

„Eine zentrale Aufgabe ist die Gewinnung und Sicherung von Fachkräften.“
Zum ersten April letzten Jahres hatte Peter Bredol (41) die Geschäftsführung der ZDK-Abteilung ‚Werkstätten und Technik‘ übernommen. Seit dem 1. Januar 2025 leitet er den neu geschaffenen Geschäftsbereich ‚Technik und Berufsbildung‘. Bredol hat eine Ausbildung zum Kfz-Meister absolviert und ist studierter Wirtschaftsingenieur. Nach verschiedenen Stationen im Bereich Service und Industrie, unter anderem als Leiter des Technical-Assistance-Centers eines Automobilimporteurs, war er zuletzt Fachbereichsleiter ‚Technik und Umwelt‘ beim ADAC Nordrhein. Dort hat er unter anderem zwei stationäre Prüfzentren in Köln und Oberhausen sowie die mobilen Prüfstationen am Niederrhein und im Ruhrgebiet gesteuert. Wir haben uns mit Peter Bredol über die Herausforderungen und die Rahmenbedingungen der Nfz-Service-Branche unterhalten.

Herr Bredol, Sie leiten den neu geschaffenen Geschäftsbereich ‚Technik und Berufsbildung‘ des ZDK. Welche Themen stehen aktuell auf Ihrer Agenda?
In meinem neuen Verantwortungsbereich stehen zwei zentrale Themen im Fokus: die technologische Weiterentwicklung im Kfz-Gewerbe und die Nachwuchsförderung im Bereich der Berufsbildung. Dabei ist ein wichtiger Schwerpunkt die Integration neuer Technologien in die Fahrzeugtechnik. Die zunehmende Verbreitung von Elektrofahrzeugen, vernetzten Systemen und digitalen Diagnoseverfahren erfordern eine kontinuierliche Anpassung der technischen Fahrzeugüberwachung sowie praxisnahe Schulungskonzepte für Werkstätten und Prüfstellen.
Gleichzeitig ist die Fachkräftesicherung ein zentrales Anliegen. Die Ausbildung im Kfz-Bereich muss mit den technologischen Entwicklungen Schritt halten, um junge Menschen optimal auf die Anforderungen der modernen Fahrzeugtechnik vorzubereiten. Dazu gehören gezielte Qualifizierungsmaßnahmen, etwa in den Bereichen Hochvolttechnik und Fahrassistenzsysteme sowie eine stärkere Sichtbarkeit der Branche als attraktiver Arbeitgeber.
Wir setzen uns für eine enge Verzahnung zwischen technischen Innovationen und betrieblicher Praxis ein.
Welche Aspekte gelten dabei speziell für Nutzfahrzeug-Werkstätten?
Nutzfahrzeug-Werkstätten stehen vor besonderen Herausforderungen, die sie von klassischen Pkw-Werkstätten unterscheiden. Dazu gehören vor allem die Größe und Komplexität der Fahrzeuge, die speziellen Anforderungen an Diagnose- und Reparaturprozesse sowie die zunehmende Integration moderner Technologien, wie Hochvolt- und digitale Assistenzsysteme.
Ein zentraler Aspekt ist die hohe Verfügbarkeit der Fahrzeuge, da sie oft im gewerblichen Einsatz sind und Standzeiten minimiert werden müssen. Dies erfordert eine effiziente Terminplanung, schnelle Ersatzteilverfügbarkeit und hochqualifiziertes Personal, das auf die spezifischen Anforderungen von Nutzfahrzeugen geschult ist.
Zudem gewinnt die Digitalisierung auch in diesem Bereich zunehmend an Bedeutung. Telematik-Systeme, Remote-Diagnosen und vorausschauende Wartung (Predictive-Maintenance) verändern die Abläufe in der Nfz-Werkstatt und erfordern eine kontinuierliche Weiterbildung der Mitarbeitenden.
Nfz-Werkstätten müssen stets auf dem neuesten Stand der Vorschriften und Prüfmethoden sein, um eine zuverlässige und sichere Instandhaltung zu gewährleisten.
Der Zugang zu sicherheitsrelevanten Reparatur- und Wartungsinformationen (RMI) ist der Schlüssel zu einem erfolgreichen Nutzfahrzeug-Service. Wie hat sich die Nachfrage nach den elektronischen SERMI-Zertifikaten (die seit April 2024 Pflicht sind), entwickelt?
