Schäden an Ventilloch von Rädern

Der Gummiventilstreit

Ein Experte warnt vor Undichtigkeiten, wenn RDKS-Sensoren mit Gummiventilen zum Einsatz kommen. KRAFTHAND hat mit ihm darüber gesprochen und bei einem Hersteller von Ventilen und RDKS-Sensoren nachgefragt, ob diese Problematik tatsächlich besteht.

Montage eines Gummiventils mit RDKS-Sensor im vorgeschriebenen 90°-Winkel. Bild: Blenk
Dieser Beitrag ist Teil des Spezials: Rad & Reifen.

Bei normalen Rädern ohne RDKS-Sensor sind Gummiventile kein Problem, wenn fachgerecht montiert wird – was auch nicht immer der Fall ist. Aber dazu später mehr. Bei Rädern mit RDKS zeichnet die Praxis ein anderes Bild, so Thomas Zink, Vertriebs- und Schulungsleiter bei dem Unternehmen Auswuchtwelt, das unter anderem zum Thema RDKS schult und Wucht-, Montage- sowie anderes Werkstattequipment vertreibt. Ihm zufolge können Gummiventile in Verbindung mit einem RDKS-Sensor zu Undichtheiten führen. KRAFTHAND wollte von ihm wissen, wo das Problem liegt.

„Bei einem Gummiventil mit Sensor kann es während der Fahrt auf beiden Seiten des Ventillochs durch Zentrifugalkräfte zu einer Bewegung kommen, die zu Auswaschungen am Ventilloch des Rads führen.“Thomas Zink von Auswuchtwelt

Porträt Thomas Zink
Thomas Zink, Vertriebs- und Schulungsleiter bei der Auswuchtwelt: „Bei der Problematik undichter Räder durch Gummiventile in Verbindung mit RDKS-Sensoren geht es nicht nur um ein paar Felgen, sondern nach meiner Einschätzung um eine Größenordnung im sechsstelligen Bereich. Bild: Auswuchtwelt

Zink sagt dazu: „Bei einem Gummiventil mit Sensor kommt es während der Fahrt auf beiden Seiten des Ventillochs durch Zentrifugalkräfte zu einer Bewegung. Das heißt, zum einen bewegt sich das Gummiventil, wie es auch ohne RDKS-Sensor der Fall ist, und zum anderen kommt es durch das Gewicht des Sensors zu zusätzlichen Bewegungen. Dadurch arbeitet das Gummiventil im Felgenloch. Im Lauf der Zeit kommen Brems- und anderer Staub zwischen Gummi und Felgenmaterial. Letztlich reibt dies wie Schmirgelpapier und das Ventilloch weitet sich. Undichtigkeiten und ein schleichender Luftverlust sind die Folge.“

Achtung bei der Ventilmontage

Vor diesem Hintergrund kommt die Frage auf: Hat es schon Fälle gegeben, in denen das Ventil aufgrund der Schwingungen beidseits des Lochs abgerissen ist? Schließlich ist Gummi weicher als Alu oder Stahl. Solche Extremfälle seien dem Experten aber noch nicht zu Ohren gekommen. Wobei er in diesem Zusammenhang Werkstätten den eindringlichen Tipp gibt, darauf zu achten, Gummiventile immer sorgfältig einzuziehen. Denn dabei werden Ventile oft schon geschädigt. „Wie früher, einfach mit Montagepaste einschmieren und irgendwie einziehen, das geht nicht mehr“, erklärt Zink.

„Das Ventil muss unbedingt im 90°-Winkel, also gerade eingezogen werden. Wird es schräg eingezogen, ist die Gefahr groß, dass die Dichtlippen beschädigt werden.“ Zudem: Bei einem Ventil mit RDKS-Sensor wirke sich ein schräges Einziehen noch deutlicher aus, da dann der Sensor innen am Tiefbett anliege und es somit zu mehr Druck auf den Gummi komme. Die Gefahr einer Überdehnung und (Vor-)Schädigung sei entsprechend größer. Doch zurück zur Ursprungsthematik.

Metallventile oder was?

KRAFTHAND fragte den Hersteller von Ventilen und RDKS-Sensoren Alligator, was seine Experten zu der von Zink angesprochenen Problematik sagen: Dort zeigt man sich verwundert und kann sich nicht vorstellen, dass Ventillöcher der Felgen Schaden nehmen, wenn ein RDKS-Sensor in Verbindung mit einem Snap-in-Ventil verbaut wird (siehe dazu Statement am Textende).

