektoren sinkt wegen der Reinigungswirkung deutlich.

Betriebs bedingte und verschleißfördernde Ablagerungen im Motor lassen sich durch eine Motorspülung entfernen, wodurch sich die Kompression verbessern kann. Die besten Ergebnisse erreicht man natürlich, wenn man Additive kontinuierlich verwendet, etwa beim Tanken oder bei jedem Motorölwechsel. Da dies in der Praxis jedoch nicht immer möglich ist, bieten wir mit unserer ‚Pro-Line‘-Serie Spezialprodukte für Profis mit sehr hoher Reinigungsleistung an, etwa um beim Service die Injektoren zu reinigen. Und gerade, wenn bereits Probleme am Motor auftreten, können Additive in vielen Fällen Abhilfe schaffen und teure Reparaturen vermeiden. Im Idealfall erarbeitet der Fuhrparkmanager oder Werkstattleiter mit einem unserer technischen Experten anhand der jeweiligen Anforderungen einen individuellen Anwendungsplan.

Herr Kuhn, Herr Kaiser, vielen Dank für die interessanten Informationen.

Die Fragen stellte KRAFTHAND- Truck-Chefredakteur Klaus Kuss

Den Beitrag finden Sie auch in der Print-Ausgabe 1/20 der Krafthand-Truck.