Seit der Einführung des SERMI-Schemas in Deutschland wurden nach meinem Kenntnisstand bereits fast 4.000 Anträge von SERMA bearbeitet. Dies unterstreicht das große Interesse der Branche an einem standardisierten und sicheren Zugang zu sicherheitsrelevanten Reparatur- und Wartungsinformationen. Obwohl die Umsetzung durch die Fahrzeughersteller noch nicht vollständig einheitlich ist, zeigt sich, dass die technische Grundlage des Systems funktioniert. Dies ist ein wichtiger Schritt für eine effiziente und transparente Fahrzeugwartung. In Zukunft könnte eine Erweiterung des SERMI-Systems auf weitere Anwendungsbereiche, wie beispielsweise Security Gateways, das Potenzial dieser Lösung weiter erhöhen und den Zugang zu sicherheitsrelevanten Fahrzeugdaten noch effizienter gestalten.
Sind die Zugänge zu den Nfz-Herstellerportalen durchgängig gewährleistet?
Grundsätzlich ist der Zugang zu den Nfz-Herstellerportalen möglich. Bislang wurden keine größeren Probleme im Zusammenhang mit SERMI gemeldet. Allerdings zeigt sich derzeit eine uneinheitliche Umsetzung der Vorgaben durch die Hersteller. Hier besteht noch Verbesserungspotenzial, insbesondere durch eine stärkere Standardisierung sowie klarere regulatorische Vorgaben seitens der Politik.

Die Novellierung der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) ist Gegenstand der aktuellen Diskussionen. Ist die StVZO, beispielsweise in Hinblick auf E-Lkw, auf Fahrerassistenz-Systeme oder die Digitalisierung noch zeitgemäß ausgestaltet?
Der technologische Fortschritt entwickelt sich rasant, weshalb es notwendig ist, dass bestehende Prüfvorschriften kontinuierlich überprüft und an neue Anforderungen angepasst werden. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) arbeitet daher fortlaufend an der Weiterentwicklung der technischen Fahrzeugüberwachung. Ein besonderer Fokus liegt auf neuen Fahrzeugsystemen, um die Verkehrssicherheit weiter zu verbessern. Auch die Prüforganisationen leisten einen aktiven Beitrag, indem sie innovative Prüfmethoden entwickeln. Über die Fahrzeugsystemdaten GmbH (FSD) in Dresden werden beispielsweise neue Prüfverfahren für moderne Fahrzeugsysteme erarbeitet und durch Prüfingenieure in Feldversuchen getestet. Nur durch diese enge Verzahnung kann der technologische Wandel in die technische Fahrzeugüberwachung integriert werden.
Da der Fahrzeugbestand mit Elektroantrieben und modernen Assistenzsystemen in den kommenden Jahren stark wachsen wird, sehen wir über die Novellierung der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) hinaus weiteren Handlungsbedarf. Unser Ziel ist eine moderne und zukunftssichere Hauptuntersuchung (HU), die gleichzeitig wirtschaftlich bleibt. Daher werden wir uns aktiv an den bevorstehenden Diskussionen mit dem BMDV beteiligen, um eine praxisgerechte Weiterentwicklung der HU voranzutreiben – auch unter Berücksichtigung der Rolle der Werkstätten.
Eine nachhaltige und sichere Mobilität in Deutschland kann nur durch die enge Zusammenarbeit aller Akteure gewährleistet werden.
Thema Hauptuntersuchung: Lkw über 3,5t müssen alle 12 Monate zur HU. In wieweit muss die HU in Hinblick auf die technischen Entwicklungen, beispielsweise der Elektromobilität oder der Fahrerassistenzsysteme, weiterentwickelt werden? Wie verhält es sich mit der halbjährlichen Sicherheitsprüfung (SP)?
Die Hauptuntersuchung (HU) sowie die Sicherheitsprüfung (SP) für Lkw über 3,5 Tonnen sind essenzielle Instrumente zur Sicherstellung der Verkehrssicherheit im Schwerlastverkehr. Mit dem rasanten technologischen Fortschritt – insbesondere in den Bereichen Elektromobilität und Fahrassistenzsysteme – ist eine kontinuierliche Überprüfung und Weiterentwicklung der bestehenden Prüfverfahren unerlässlich.
