Mercedes-Benz Werke Wörth, Mannheim, Gaggenau und Kassel bereiten Serienfertigung des eActros 600 vor (Symbolbild – Produktion des eEconic). Bild: Daimler Truck
Neue Fahrzeuge

Mercedes-Benz-Werke bereiten Serienfertigung für eActros 600 vor

Der batterieelektrische Mercedes-Benz Lkw für den Fernverkehr mit der Bezeichnung eActros 600, soll in Kürze in Serie gebaut werden. Das Fahrzeug wurde auf der IAA Transportation als eActros LongHaul erstmals als Konzeptfahrzeug der Öffentlichkeit vorgestellt. Jetzt bereiten die Mercedes-Benz Werke in Wörth, Mannheim, Gaggenau und Kassel die Serienfertigung vor. Die Fertigung von Prototypen für die Kunden-Erprobungsflotte läuft bereits, die Serienreife des eActros 600 ist für 2024 geplant.

Antriebsachse aus eigener Fertigung

Die Typbezeichnung 600 leitet sich – wie beim eActros 300/400 für den Verteilerverkehr – von der Batteriekapazität in Kilowattstunden ab. Die hohe Batteriekapazität sowie eine neue elektrische Antriebsachse aus eigener Entwicklung, sollen eine Reichweite von etwa 500 Kilometern ohne Zwischenladen ermöglichen. Der als „Neuer eActros 600“ vermarktete E-Truck soll durch seinen niedrigen Energieverbrauch der für Kunden im Vergleich zum konventionellen Diesel-Actros wirtschaftlichste Fernverkehrs-Lkw von Mercedes-Benz Trucks sein. Der Hersteller erwartet, dass der E-Lkw damit die tiefgreifende Transformation des Straßengüterverkehrs hin zu CO2-neutralen Antrieben signifikant beschleunigen wird.

Im eActros 600 kommen Batterien mit Lithium-Eisenphosphat-Zelltechnologie (LFP) zum Einsatz. Diese zeichnen sich vor allem durch eine hohe Lebensdauer und mehr nutzbare Energie aus. Die Batterien sollen sich in der Serie an einer Ladesäule mit etwa einem Megawatt Leistung in deutlich unter 30 Minuten von 20 auf 80 Prozent aufladen lassen. Bild: Daimler-Truck

Erfahrungen aus Prototypen-Aufbau im Werk Wörth fließen in Serienentwicklung ein

Der eActros 600 wird auf der bestehenden Montagelinie der Wörther Produktion gefertigt, parallel und flexibel neben den Lkw, die einen Dieselantrieb erhalten. Dort wird er auch mit den elektrischen Antriebskomponenten ausgestattet. In mehreren Produktionsschritten werden unter anderem die E-Achse, Hochvoltbatterien sowie die Frontbox, ein komplexes Technologiemodul, eingebaut. Nachdem sämtliche Hochvolt-Komponenten montiert sind, geht das Gesamtsystem in Betrieb und der Lkw ist fahrbereit. Um die Serienfertigung optimal vorzubereiten, arbeitet die sogenannte Anlaufmannschaft der Produktion eng mit den Entwicklern zusammen. So soll sichergestellt werden, dass die Erfahrungen aus dem Bau der Prototypen in die weitere Entwicklung des Fahrzeugs einfließen. Aktuell werden die Prototypen-Fahrzeuge so seriennah wie möglich am Montageband aufgebaut.

Mercedes-Benz Werke Mannheim, Gaggenau und Kassel liefern Schlüsselkomponenten

Die Komponentenwerke Mannheim, Kassel und Gaggenau spielen bei der Elektrifizierung des Produktportfolios ebenfalls eine wichtige Rolle. Alle drei Standorte befinden sich derzeit – genau wie der Standort Wörth – im Wandel von der Dieseltechnologie zu Kompetenzzentren für elektrische Antriebskomponenten.

