Porträt

Rennsport trifft auf Werkstattalltag

Guido Keller ist Kfz-Meister mit eigener freier Werkstatt in Oberbayern. Der umtriebige Kfz-Profi repariert aber nicht nur moderne Autos und Oldtimer. Er hat in völliger Eigenregie ein Rennauto konstruiert und gebaut. Gute Gründe für KRAFTHAND, ihm einen Besuch abzustatten.

Auto-Sport Keller
Ein wichtiger Teil des Tagesgeschäfts bei Auto-Sport Keller ist die Betreuung klassischer Automobile. Bild: Keller

Auto-Sport Keller sitzt in einem Industriegebiet im bayerischen Wolfratshausen. Der überschaubare Betrieb mit zwei Hebebühnen lässt auf den ersten Blick nicht erahnen, was für ein umfangreiches Betätigungsfeld Guido Keller abdeckt. Er selbst hat seine Ausbildung zum Kfz-Mechaniker in einer BMW-Vertretung absolviert und dort 1993 mit 23 Jahren seinen Meister und Techniker gemacht. Im Jahr 2009 folgte der Schritt in die Selbstständigkeit, den er laut eigener Aussage nie bereut hat.

„Die Perfektion, die man im Rennsport braucht, wenden wir auch bei allen Kundenfahrzeugen für die Straße an.“

Der Marke ist er bis heute stark verbunden, doch auch Fahrzeuge anderer Hersteller werden mit modernster Diagnosetechnik „behandelt“. Praktisch ist für ihn die Nähe zum Ersatzteillieferanten Konrad im gleichen Gebäude direkt neben ihm. „Ich gehe einfach durch die Tür und gebe meine Bestellungen auf. Entsprechend schnell sind die Teile dann da, denn Lieferung oder Abholung fallen ja weg“, erklärt Keller.

Zweites Standbein Oldtimer

Durch seine umfangreiche Erfahrung mit bayrischen Fahrzeugen ist Keller seit Langem in der Oldtimer-Szene unterwegs. „Die alten BMWs kenne ich in- und auswendig. Da habe ich das große Glück, einen treuen Kundenstamm zu haben, der mir vertraut. Nicht nur hier, sondern auch bei Old- und Youngtimer-Veranstaltungen, wo ich oft als Betreuer der Fahrzeuge im Einsatz bin“, schildert er. Doch nicht nur Privatleute schätzen seine Kompetenz, er ist auch externer Betreuer bei BMW-Classic, wo er sich um die historischen Rennfahrzeuge kümmert.

Keller betont jedoch, dass bei ihm alle Marken gut aufgehoben seien. Ein Blick in seine Werkstatt bestätigt das: Neben BMWs tummeln sich hier außerdem Fahrzeuge von Alfa Romeo, Mercedes und Porsche. „Wichtig ist mir, dass bei allen Fahrzeugen, egal ob alt oder neu, auf die Details geachtet wird. Das habe ich schon von Jugend an im Rennsport gelernt. Die dort benötigte Perfektion versuche ich immer auch auf die Arbeit an Straßenfahrzeugen zu übertragen und ich glaube das klappt ganz gut“, stellt er fest.

„Hans Pfeffer und ich wollten ein kompromissloses Rennauto bauen. Leider konnte er das Endergebnis nicht mehr erleben, aber wir haben das in seinem Sinne hingebracht.“

Der Motorsport ist in seiner Werkstatt allgegenwärtig. An einer Wand hängen neben vielen Bildern der rennsportlichen Vergangenheit und Gegenwart des Chefs auch einige Siegerkränze und eine leicht ondulierte Nase mit Frontspoiler eines Formel-ADAC-BMW aus den frühen 90er Jahren. Angefangen hat alles mit einer Seifenkiste. Diese steht heute wohlbehütet neben seinem Einsatzauto. „Im Motorsport bin ich seit 1986 aktiv. Ich habe ganz klassisch im Kart angefangen und mich dann später in der Formel König, Formel ADAC BMW und verschiedenen Tourenwagen- und Langstreckenmeisterschaften versucht“, erzählt er. Heute ist Keller vorrangig in Slaloms und bei Bergrennen aktiv. „Zum Berg hat mich vor allem der leider verstorbene Georg Plasa gebracht, mit dem ich sehr gut befreundet war“, schildert er. „Ein Stück weit hat er mich auch zum Bau meines aktuellen Fahrzeugs inspiriert.“ Der mehrfache Berg-Europameister Georg Plasa war 2011 bei der Coppa Bruno Carotti im italienischen Rieti tödlich verunglückt. Er kam mit seinem selbst aufgebauten BMW-134, der von einem Judd-V8-Formel-1-Motor angetrieben wurde, von der Strecke ab und prallte mit über 200 km/h nahezu ungebremst gegen eine Felsmauer.

