Seit Januar 2022 arbeiteten MAN Truck & Bus und 11 Projektpartner im Forschungs- und Entwicklungsprojekt ATLAS-L4 (Automatisierter Transport zwischen Logistikzentren auf Schnellstraßen im Level 4) gemeinsam daran, autonome Trucks auf die Straße zu bringen. Bilder: MAN
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Projekt ATLAS-Level 4: Wird der fahrerlose Truck bald Realität?

Das hochautomatisierte Fahren eines Lkw gemäß Level 4 (SAE-Klassifikation) scheint tatsächlich greifbar. Dies belegt die erfolgreiche Bilanz, die die zwölf Partner des Forschungs- und Entwicklungsprojekts ATLAS-L4 (Automatisierter Transport zwischen Logistikzentren auf Schnellstraßen) jetzt gezogen haben. Mit im Boot waren MAN Truck & Bus, Knorr-Bremse, Leoni, Bosch, Fernride, BTC Embedded Systems, Fraunhofer AISEC, die Technische Universität München, die Technische Universität Braunschweig, der TÜV SÜD, die Autobahn GmbH sowie das Würzburger Institut für Verkehrswissenschaften (WIVW GmbH). Tatsächlich wurde der autonome Truck im Straßenverkehr dank der Arbeit von den rund 150 Ingenieurinnen und Ingenieuren nun Realität.

Level4

Level 4 bedeutet gemäß Definition, dass der Lkw alle Fahraufgaben vollständig selbstständig übernehmen kann, allerdings nur in bestimmten definierten Betriebsbereichen. Das heißt beispielsweise auf bestimmten Straßen, in Städten oder nur bei gutem Wetter. Es ist innerhalb des definierten Einsatzgebietes (ODD, Operated Design Domain) grundsätzlich kein menschliches Eingreifen erforderlich. Somit könnte der Lkw auch ohne Insassen fahren. Die Verantwortung liegt beim System, also nicht beim Menschen. Außerhalb der ODD kann sich der Lkw in einen sicheren Zustand versetzen.

Klares Ziel

Das Projektkonsortium hatte sich in dem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geförderten und mit einem Gesamtbudget von 59,1 Millionen Euro ausgestatteten Projekt ein klares Ziel gesetzt: einen Level-4-automatisierten und damit autonom fahrenden Lkw für den Hub-to-Hub-Transport auf die Schnellstraßen zu bringen. Basis dafür war das 2021 verabschiedete Gesetz, das autonomes Fahren auf fest definierten Strecken unter einer technischen Aufsicht grundsätzlich ermöglicht und Deutschland damit global in eine Vorreiterrolle bringt.

Die Entwicklung und Integration der für den sicheren Einsatz notwendigen redundanten Komponenten wie Lenkung, Bremse und Bordnetz sowie das Erstellen eines Validierungskonzeptes erforderte interdisziplinäre Kompetenz und enge Teamarbeit“, so Dr. Frederik Zohm, Vorstand für Forschung und Entwicklung bei MAN Truck & Bus

Die Erprobungsphase

Am 1. Januar 2022 fiel der Startschuss für ATLAS-L4. Nachdem das Kraftfahrt-Bundesamt im April 2024 die erste Level-4-Erprobungsgenehmigung für einen Nutzfahrzeughersteller erteilt hatte, fand die Premiere im öffentlichen Straßenverkehr mit der ersten Autobahnfahrt eines autonomen Lkw in Deutschland statt. Bei dieser und allen weiteren Erprobungsfahrten war immer ein Sicherheitsfahrer an Bord. Die Automatisierungs-Software im Fahrzeug wurde durch regelmäßige Releases kontinuierlich über einen langen Zeitraum hinweg optimiert und direkt in der Praxis erprobt.

Projektziele erreicht

Das Konsortium konnte laut einem Sprecher von MAN an alle Projektziele einen Haken setzen: Die für die Level-4-Architektur sicherheitsrelevanten Komponenten wie ein redundantes Bremssystem, das Bordnetz und die Lenkung wurden aufgebaut. Parallel wurde ein Validierungskonzept erstellt und das Control Center für die technische Aufsicht in Betrieb genommen. Risikoanalysen und Safety-Betrachtungen für das Level 4 – inklusive Cybersicherheit, etwa in Form von authentischer und verschlüsselter Kommunikation sowie die Definition von funktionalen Sicherheitsmaßnahmen wie Redundanzen und Degradationskonzepten für das autonome Fahrsystem – fanden ebenfalls statt. Das Ergebnis sei laut MAN eine prototypische Technologie als Blaupause für weitere Projekte und Serienentwicklungen.

 

Die Vertreter der 12 Projektpartner des ATLAS-L4 Projektes bei der Abschlussveranstaltung in Penzing mit Ernst Stöckl-Pukall, Leiter des Referats „Digitalisierung und Industrie 4.0“ im Bundeswirtschaftsministerium (erste Reihe, zweiter von rechts) und Georg Grüneißl, Leiter Produktstrategie und Planung MAN Truck & Bus, als Vertreter des Projekt-Konsortialführers (erste Reihe, Mitte).

Basiskonzept für die Zukunft

Die Arbeit von ATLAS-L4 könne als Basiskonzept für künftige industrielle Entwicklungen genutzt werden, wobei für einen autonomen Truck in Serie noch diverse Detailfragen geklärt werden müssen, die das Projekt aufgezeigt hat. „Wir haben wertvolle Pionierarbeit geleistet, indem wir für die technische Machbarkeit von autonomen Trucks den praktischen Nachweis erbracht haben“, so Projektkoordinator Sebastian Völl, MAN Truck & Bus. „Diese Konzepte fließen nun in die weitere Entwicklungsarbeit zur Serienentwicklung von autonomen Lkw ein.“
Weitere Informationen zum Projekt ATLAS-L4 und den Projektpartnern und ihren individuellen Projektergebnissen stehen online unter www.atlas-l4.com zur Verfügung.

Den Beitrag finden Sie auch in der Print-Ausgabe 2-2025 der Krafthand-Truck.