

Einfach Vermessen!
Eine verstellte Fahrwerksgeometrie kostet Kraftstoff und treibt den Reifenverschleiß in die Höhe. Gemessen an den möglichen Einsparungen sind die Kosten für eine regelmäßige Kontrolle der Fahrwerkeinstellung verschwindend gering.
Zügig zum Ergebnis
‚Schnelle Resultate‘ – mit diesem Slogan werben nahezu alle Hersteller von Fahrwerks-Vermessungssystemen. Die einen veranschlagen für die Eingangsvermessung eines Dreiachsers mit ihrem 3D-Kamera-System zehn Minuten. Die anderen versprechen, dass sich mit ihrem klassischen Laser-Vermessungsgerät die Spur- und Sturzwerte der Vorderachse, inklusive der Einzelspurwerte, innerhalb von zwei Minuten ermitteln lassen.
In der Praxis ist die Zeit für die Eingangsvermessung jedoch nur ein Teilaspekt beim Fahrwerksservice. Denn die schnellste Messzeit wird zunichte gemacht, wenn der Werkstattfachmann eine festgerostete Spurstange erst mühsam mit dem Schweißbrenner oder Induktionsheizer gangbar machen oder eine schiefstehende Hinterachse durch Einlegen spezieller Distanzstücke geradestellen muss.
Traditionell oder modern?

Während in Pkw-Werkstätten mittlerweile computerbasierte Kamera- und 3D-Messsysteme zum Standard gehören, schwören viele Nutzfahrzeug-Profis auf klassische Laser-Achsmessgeräte. Zumal diese im Laufe der Zeit ebenfalls weiterentwickelt wurden. Was die Genauigkeit betrifft, müssen sich Laser-Geräte nicht hinter Kamera- und 3D-Systemen verstecken. Es kommt vielmehr auf die Routine des Anwenders an, denn Fehler, etwa bei der exakten Handhabung, wirken sich hier wie dort auf das Messergebnis aus.
Möchte man sich eine Achsmessanlage anschaffen, ist mit Blick auf die Amortisation das Preis-/Leistungsverhältnis ein wichtiges Entscheidungskriterium. Geht es darum, möglichst viele Fahrzeuge pro Tag zu vermessen (beispielsweise in großen Nutzfahrzeugzentren), ist eine computerbasierte Anlage eine Überlegung wert. Zumal damit auch eine lückenlose Dokumentation möglich ist, wie sie die Fahrzeughersteller bei Garantiearbeiten verlangen. Für Werkstätten mit vergleichsweise geringem Vermessungs-aufkommen oder für speditionseigene Werkstätten, welche, um die TCO ihres Fuhrparks zu optimieren, regelmäßig die Fahrwerkseinstellung selbst überprüfen wollen, sind dagegen Laser-Geräte zu empfehlen. Das gilt auch für Nutzfahrzeug-Werkstätten, die ihren Kunden einen mobilen Vermessungsservice anbieten möchten, etwa am Wochenende, wenn die Lkw und Züge auf dem Betriebshof stehen. Die meisten Anbieter von Laser-Systemen liefern ihr Equipment in stabilen Transportboxen, die sich ohne großen Aufwand in einem Transporter verstauen und zum Kunden befördern lassen. Hinzu kommt, dass bei Laser-Systemen das Fahrzeug ‚im Fahrzustand‘ vermessen wird. Außerdem ist kein nivellierter, sondern lediglich ein ebener Messplatz erforderlich. Für die Vermessung stehen die gelenkten Achsen auf transportablen Drehplatten.
Fahrwerksvermessung – kurz und knackig