Besondere Herausforderungen ergeben sich durch moderne Fahrzeugsysteme, wie Notbremsassistenten, Spurhalteassistenten, Abbiegeassistenten sowie durch „Over the Air“ (OTA) eingespielte Software-Updates der Fahrzeughersteller. Diese Technologien müssen adäquat in die technische Fahrzeugüberwachung integriert werden, um Manipulationen durch Dritte oder potenzielle Fehlfunktionen frühzeitig zu erkennen. Dies betrifft sowohl die HU als auch die SP.
Um die Sicherheit und Zuverlässigkeit moderner Nutzfahrzeuge weiterhin zu gewährleisten, müssen beide Prüfverfahren an die technologischen Entwicklungen im Nutzfahrzeugbereich angepasst werden. Dies erfordert insbesondere die Einführung spezifischer Prüfmethoden für Hochvoltsysteme, eine umfassende Überprüfung von Fahrassistenzsystemen sowie gegebenenfalls eine stärkere Einbindung digitaler Diagnosetechnologien.
Die AÜK (Akkreditierte Überprüfung im Kfz-Gewerbe) ist ein wichtiger Bestandteil der Qualitätssicherung im Rahmen der AU, HU, SP für Nfz-Werkstätten. Wie weit ist die Standardisierung der Prüfbedingungen gediehen, es gelten ja spezielle Kriterien?
Die Standards für die Arbeits- und Prüfmittel in Nfz-Werkstätten sowie die personellen Qualifikationsanforderungen, die nicht nur für die AÜK, sondern für das gesamte Instandsetzungsgeschäft relevant sind, werden, sofern erforderlich, weiterentwickelt und an den Stand der Technik angepasst.
Bezüglich Hebeeinrichtungen sind die DIN EN DIN EN 1493 „Fahrzeug-Hebebühnen“ oder die DIN EN 1494 „Fahrbare oder ortsveränderliche Hubgeräte und verwandte Einrichtungen“ relevante Normen, an deren Weiterentwicklung der Zentralverband des Kfz-Handwerks in der Vergangenheit – zuletzt im Jahr 2023 – mitgewirkt hat. Auch die DGUV Information 208-040 „Beschaffen und Betreiben von Fahrzeughebebühnen“, die Empfehlungen bezüglich der Installation, Inbetriebnahme, Wartung und Prüfung sowie zum sicheren Betrieb von Fahrzeughebebühnen enthält, wurde von den Experten der Abteilung Werkstätten und Technik mitgestaltet.
Welche Vorschriften spielen noch eine Rolle?
Für die AÜK ist auch die Bremsprüfstands-Richtlinie eine relevante Vorschrift, die sicherstellt, dass unter anderem bei der SP die Bremsprüfstände (BPS) ordnungsgemäß arbeiten. Mit der seit dem 01.07.2022 anzuwendenden Richtlinie wird beispielsweise auch die Kalibrierung der BPS geregelt.
Auch die Qualifikationsanforderungen an Kfz-Mechatroniker werden in der Verordnung über die Berufsausbildung geregelt, also auch für den Schwerpunkt Nutzfahrzeugtechnik. Diese Verordnung wird zwölf Jahre alt, so dass eine Überarbeitung erforderlich ist, die von unserem Berufsbildungsexperten Joachim Syha begleitet wird. Die personellen Anforderungen an Inspektoren, die SP oder AU durchführen, sind im Qualitätsmanagementsystem des Kraftfahrzeughandwerks zur Durchführung von amtlichen Werkstattuntersuchungen und -prüfungen geregelt. Diese Anforderungen müssen ebenso stetig geprüft und an die aktuellen Gegebenheiten und an die Vorgaben der DIN EN ISO/IEC 17020 angepasst werden. Die Norm befindet sich aktuell in der Kommentierungsphase, an der die Experten des AÜK-Teams aktiv mitwirken.
Darüber hinaus beschäftigen sich die Kollegen auch mit den Richtlinien der VDI/DKD 5901 bezüglich der Kalibrierung von Prüf- und Messmitteln im Kraftfahrwesen. Demnächst steht die Überarbeitung der Richtlinie VDI/DKD 5901 zu Abgasmessgeräten an.
