Zur Zukunft von Kfz-Betrieben

Wer bleibt auf der Strecke?

Ohne Zweifel wird es bei Autohäusern und Werkstätten eine Konsolidierung geben. Und dennoch gibt es keinen Grund nur schwarz zu sehen, meint Chefredakteur Torsten Schmidt in seinem Kommentar.

Torsten Schmidt, Chefredakteur der krafthand

Der Branchengipfel des Instituts für Automobilwirtschaft Mitte Oktober zeigte, vor welchen Umwälzungen der Vertragshandel steht und welche dicken Bretter es dort zu bohren gibt – in Hinblick sowohl auf den Autohandel als auch das Aftersales-Geschäft. Dabei überraschte weniger die von OEM-Vertretern nochmals klar gemachte Strategie, den Direktvertrieb übers Internet ohne Wenn und Aber voranzutreiben, als vielmehr die ohne Umschweife getroffene Aussage der Stellantis-Vertriebschefin für Europa: Es werden Vertragspartner auf der Strecke bleiben.

In diese Kerbe schlug auch Arnd Franz, CEO der Stahlgruber-Muttergesellschaft LKQ Europe. Er meint, die Anzahl der Markenbetriebe halbiere sich bis 2040. Da stellt sich mir die Frage: Wird der freie Markt davon profitieren? Meine Antwort lautet: nein. Weil der steigende Bestand an E-Autos nun mal Veränderungen im Reparatur- und Ersatzteilbedarf mit sich bringt. Demnach prognostiziert Franz, dass ab 2030 auch bei den unabhängigen Werkstätten mit einer Konsolidierungswelle zu rechnen ist.

Aber ist das ein Grund Schwarz zu malen? Ich denke nicht. Denn wie ich schon einmal geschrieben hatte, ist es für mich keineswegs ausgemacht, dass der Service- und Reparaturbedarf an E-Autos derart stark zurückgehen wird, wie Pessimisten glauben. Im Gegenteil: Der eine oder andere E-Autofahrer wird sich noch wundern, welche Werkstattrechnungen er bekommt. Etwa für eine defekte Hochvoltbatterie.

Der HV-Akku ist im Übrigen ein Bauteil, das für Franz lukrative Umsätze verspricht. So rechnet er, dass um 2030 etwa 70 Millionen Autos damit unterwegs sein werden. Daraus ergebe sich ein Reparatur-/Ersatzbedarf von 1,1 bis 1,4 Millionen Akkus pro Jahr, vorausgesetzt diese verlieren nach zehn, zwölf Jahren an Leistung. Ein Milliardengeschäft also, bei dem LKQ mitmischen will – indem es zeitwertgerechte (Reparatur-)Lösungen anbietet und zugleich freie Betriebe befähigt, in der sich ändernden Kfz-Servicewelt ihren Platz zu behaupten.

Dabei spielt dem Aftermarket der Faktor Zeit in die Karten. Denn die Millionen noch lange laufenden Verbrenner garantieren über Jahre hinweg weiter gute Umsätze und verschaffen Zeit für die Transformation. Damit stehen freie Werkstätten zunächst weniger unter Druck als ihre Markenkollegen. Klar ist aber auch: Wer sich in falscher Sicherheit wiegt und künftige Herausforderungen halbherzig und zögerlich anstatt
aktiv und rechtzeitig angeht, wird der von Franz vorausgesagten Konsolidierungswelle nicht entkommen.

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