Unabhängig davon: Zink bleibt bei seinen Aussagen, die sich einerseits auf eigene Erfahrungen stützen und die er sich andererseits durch Gespräche mit einem Felgenhersteller und verschiedenen Reifenbetrieben/Werkstätten hat bestätigen lassen. So wurde ihm von Praxisfällen berichtet, bei denen die „ausgewaschenen Ventillöcher“ innerhalb von drei bis vier Wochen zu Luftverlusten von 0,4 oder 0,5 bar geführt hätten.

Das Problematische daran: Nicht in jedem Fall wurde gleich erkannt, woher die Undichtheit rührt. Bei den Fällen aus eigener Erfahrung handelte es sich stets um Aluräder (siehe Bild unten). Jedoch habe er schon davon gehört, dass das Problem auch bei Stahlrädern aufgetreten sein soll.

„Aus rein werkstofftechnischer Sicht dürfte eine mechanische Schädigung eines Stahl- beziehungsweise Aluminiumrads durch ein weicheres Gummiventil per se auszuschließen sein.“ Jürgen Kinzler von Alligator

Interessant ist seine Aussage, dass zwei namhafte und große Reifenketten, deren Namen er nicht nennen möchte, ihm gegenüber bestätigt hätten, die Problematik zu kennen. Deshalb würden sie ihren Filialen beziehungsweise Partnerbetrieben raten, von der Verwendung von Gummiventilen bei RDKS-Sensoren abzusehen und generell auf Metallventile zu setzen.

Was tun bei undichtem Ventilloch?

In Fällen geschädigter Ventillöcher braucht es allerdings nicht gleich ein neues Rad. Zink sagt: „Setzt man ein Metallventil ein, ist die Dichtheit wieder gewährleistet.“ Jedenfalls sei das seine persönliche praktische Erfahrung. Wichtig sei nur, das angegriffene Ventilloch ordentlich zu reinigen. Allerdings nicht mit Schmirgelpapier oder ähnlichem, sondern etwa mit geeigneten Bürsten. So kenne er einen Reifenbetrieb, der dazu eine Pfeifenbürste hernehme.

In diesem Zusammenhang verweist er zum Abschluss des Gesprächs darauf, dass seiner Meinung nach das Thema Reifenmontage und RDKS in den Werkstätten oft stiefmütterlich behandelt und nicht die notwendige Sorgfältigkeit an den Tag gelegt würde.

 

Gastkommentar

Jürgen Kinzler, Geschäftsfeldleiter Aftermarket ­bei Alligator über Veränderungen der ­Ventilloch-­Umgebung bei Einsatz ­eines ­RDKS-Sensors mit Gummiventil

Jürgen Kinzler im Porträt
Bild: Alligator

Mechanische Schädigungen der Ventilloch-Umgebung beim Einsatz eines RDK-Sensors mit zugehörigem Snap-in-Ventil sind uns in der mehr als 20-jährigen Entwicklungszeit von RDKS-Ventilen sowie seit Einführung des sens.it RDK-Sensors im Jahr 2010 gänzlich unbekannt. Im Hause Alligator werden bei Snap-in-Ventilen seit Jahrzehnten serienbegleitend sogenannte Langzeit-, Biege-Wechsel- oder Spin-Tests durchgeführt. Diese simulieren die Lastwechsel und Vibrationen der Bauteile nach Einbau in eine Vielzahl verschiedener Pkw-Räder in der Regel mit deutlich ­härteren Vorgaben als im späteren Feldeinsatz tatsächlich gefordert.

Darüber hinaus dürfte aus rein werkstofftechnischer Sicht eine mechanische Schädigung eines Stahl- beziehungsweise Aluminiumrads durch ein weicheres Gummiventil per se auszuschließen sein. Als Hersteller möchten wir aber an dieser Stelle nochmals die klare Vorgabe herausstreichen, dass (RDKS) Snap-in-Ventile grundsätzlich bei jedem Reifenwechsel zu ­tauschen beziehungsweise zu erneuern sind.

 

Ein Kommentar

  • Josef Welter

    Guten Morgen, mit diesem Problem, andauernder Druckverlust und daraus resultierende Wechsel der Ventileinsätze, schlage ich mich seit ca. 2 Jahren rum. Helfen kann meine Werkstatt nicht ,außer neuen „Schrott“ einbauen der meist nach kurzer Zeit wieder Luft verliert und nachpumpen in rel. kurzen Zeitabständen nötig macht. Wer zwingt einem eine solche mangelhafte Technik auf in Zeiten wo wir zum Mond fliegen. In 50 Jahren Auto fahren ohne RDKS habe ich keine Luft verloren und regelmäßig kontrolliert. Was wäre eine dauerhafte Lösung des sehr nervigen Problems, ausser wieder normale Ventile zu fahren,was ich in Erwägung ziehe.

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