Vernetzte Fahrzeuge: Bedrohung für den freien Markt

Hartmut Röhl auf dem GVA-Kongress 2016: "Die Spannung zwischen freiem Markt und Fahrzeugherstellern nimmt zu. So wächst die Gefahr, dass die Fahrzeughersteller die neuen Möglichkeiten des Digitalzeitalters als einen weiteren Hebel nutzen, um fairen Wettbewerb im freien Wettbewerb im Kfz-Ersatzteil- und Servicemarkt auszuschalten." Bild: GVA

Eine der maßgeblichen Botschaften auf den Jahreskongress des Gesamtverbands Autoteilehandel (GVA) in Hannover waren die Themen Digitalisierung und vernetzte Fahrzeuge. Das Thema Vernetzung schlägt so große Wellen, dass die derzeit vielversprechende wirtschaftliche Lage fast schon in den Hintergrund tritt.

Dennoch äußerte sich GVA-Präsident Hartmut Röhl dazu und resümierte: "Es sieht gut aus." Mit Sorge betrachtet er allerdings die Herausforderungen durch vernetzte Fahrzeuge. So wächst seinen Worten zufolge die Gefahr, dass die Fahrzeughersteller die neuen Möglichkeiten des Digitalzeitalters als einen weiteren Hebel nutzen, um fairen Wettbewerb im Kfz-Ersatzteil- und Servicemarkt auszuschalten.

Bereits schon heute würden einige Fahrzeughersteller Anwendungen im Bereich Fahrzeugvernetzung zur gezielten Steuerung der Autofahrer in das jeweilige Markenhändlernetz nutzen. Und wenn ab April 2018 der elektronische Notruf eCall für neue typgeprüfte Fahrzeuge Pflicht wird, hat quasi jedes ab dann homologierte Fahrzeug automatisch auch die Infrastruktur für ein Telematiksystem an Bord. Bei Fahrzeugen mit einer solchen Technologie lassen sich in Echtzeit Informationen über den ‚Gesundheitszustands‘ des Automobils an den Server des jeweiligen Fahrzeugherstellers übertragen, sodass dieser dem Fahrer oder dem Halter gezielt Angebote für anstehende Wartungen oder notwendige Reparaturen unterbreiten kann.

Monopolstellung der Fahrzeughersteller droht
Einfach ausgedrückt heißt das: Durch die Fahrzeugvernetzung haben die Hersteller erstmals direkten, permanenten Zugang zum Fahrzeug und zum Autofahrer. So warnte Sylvia Gotzen, Generalsekretärin des europäischen Interessenverbandes des Teilehandels (FIGIEFA), in ihrer Rede vor den Kongressteilnehmern davor, dass die Fahrzeughersteller die neuen technischen Möglichkeiten zur Monopolisierung des Kfz-Aftermarket einsetzen können. Deshalb setze sich ihr Verband und der GVA für europäische Regeln rund um das vernetzte Auto ein.

Schließlich sehen die Automobilhersteller durch die direkte Datenerfassung am Auto und den direkten Draht zum Kunden die Chance, (verlorene) Marktanteile im Teile- und Servicemarkt zu gewinnen. Um dem vorzubeugen, braucht es einen freien Zugang zu den im Fahrzeug anfallenden servicerelevanten Daten sowie eine offene Datenplattform, über die nicht der jeweilige Fahrzeughersteller die Hoheit hat, sondern auf die jeder freie Marktteilnehmer zugreifen kann.

Wie eine solche Plattform aussehen könnte, stellte Alexander Haid von TecAlliance mit dem Projekt Caruso vor. Die gleichnamige Plattform solle allen interessierten Akteuren offenstehen und ein standardisiertes technisches „Ökosystem“ für Anwendungen rund um die Fahrzeugvernetzung schaffen. GVA-Präsident Hartmut Röhl betonte in seinem anschließenden Fazit, dass eine geeignete Lösung aus Sicht des freien Marktes nur auf einer offenen, interoperablen Telematikplattform basieren kann, die allen Akteuren gleichermaßen Zugriff auf die Daten im Fahrzeug ermöglicht und das genau in dem Umfang, den der Autofahrer festlegt. Nur so würde verhindert, dass die Autofahrer zu Gefangenen der Fahrzeughersteller werden.

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