Ein Schwerpunkt Ihrer Tätigkeit ist das Thema ‚Berufsbildung‘. Das Berufsbild ‚Lkw-Mechatroniker‘ ist so spannend wie nie. Wie sehen Ihre Erfahrungswerte in Hinblick auf den Nachwuchs und der Weiterqualifizierung aus?
Die technische Entwicklung in der Fahrzeugbranche schreitet rasant voran, insbesondere im Bereich der Nutzfahrzeuge und Hochvolttechnik. Unsere aktuellen Zahlen zeigen, dass der Anteil der Auszubildenden mit Schwerpunkt Nutzfahrzeugtechnik stabil bleibt und zuletzt sogar leicht gestiegen ist. Das ist ein positives Signal und unterstreicht die Attraktivität der Branche.
Besonders interessant ist jedoch die Entwicklung im Bereich System- und Hochvolttechnik. Obwohl diese Technologie als Schlüssel für die Mobilität der Zukunft gilt und eine höhere Qualifizierung (3S) ermöglicht, bleibt der Anteil der Auszubildenden hier hinter dem Nutzfahrzeugbereich zurück.
Es sind gezielte Maßnahmen erforderlich, um mehr Nachwuchskräfte für die System- und Hochvolttechnik zu gewinnen und die langfristigen Karrierechancen auf diesem Gebiet zu verdeutlichen.
In Deutschland gibt es rund 3.700 (freie und markengebundene) Nfz-Werkstätten. An welchen Stellschrauben müssen sie drehen um in Zukunft erfolgreich zu sein?
Um sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren, müssen Werkstätten heute aktiver und gezielter auf sich aufmerksam machen. Employer-Branding spielt dabei eine entscheidende Rolle. Es geht darum, klar zu kommunizieren, was einen Betrieb als Ausbildungsstätte und Arbeitgeber auszeichnet. Wichtige Fragen, die sich Betriebe stellen sollten, sind: Welche Vorteile bieten wir unseren Auszubildenden und Mitarbeitenden? Dazu zählen beispielsweise eine Übernahmegarantie bei sehr guten Ausbildungsleistungen, kontinuierliche Weiterbildungsmöglichkeiten oder Maßnahmen zur Gesundheitsförderung. Ebenso entscheidend ist die Qualität der Ausbildung – etwa durch gezielte Förderung der Azubis, Hochvoltschulungen, digitale Lernangebote, Patenprogramme oder ein strukturiertes Onboarding. Diese Alleinstellungsmerkmale müssen dann auch konsequent an die relevanten Zielgruppen kommuniziert werden – sowohl online als auch offline. Das bedeutet Präsenz auf Social Media, eine ansprechende Karriereseite sowie aktive Teilnahme an Ausbildungsmessen, Girls’ Days oder Azubi-Speed-Datings. Betriebe müssen genau dort sichtbar sein, wo potenzielle Bewerberinnen und Bewerber nach Ausbildungs- und Jobmöglichkeiten suchen. Nur so kann langfristig erfolgreich Nachwuchs gewonnen und gehalten werden.
Am Ende eine persönliche Frage: Über was haben Sie sich kürzlich am meisten geärgert?
Das Berufsleben ist geprägt von Herausforderungen, Schwierigkeiten und der kontinuierlichen Aufgabe, Dinge zu verbessern. Dabei bleibt es nicht aus, dass man sich gelegentlich ärgert. Doch ich halte es mit dem Zitat von Vera F. Birkenbihl: „Ärger ist eine Reaktion von 15 Sekunden. Wenn wir uns länger ärgern, dann entscheiden wir uns aktiv dafür.“ Aus diesem Grund versuche ich, meine Energie nicht in unnötigen Ärger zu investieren, sondern gezielt auf die Suche nach Lösungen zu gehen. Probleme gehören zum Fortschritt dazu – entscheidend ist, wie wir damit umgehen. Mein Fokus liegt darauf, Herausforderungen konstruktiv anzugehen und sie als Chance zur Weiterentwicklung zu nutzen.
Den Beitrag finden Sie auch in der Print-Ausgabe 1-2025 der Krafthand-Truck.






