Arjen Kraaij führt ab Dezember 2025 als CEO die Geschicke der TIP Group. Bild: TIP
Arjen Kraaij, neuer CEO der TIP Group

„Die Generalüberholung gebrauchter Auflieger gewinnt zunehmend an Bedeutung“

Die TIP-Group gehört zu den größten Fahrzeugvermietern in Europa. Das Unternehmen verfügt über 130 Standorte in 17 europäischen Ländern und einer Vielzahl von Service- und Werkstattpartnern. Das  Serviceportfolio erstreckt sich von der Beschaffung, über die Wartung und Reparatur bis hin zum Wiederverkauf von Truck- und Trailer. Dabei gehört die Fahrzeugtelematik, der Pannenservice sowie Angebote zum Schutz vor Schäden am Mietobjekt ebenfalls dazu. Ab Dezember 2025 leitet Arjen Kraaij als neuer CEO die TIP Group und wird Nachfolger von Bob Fast, der das Unternehmen über zwei Jahrzehnte geführt hat. Arjen Kraaij erklärt, warum das Flottenmanagement zum zentralen Hebel für Kapitalrendite, Liquidität und Nachhaltigkeit wird und welche Rolle die Wiederaufbereitung von Trailern spielt.

Wer seine Flotte nicht mehr als reine Kostenstelle betrachtet, sondern als strategisches Instrument, kann Kapital für Wachstum freisetzen. Jede Entscheidung im Flottenmanagement hat heute unmittelbare Auswirkungen auf die Finanzierungsstruktur, das Risikoprofil, die ESG-Bewertung und letztlich auf die Kapitalrendite.

Flottenmanagement sei laut Kraaij längst kein rein operatives Thema mehr. „In vielen Unternehmen zählen die Flottenkosten zu den größten Ausgabenposten. Schon kleine Optimierungen können das Gesamtergebnis spürbar verändern. Deshalb ist das Flottenmanagement heute eine unternehmensweite Aufgabe, vom Fuhrparkleiter bis zum Vorstand.“  Wer die Flotte als Kapitalstrategie begreife, könne Spielräume für Wachstum, Innovation und mehr finanzielle Stabilität schaffen.

Neue Dynamik

Über Jahre galt das Flottenmanagement als berechenbare Funktion. „Die Margen waren stabil, die Lieferantenbeziehungen verlässlich und die Kostenentwicklung planbar“, erinnert sich Kraaij. „Doch das hat sich grundlegend geändert.“ Heute steigen die Preise für Zugmaschinen und Auflieger deutlich an – in manchen Segmenten um 30 bis 40 Prozent. Elektro-Lkw kosten zwei- bis dreimal so viel wie Dieselfahrzeuge, und Wartungskapazitäten werden knapp. „Man kann nicht mehr einfach zum Händler gehen und fünf neue Zugmaschinen bestellen“, erklärt Kraaij. „Unternehmen müssen heute bei jeder Entscheidung sorgfältig abwägen, welche Finanzierungsform wirtschaftlich sinnvoll ist, wie sich Liquidität und Bilanzstruktur optimieren lassen und wie Wartung sowie Verfügbarkeit effizient organisiert werden können.“ Damit wird die Beschaffung von Fahrzeugen zur strategischen Aufgabe, die eng mit Finanzierung, Risikomanagement und Nachhaltigkeit verzahnt ist.

Flottenmanagement als Renditehebel

„Flexible Fahrzeugmodelle sind heute vor allem ein finanzielles Steuerungsinstrument“, sagt Kraaij. „Unternehmen, die auf Kapitalrendite oder Return-on-Assets achten, haben gute Gründe, ihre Bilanz schlank zu halten, denn der gleiche Gewinn lässt sich mit weniger gebundenem Kapital erzielen.“
Immer mehr Transporteure und Spediteure suchten daher Wege, ihre Flotten außerhalb der Bilanz zu finanzieren, etwa über Leasing-, Miet- oder Pay-per-Use-Modelle. Das schaffe Liquidität, senke Risiken und ermögliche die Flottengröße flexibel an den Bedarf anzupassen. Gleichzeitig sorge laut Kraaij die zunehmende Digitalisierung für eine engere Verbindung zwischen operativem Betrieb und finanziellen Ergebnissen.

Daten aus Telematik und Wartungssystemen werden zu einem Hebel für Optimierungen. Performance-Monitoring, vorausschauende Wartung und Analysen zum Lebenszyklus verbessern nicht nur die Verfügbarkeit und Kostenkontrolle, sondern auch die Kapitalplanung.

ESG und Wiederaufbereitung

Nachhaltigkeit sei laut Kraaij zu einem integralen Bestandteil des Flottenmanagements geworden und das nicht nur aus regulatorischen, sondern auch aus ökonomischen Gründen. „Die Einbeziehung von ESG-Kriterien ist mittlerweile selbstverständlich,“ so Kraaij. „Sie zeigt, wie eng wirtschaftliche und ökologische Ziele miteinander verbunden sind.“ So gewinne die Generalüberholung gebrauchter Auflieger beispielsweise zunehmend an Bedeutung und wird bereits in vielen Flotten umgesetzt. „Refurbishment ist eine Managemententscheidung“, so Kraaij. Daraus ergeben sich auch neue Geschäftsmodelle für Nfz-Werkstätten. Nur sie sind in der Lage eine professionelle Generalüberholung durchzuführen.

Angesichts hoher Anschaffungs- und Finanzierungskosten ist die Aufarbeitung von Bestandsfahrzeugen eine wirtschaftlichere Alternative zum Neukauf und reduziert zugleich CO₂-Emissionen, die bei der Produktion entstehen.

Sale and Rentback

Ein bewährtes Konzept, das von TIP-Kunden nachgefragt wird, sei die Kombination eines Refurbishments mit einer Sale-&-Rentback-Lösung. „Dabei kaufen wir die sechs- bis siebenjährigen Aufliegern unserer Kunden an, arbeiten sie auf und vermieten sie zu fixen monatlichen Raten wieder an unsere Kunden zurück. Investitions- und Zinsaufwand sinken, während Kapital für andere Prioritäten frei bleibt.“

Refurbishment-Konzepte könnten darüber hinaus ebenso in langfristige Mietverträge integriert werden. „Wir kombinieren Mid-Life-Refurbishment beispielsweise mit 15-Jahres-Verträgen, in denen die Generalüberholung im achten Jahr fest eingeplant ist“, erläutert Kraaij. „So sind Kosten und Leistung über den gesamten Lebenszyklus in die Mietraten mit einkalkuliert und für unsere Kunden besser planbar.“