Die Produktion von Turboladern gehört zum Kerngeschäft von BorgWarner. Das Unternehmen ist aber viel breiter aufgestellt. Bilder: BorgWarner
Viel mehr als nur Turbo

BorgWarner: Es ist die Technik, die uns antreibt!

Es ist nicht einfach ein weltweit agierendes Technologieunternehmen wie BorgWarner in aller Kürze zu beschreiben. Wir starten den Versuch und beschränken uns auf die Aktivitäten im Nutzfahrzeug-Segment. Zusätzlich liefert Holger Gabriel, Director Engineering Europe CV bei BorgWarner, Einblicke in die Entwicklung von alternativen Antrieben und blickt in die Zukunft.

Doch vorab: BorgWarner ist ein US-amerikanischer Automobilzulieferer mit 99 Standorten in 24 Ländern. Die Zentrale ist in Auburn Hills im Staate Michigan, beheimatet. Das Unternehmen beschäftigt weltweit rund 50.000 Mitarbeiter. In Deutschland ist das Unternehmen beispielsweise in Ludwigsburg, Heidelberg und Kirchheimbolanden (BorgWarner Emissions, Thermal and Turbo Systems) mit Produktion, F+E, Verwaltung, Marketing, Vertrieb und Service aktiv. Aufgrund seiner Erstausrüster-Expertise bietet das Unternehmen auch Produkt- und Service-Lösungen für den globalen Lkw-Aftermarket.

Portfolio

Das bekannteste Produktsegment von BorgWarner für Lkw sind Turbolader. Neben ein- und mehrstufigen Ladern, VTG-Ladern, Ladern mit Wastegate oder elektrischen Stellern, gehören auch sogenannte eBooster zum Portfolio. Hinzu kommen Austausch- und wiederaufbereitete Lader sowie AGR-Ventile (Reman-Programm). Doch das ist lange noch nicht alles. BorgWarner liefert eine Vielfalt an weiteren Produkten für Nutzfahrzeuge. Dazu gehören beispielsweise Batteriemodule und -packs, Ladestationen, Leistungselektronik, E-Motoren, elektrische Antriebsmodule, Motorsteuerungssysteme, Einspritzsysteme sowie Abgas- und Thermo-Management-Technologien. Was den Lkw-Aftermarket angeht, so bedient das Unternehmen seine Kunden mit Turboladern, Lüftern, AGR-Ventilen und AGR-Kühlern.

Reman-Programm: Ein Turbolader vor und nach der Aufbereitung.

Aufbereiten statt Tauschen

Mit dem Reman-Programm bietet BorgWarner die Reparatur und die Aufbereitung von Turboladern sowie auch Austauschlader an. Dabei werden die gebrauchten und zurückgegebenen Lader gecheckt und sortiert. Im Nachgang erfolgt die Demontage und die Prüfung einzelner Bauteile auf Wiederverwendbarkeit. Mitunter müssen Bauteile getauscht werden, dies sei oftmals bei Lagern der Fall. Nun folgt der Reinigungsprozess der wiederverwendbaren Bauteile mit Hilfe von Ultraschall oder einem Hochtemperaturverfahren sowie eine erneute Prüfung. Der Prozess der Wiederaufbereitung ist laut BorgWarner sehr bauteil-individuell ausgelegt. Besondere Aufmerksamkeit legt das Unternehmen auf die Verdichter- und Turbinenräder, die nach den ursprünglichen OE-Spezifikationen neu gewuchtet werden. Komponenten, die nicht alle Kriterien erfüllen, werden durch originale, neue OE-Teile ersetzt. Am Ende gelangen alle wiederverwendbaren Komponenten in den Vormontagebereich, wo sie durch neue ergänzt werden, um den Bausatz für die Endmontage zu vervollständigen. Eine erneute Prüfung und ein strenger Qualitätscheck schließen das Verfahren ab.

Delphi-Technologies

Mit der Übernahme von Delphi-Technologies im Oktober 2020, hat BorgWarner die Leistungsfähigkeit im Bereich Elektronik und Leistungselektronik signifikant erweitert und verbessert. Doch die Transaktion beinhaltete mehr. Delphi-Technologies bringt eine breite Palette von Produkten mit, die das bereits bestehende Portfolio von BorgWarner ergänzen. Beispiele sind Komponenten für Klimaanlagen, Bremssysteme, für das Motormanagement, für Zünd-, Kraftstoff- und Einspritzsysteme sowie Lenkungs- und Fahrwerkskomponenten. Hinzu kommt eine starke Expertise im Bereich Diagnose beziehungsweise dem Nutzfahrzeug- und Aftermarket-Geschäft.