Die Vermessungsprozedur lässt sich von geübten Nutzfahrzeug-Profis zügig erledigen. Wir zeigen einen exemplarischen Ablauf mit dem Laser-Einstellsystem ‚HD-40 EasyTouch‘ von Koch-Achsmessanlagen. Koch ist ein Pionier mit mehr als 60 Jahren Erfahrung auf dem Gebiet der Fahrwerksvermessung. Einen großen Anteil am zügigen Ablauf haben die von Koch entwickelten, schwenkbaren Messkopfhalter und Einhängeskalen. Die Halter werden durch einfaches ‚Drüberhängen‘ an den Rädern angebracht, ohne dass man das Fahrzeug anheben und eine Felgenschlag-Kompensation ausführen muss. Der Nfz-Profi sollte lediglich darauf achten, dass die verschiebbaren Distanzstücke zentriert und gleichmäßig an der Felge anliegen und sich am Anlagepunkt weder Rost noch Schmutz befinden. Dies würde die Messung verfälschen. Die Nivellierung erfolgt über Präzisionswasserwaagen, wobei spezielle Krallen verhindern, dass die Halter aus dem Reifenprofil rutschen.
Zu den Besonderheiten des Achsmesssystems von Koch gehören die Spiegelmesstraverse und ein grüner Linienlaser. Beide ermöglichen gegenüber der Vorgängerversion ‚HD-30 Plus‘ einen noch etwas schnelleren Messablauf. Die Traverse wird mittels Linienlaser exakt zur geometrischen Fahrachse ausgerichtet. So kann eine exakte Messung zum Fahrachswinkel erfolgen, auch die Spurvermessung wird unterstützt. Zudem ist die Justage-Genauigkeit zum Kalibrieren von kamera- und radarbasierten Fahrerassistenzsystemen (FAS) gewährleistet.
Gesamtspur und Lenkungsmitte

Für die Schnellvermessung der Gesamtspur (um sich einen ersten Überblick zu verschaffen), platziert der Kfz-Profi die Lasermessköpfe an der Vorderachse und positioniert die Spiegelmesstraverse im Abstand von 1,70 Meter vor die Vorderachse. Als nächstes leuchtet er mit den Lasern in die Spiegel und zurück auf die Skala des Messkopfs. Dann wird die Messtraverse axial so lange eingestellt, bis auf einer Fahrzeugseite an der Skala des Messkopfs ‚0‘ erscheint. Die Gesamtspur lässt sich dann auf der Skala der anderen Seite ablesen. Weicht der Ist-Wert von der Herstellervorgabe ab, muss der Nutzfahrzeugfachmann die Einstellung korrigieren.
Um die Gesamtspur zur Fahrachse messen und einstellen zu können, fährt der Mechatroniker die Vorderachse auf die Drehplatten und hängt die Messkopfhalter an die Hinterachse. Dann positioniert er die Messtraverse im Abstand von 1,70 Meter vor der Vorderachse und leuchtet mit den Lasern in die Spiegel und zurück auf die Skala der Messköpfe. Dann verdreht er die Spiegeltraverse axial so lange, bis beide Messkopf-Skalen den gleichen Wert (auf +/- achten!) anzeigen.

Als nächstes montiert der Nfz-Profi die Halter mit den Lasern an der Vorderachse und dreht diese so, dass sie in den Spiegel und zurück auf die Skala am Messkopf leuchten. Durch Verdrehen des Lenkrads stellt er den Laserpunkt auf der Fahrerseite auf ‚0‘ und verdreht die Spurstange solange, bis die Skala auf der Beifahrerseite den gewünschten Spurwert erreicht. Beim Verdrehen achtet er zum einen darauf, dass der Laserpunkt die ‚0‘-Position nicht verlässt, zum anderen, dass sich die Position der Traverse nicht verändert.
Als nächstes lässt sich die Lenkungsmitte (ebenfalls bezogen auf die Fahrachse) ermitteln und gegebenenfalls korrigieren. Dazu dreht der Mechatroniker das Lenkrad, bis die Skalen an den Messköpfen den gleichen Wert anzeigen. Nun kann er die Markierungen am Lenkgetriebe prüfen, ob diese wie vorgeschrieben übereinstimmen. Ist dies nicht der Fall, erfolgt eine Korrektur über ein Verstellen der Lenkschubstange.
Lenkschubstange bei Mehr-Achsern einstellen
Manche Lkw-Typen verfügen über zusätzliche Lenkachsen, welche die Kurvenfahrt und Rangiereigenschaften bei beengten Straßenverhältnissen verbessern. Je nach Einbauort spricht man von Nach- beziehungsweise Vorlaufachsen. Nachlaufachsen findet man bei Zugmaschinen und Lkw typischerweise hinter der Antriebsachse, Vorlaufachsen dagegen zwischen der Vorder- und der angetriebenen Hinterachse. Bei einer Fahrwerksvermessung müssen auch sie kontrolliert und gegebenenfalls neu justiert werden. Voraussetzung ist allerdings, dass die (erste) Vorderachse korrekt eingestellt ist. Zudem müssen die Räder der beiden lenkbaren Achsen auf Drehtellern stehen.
Um die Schubstange der zweiten Vorderachse einstellen zu können, wird ein Lasermesskopf rechtsseitig an der ersten Achse, der andere fahrerseitig an der zweiten Achse eingehängt. Der Laserstrahl der zweiten Achse wird auf die Traverse und zurück auf den fahrerseitigen Messkopf gerichtet und anschließend die Schubstange soweit verdreht, bis der Laserpunkt auf der fahrerseitigen Skala ‚0‘ zeigt. Dabei ist darauf zu achten, dass sich die Stellung beziehungsweise der Wert der ersten Vorderachse nicht verändert. Anschließend startet man den Motor, um Verspannungen und Spiel in den Gelenken durch Lenkbewegungen auszumitteln. Abschließend kontrolliert man nochmal die Werte und justiert bei Bedarf nach.
Ist die Spur der zweiten Vorderachse zu korrigieren, werden die Messköpfe bei unverändertem Messaufbau beidseits auf der zweiten Achse montiert und der Laserstrahl zunächst in die Spiegel und dann zurück auf die Messkopfskala gelenkt. Auf der Fahrerseite sollte der Wert nun idealerweise auf ‚0‘ stehen. Falls nicht, wird über das Lenkrad nachkorrigiert und die Spurstange soweit verdreht, bis auf der Beifahrerseite der gewünschte Wert erreicht ist.
Um eine zwangsgelenkte Nachlaufachse einzustellen, muss auch sie auf Drehtellern stehen. Die erste Achse muss sich in ‚Fahrt geradeaus‘-Stellung befinden. Die Traverse ist dabei zur Antriebsachse ausgerichtet. Die Messköpfe werden an der Nachlaufachse platziert und die Laserstrahlen auf die Spiegel und zurück auf die (zum jeweiligen Radstand passenden) Aufsteckskalen gerichtet. Anschließend wird zunächst die Schubstange des Hydraulikzylinders soweit verdreht, bis der Skalenwert auf der Ansteuerseite auf ‚0‘ steht und dann die Spurstange so eingestellt, dass auf der anderen Seite ebenfalls ‚0‘ angezeigt wird.
Richtungsweisend: die Hinterachse