Das Beast

Nachdem Keller einige Jahre einen 3er BMW Compact eingesetzt hat, reifte die Idee, ein extremes Fahrzeug auf die Räder zu stellen. Er erinnert sich: „Zusammen mit meinem engen Freund Hans Pfeffer wollten wir damals ein neues Auto aufbauen. Es sollte leicht, schnell und kompromissloser als der 3er werden. Hans brachte dann den Smart Roadster ins Spiel. Zuerst erschien mir das als etwas seltsam, ein Smart war für mich alles nur kein Rennauto.“ Doch Pfeffer überzeugte ihn, da das Auto einige für ein Rennauto vorteilhafte Konstruktionsmerkmale besitzt. Mit gerade einmal 1,10 Meter Höhe und Mittelmotor hat das Fahrzeug schon im Original einen tiefen Schwerpunkt. Dazu kommen der Heckantrieb und ein sehr geringes Gewicht. Prinzipiell also eine gute Basis. „Zudem ließ das Reglement den Einsatz eines sogenannten Silhouetten-Fahrzeugs zu, also ein Auto, das äußerlich wie ein Straßenfahrzeug aussieht, innen jedoch ein reinrassiges Rennauto ist. Dazu kommt, dass man den Smart aufgrund seiner Bauweise leicht zerlegen und die Außenhaut gut zum Abformen der Karosserie verwenden konnte. Denn vom Straßenauto hat unser Auto lediglich die Erscheinung und die Abmaße“, erläutert der Kfz-Profi.

Unter der Karosserie aus Kohlefaser steckt ein Gitterrohrrahmen und eine Sicherheitszelle, die ebenfalls aus Kohlenstoff-Verbundwerkstoff hergestellt ist. Das Gitterrohrchassis nimmt dann die Fahrwerkskomponenten auf. Die liegend verbauten Dämpfer werden wie im Formel-Rennwagen über Push-Pull-Rods angelenkt. Der Fahrer sitzt mittig im Fahrzeug, also auch eher wie in einem Monoposto als in einem Sportwagen. Die Lenkung wird noch rustikal direkt ohne Servounterstützung bedient, man braucht also ordentlich Kraft in den Armen.

Vierrädriges Superbike

Den Vortrieb liefert ein spezieller Treibsatz. „Aufgrund meiner Verbundenheit zu BMW musste in den Smart ein bayrischer Motor rein“, schmunzelt Keller. Dieser entstammt jedoch keinem Automobil, sondern aus dem Superbike Rennmotorrad BMW S1000RR. Das von Alpha Racing präparierte Aggregat leistet im gerade einmal 620 Kilogramm leichten Smart 207 Pferdestärken.

Leider sollte Hans Pfeffer die Fertigstellung des außergewöhnlichen Projekts nicht mehr erleben. Ohne seinen engen Freund ließ Keller die Arbeit am Smart für etwa ein Jahr ruhen. Doch er wollte ihn unbedingt fertigstellen, für sich und auch für seinen Freund Hans. Unterstützung fand er bei Christian Allkofer, einst Lehrling bei Hans Pfeffer und heute Inhaber der Firma Allkofer Rennsporttechnik, spezialisiert auf Renn-Auspuffanlagen und Überrollkäfige. Zusammen stellten sie den Smart auf die Räder. Die Karosseriebauteile und das Aerodynamik-Kit stammen von Floßmann Auto Design, einer Firma, die Aerodynamik-Kits aus Verbundwerkstoffen für den Rennsport herstellt.

Erfolgreiche Feuertaufe

Das schönste Rennauto nützt nichts, wenn es in der Garage steht. Deshalb wurde der Smart in der letzten Saison in der deutschen Amateur-Bergmeisterschaft und einigen Slaloms eingesetzt. Vor allem am Berg konnte der Smart überzeugen und so sicherte sich Keller den deutschen Meistertitel 2019. In der Saison 2020 wollte er seinen Titel eigentlich verteidigen, doch die Corona-Pandemie machte ihm einen Strich durch die Rechnung. So warten er und sein Beast noch auf ihr diesjähriges Roll-Out. Sobald Motorsport wieder möglich ist, sind die beiden startklar.

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