Batteriemodul von BorgWarner.

Batterieelektrische Lkw

BorgWarner ist ebenfalls Experte in der Entwicklung von Antriebskomponenten für Nutzfahrzeuge. Dabei liegt ein Schwerpunkt auf der Antriebstechnik für batterieelektrische Nutzfahrzeuge. So möchte das Unternehmen mit dem Projekt ‚Charging-Forward‘ bis 2025 über 25 Prozent und bis 2030 etwa 45 Prozent des Umsatzes mit Elektrofahrzeugen generieren. ‚Charging-Forward‘ hat drei Grundpfeiler. Einer dieser Pfeiler ist die geplante Expansion im Bereich elektrischer Nutzfahrzeuge (eCVs).

„Wir glauben, dass es in fast allen Nutzfahrzeugbereichen Elektrifizierungsmöglichkeiten gibt. Deshalb stellen wir unser Produktportfolio breit auf, von Batteriesystemen, inklusive den erforderlichen Steuergeräten, Heizungen, Kühlern über bordeigene Ladegeräte (On-Board Charger) und Spannungswandlern (DC/DC-Converter). Hinzu kommen elektrische Antriebsmotoren, mit oder ohne Getriebe, inklusive Leistungselektronik, Steuergerätetechnologie und Thermo-Management“, so Holger Gabriel.

Lkw mit Brennstoffzelle

Elektrische Antriebe können laut Gabriel ihre Energie nicht nur aus einer leistungsstarken Batterie, sondern mittelbar auch aus einer als Range-Extender fungierenden Brennstoffzelle entnehmen. Diese Fahrzeuge, sogenannte FCEV (Fuel-Cell-Electric-Vehicle), stoßen bei der Verwendung von Wasserstoff als Kraftstoff ebenfalls lokal kein CO2 aus. Neben allen bereits genannten Produkten bietet BorgWarner hier auch spezielle Komponenten für die Brennstoffzelle an, beispielsweise die Luftversorgung FCAS (Fuel-Cell-Air-Supply). Im Übrigen: Alle elektrischen Fahrzeuge werden weiterhin ein Kühlsystem benötigen, die dazu erforderlichen elektrischen Ventilatoren liefert BorgWarner ebenfalls.

Wo geht die Reise hin?

Holger Gabriel, Director Engineering Europe CV bei BorgWarner.

Das Reiseziel wird laut Gabriel vom Endkunden bestimmt. Die Auswahlkriterien für ein bestimmtes Fahrzeug oder einen bestimmten Antrieb bestehen aus verschiedenen Anforderungen, bei denen Wirtschaftlichkeit, Verfügbarkeit und Sicherheit mit Ressourcenschonung und dem Einsatzzweck in Einklang gebracht werden müssen.

„Gesetzliche, wirtschaftliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen sind deutlich volatiler als in den vergangenen Epochen der Mobilität. Dementsprechend ist es wichtig, eine sinnvolle Vielfalt an technischen Lösungen anzubieten“, erklärt Holger Gabriel.

Was die unteren Gewichtsklassen bei Nutzfahrzeugen betrifft besteht laut Gabriel eine große Einigkeit, dass elektrische Antriebe in den nächsten fünf bis zehn Jahren dominieren werden. Am oberen Ende, was typischerweise mit langen Strecken einhergeht, werden im selben Zeitraum optimierte verbrennungsmotorische Antriebe überwiegen. Der heutige Kraftstoffmix wird dabei ergänzt durch CO2-mindernde Lösungen bis hin zum Wasserstoff, der nahezu CO2-freie Fahrzeuge ermöglicht. Von den Fortschritten in der Wasserstoffverbrennung auf Anbieterseite und insbesondere von dem raschen Ausbau eines entsprechenden Versorgungsnetzwerkes wird es laut Gabriel abhängen, in welchem Umfang Brennstoffzellen-Lkw auf dem Markt Akzeptanz finden. „Letztendlich ist für alle Konzepte die größte Hürde, dass sich ohne ausreichende CO2-neutrale Infrastruktur zum Nachladen oder -tanken die Emissionen nur verlagern. In der Gesamtbetrachtung verringern sie sich nicht. In der Skalierung und betrachtet man die globale Gesamtflotte, erscheinen manche Konzepte vielleicht nicht mehr so attraktiv, wie sie im Einzelfall und isoliert betrachtet erscheinen mögen“, ergänzt Gabriel.

Den Beitrag finden Sie auch in der Print-Ausgabe 3/2021 der Krafthand-Truck.