Das Mercedes-Benz Werk Mannheim, führendes Werk für Nutzfahrzeugmotoren, nutzt die über 25 Jahre lange Erfahrung des im Werk angesiedelten Kompetenzzentrums für Emissionsfreie Mobilität (KEM) und fokussiert sich auf Batterietechnologien und Hochvoltsysteme. Für den eActros 600 entsteht in Mannheim die sogenannte Frontbox – sowohl in der Prototypenphase als auch in der späteren Serienfertigung. Sie ist ein komplexes, montageintensives Modul für batteriebetriebene Fahrzeuge, mit dem der ehemalige Bauraum des Verbrennungsmotors effizient genutzt wird. In der Frontbox werden mehrere Steuergeräte und Hochvolt-Komponenten sowie der elektrische Luftpresser gebündelt – die Montage aller Einzelkomponenten, von der Rahmenvorbereitung bis hin zu den Hochvoltprüfungen dieser Einheiten, werden im Mercedes-Benz Werk Mannheim durchgeführt.

Das Mercedes-Benz Werk Gaggenau, spezialisiert auf schwere Nutzfahrzeuggetriebe, entwickelt sich derzeit laut Daimler Truck zum Kompetenzzentrum für elektrische Antriebskomponenten weiter. Bereits seit 2021 werden wesentliche Teile für die E-Achse des eActros 300/400 für den Verteilerverkehr und den eEconic in Gaggenau gefertigt. Dies wird auch für zentrale Komponenten der neuen Generation der E-Achse, die den eActros 600 antreiben wird, der Fall sein – aktuell noch prototypisch, später dann in Serie. Es handelt sich in der Hauptsache um mechanische Teile, wie Gaggenau sie bereits seit vielen Jahren für Fahrzeuge mit herkömmlichen Antriebssträngen fertigt: Getriebekomponenten wie Wellen und Räder sowie Gehäuseteile, die Gaggenau nach Kassel liefert, wo die komplette Montage der Achs- und Getriebekomponenten stattfindet.

Montiert werden die E-Achsen im Mercedes-Benz Werk Kassel, dem Kompetenzzentrum für konventionelle Achsen und elektrische Antriebssysteme. Die neue Generation der E-Achse des eActros 600 ist speziell für den Einsatz im Langstreckenverkehr entwickelt worden. Sie verfügt über eine Reihe technischer Neuerungen für höhere Leistung und Effizienz. Ihre Architektur basiert zudem auf einem System mit Auslegung auf 800 anstatt 400 Volt. Aktuell befindet sich das Werk Kassel in der Prototypenphase der E-Achs-Montage für den eActros 600. Für den Serienstart entsteht eine neue Montagelinie inklusive Test- und Prüfstationen der funktions- und sicherheitsrelevanten Merkmale. Genau wie für die E-Achse, die aktuell im eActros 300/400 und eEconic zum Einsatz kommt und die bereits in Kassel gefertigt wird, gilt auch für die neue Generation das „Gleichteile-Prinzip“. Das bedeutet, dass Rumpfachse sowie Radkopf und Bremsenumfänge aus der konventionellen Achse stammen, die das Werk Kassel seit über zwei Jahrzehnten fertigt. Die Komponenten werden hochflexibel auf der konventionellen Montagelinie produziert, sodass das Werk je nach Auftragslage zwischen konventioneller und elektrischer Achse variieren kann.

Der eActros LongHaul wurde erstmals auf der IAA Transportation im Oktober 2022 vorgestellt. Bild: Georg Blenk

Mannschaft wird fit für Elektromobilität gemacht

Im Zuge der Transformation hin zum CO2-neutralen Transport entwickeln die Produktionsstandorte die Belegschaft für die Fertigung von Lkw mit neuen Antrieben kontinuierlich weiter. Dazu gehört auch, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die an Hochvolt-Komponenten oder Fahrzeugen wie dem eActros arbeiten, bestimmte Aus- und Weiterbildungen durchlaufen. Allein im Werk Wörth wurden bis heute 2.700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am standorteigenen Aus- und Weiterbildungszentrum für den Umgang mit Hochvolt-Fahrzeugen und Komponenten ausgebildet.