Um ein schlecht eingestelltes Fahrzeug wieder in die richtige Spur zu bringen, muss man sämtliche Vorder- und Hinterachsen neu justieren. Analog gilt dies bei Sattel- und Anhängerzügen. Um den größtmöglichen Effekt zu erzielen, müssen sämtliche Achsen der ziehenden und der gezogenen Einheit vermessen werden. Ein bloßes Einstellen der Vorderachsspur reicht nicht aus. Häufig sind ein Schrägstand der Hinterachse des Zugfahrzeugs oder schräg stehende Achsen des Aufliegers oder Anhängers ursächlich für das permanente Schiefziehen oder den übermäßigen Reifenverschleiß an der Vorderachse. Achsen, die nicht exakt im Winkel von 90 Grad zur Rahmenmittellinie stehen, erhöhen den Rollwiderstand, den der Fahrer mit kontinuierlichem Gegenlenken ausgleichen muss.
Zum Vermessen und Ausrichten der Antriebsachse – auch ‚spurgebenden‘ oder ‚richtungsweisenden‘ Achse genannt – bringt man die Messköpfe an der Hinterachse und die Einhängeskalen an der Vorderachse an. Bei einer optimal eingerichteten Antriebsache zeigt der Laserpunkt auf den Vorderachsskalen jeweils den identischen Wert. Ist dies nicht der Fall, lässt sich der Schiefstand beispielsweise durch Einlegen von Distanzscheiben, durch Verdrehen von Exzentern (bei Aufliegerachsen) oder ein Verschieben der Achse beseitigen.
Doch selbst wenn sich der Hinterachs-Schrägstand innerhalb der Herstellertoleranzen bewegt, können die vorgenannten Beanstandungen auftreten. Daher sollte der Nfz-Profi beim Einstellen auf beiden Seiten den Mittelwert innerhalb des Toleranzfeldes anstreben.
Umsatzpotenzial für Nutzfahrzeugwerkstätten
Abhängig von der Anzahl der Achsen und den gefahrenen Kilometern können Transportunternehmer mit dem Vermessen und Justieren der Fahrwerksgeometrie über das Jahr gesehen eine beträchtliche Kostenersparnis (TCO) erzielen – und dies auf relativ einfache Weise. Nutzfahrzeugwerkstätten, die ihren Kunden aktiv einen professionellen Fahrwerksservice anbieten, können aufgrund der überzeugenden Argumente interessante Zusatzerlöse erwirtschaften. Klaus Kuss
Den Beitrag finden Sie auch in der Print-Ausgabe 4-2025 der Krafthand-Truck.












