Lichttechnik

Neue technische Lösungen

Viele Experten halten nicht die LED für die größte Errungenschaft des zurückliegenden Jahrzehnts, sondern das blendfreie Fernlicht. Die erste Umsetzung dieser Technik in Modellen von Volkswagen und Volvo ist noch auf Xenon-Basis realisiert worden. Die Technik bringt stets so viel Licht auf die Straße, wie es ohne Blendung anderer Verkehrsteilnehmer möglich ist.

In Richtung entgegenkommender Fahrzeuge wird das Fernlicht ausgeblendet. Bei Xenonsystemen und vergleichbaren LED-Modulen nach dem Projektionsprinzip geschieht das über eine Walze, die die Lichtquelle mehr oder ­weniger abdeckt. Eine relativ neue Entwicklung sind die ­Matrixscheinwerfer, bei denen einzelne LEDs in Richtung des Gegenverkehrs einzeln oder in Gruppen ausgeschaltet werden können. Selbstverständlich kann der Fahrer auch jederzeit manuell abblenden.

Blendfreies Fernlicht benötigt zwingend ein Kamerasystem zur Steuerung. Es stellt nicht nur eine deutliche Verbesserung des Komforts dar. Wegen des weitaus höheren Fernlichtanteils ist der Sicherheitsgewinn auch höher. Während herkömmliches, manuelles Fernlicht in Mitteleuropa nur bei rund drei bis fünf Prozent der Nachtfahrten eingesetzt wird, erreicht der Anteil des automatisierten, blendfreien Fernlichts (vertikale Hell-Dunkel-Grenz) bis zu 80 Prozent. Leider liegt diese Lichttechnik bei Neuwagenkäufer nicht so stark im ­Fokus wie LED-Licht an sich. Hier ist noch Potenzial nach oben. Was den Service angeht, stellt die Technik erhöhte Ansprüche an die Scheinwerfereinstellung.

Deutlich bessere Sicht: Herkömmliches ­Abblendlicht (1) im Vergleich zur Ausleuchtung der ­Fahrbahn mit Hilfe des Kurvenlichts (2). Bild: Hella

Als Vorläufer des blendfreien Fernlichts gelten ­adaptive Lichtsysteme (AFS = Advanced Frontlighting ­Systems). Sie leuchten die Fahrbahn je nach Örtlichkeit unterschiedlich aus. In der Stadt strahlen die Scheinwerfer breiter. Auf der Landstraße tun sie das praktisch wie gewohnt, während auf der Autobahn eine größere Reichweite erzielt wird. Die Entscheidung, welche Lichtverteilung wann verwendet wird, fällt die elektronische Steuerung noch recht ‚bodenständig’, nämlich nach der Geschwindigkeit.

Die Zukunft wird ausgeklügeltere Verfahren bringen. Beispielsweise wird die Steuerung der Beleuchtungsanlage mit Hilfe von Geodaten kommen. Die über das Navigationssystem, beziehungsweise das GPS (später evtl. Galileo) ermittelte Position wird dem jeweiligen Steuergerät übermittelt. Dieses wählt die exakte, dem Gelände angepasste Lichtverteilung. Auch das Kurvenlicht lässt sich über diese Geodaten präziser steuern. Noch bevor der Fahrer über das Lenkrad eine Kurve ansteuert, können die Scheinwerfer sie schon ausleuchten.

Mit und ohne AFS: Der Vergleich zeigt deutlich den Vorteil der adaptiven Lichtverteilung mit Stadtlicht (oben) gegenüber dem üblichen Abblendlicht (unten). Bild: Hella

Die Anbieter von Kartendaten arbeiten derzeit sogar spezielle Informationen für die Lichtsteuerung in ihre Produkte ein. Dazu gehören Angaben, ob die Straße in eine Senke führt oder sich einer Kuppe nähert. Entsprechend können Scheinwerfer angehoben oder gesenkt werden. Das verschafft dem Fahrer eine bessere Sicht und reduziert die Blendung des Gegenverkehrs. Audi hat bereits mit der Ausstattung begonnen.

Weitere Assistenten

Selbst kleine Pkw verfügen heutzutage in den meisten Fällen über einen Lichtsensor. Dieser erfasst allerdings nur die Umgebungshelligkeit. Die Information wird genutzt, um in der Dämmerung, in Tunnels oder beim Durchfahren langer Unterführungen rechtzeitig von Tagfahrlicht auf Abblendlicht umzuschalten. Dies ist eine dringend nötige Funktion, denn oftmals unterließen Autofahrer früher das manuelle Umschalten in diesen Situationen. Dieser Umstand hat übrigens Volvo in den 1980er-Jahren dazu bewegt, die damals bereits für die skandinavischen Märkte übliche Ausrüstung mit Tagfahrleuchten wieder aufzugeben und auf automatisches Einschalten des Abblendlichts überzugehen.

Künstliche Straße: Ein Lichtkanal ist bei der Entwicklung ­moderner Scheinwerfer ­unerlässlich. Bild: ZKW

Der Lichtsensor, auch Dämmerungssensor genannt, steuert meistens noch weitere Funktionen wie beispielsweise das dynamische Kurvenlicht. Bei Tag werden die Module nicht geschwenkt. Wundert sich der Autofahrer, dass beim Öffnen der Kofferraumhaube bei Dunkelheit die Rückleuchten automatisch eingeschaltet werden, so ist ebenfalls der Lichtsensor für diese Funktion verantwortlich.

In Fahrzeugen der Mittel- oder Oberklasse übernimmt oftmals eine Frontkamera die Funktion des Lichtsensors. Kamerasysteme steuern auch den Fernlichtassistenten, der automatisch zwischen Abblend- und Fernlicht umschaltet. Seine Aufgabe darf nicht mit dem blendfreien Fernlicht verwechselt werden. Reine Fernlichtassistenten werden heute in Neufahrzeugen so gut wie gar nicht mehr eingesetzt.

Segmentweises Ausblenden: Das blendfreie Fernlicht von Hella sorgt dafür, dass die Lichtkegel in Richtung entgegenkommender Fahrzeuge ausgeblendet werden. Bild: Hella

Auch das sogenannte Schlechtwetterlicht ist ein Auslaufmodell. Das ist der Fall, obwohl einer Untersuchung der Universität Paderborn zufolge, sich nach wie vor viele Autofahrer eine solche Funktion wünschen. Die zeitweise angebotenen Lösungen veränderten die Lichtverteilung dergestalt, dass sie im Vorfeld breiter und im mittleren Bereich zurückgenommen wurde.

Die Verbesserung der Sicht war deutlicher zu spüren als bei konventionellen Nebelscheinwerfern. Allerdings war sie nicht so überragend, dass sie Autofahrer als ähnlichen Fortschritt empfunden haben wie beispielsweise den Übergang von Halogenlicht zu einem neueren System. Noch in der Entwicklung stehende, fein aufgelöste Lichtsysteme, könnten wieder eine Schlechtwetter­funktion haben.

Tendenziell erfüllen auch Nebelscheinwerfer seltener ihren ursprünglichen Zweck. In manchen Fahrzeugen sind sie lediglich zu Designelementen verkommen.

Blendfreies Fernlicht: Die Scheinwerfer des Audi A5 Coupé können mittels zweier dunkler ‚Kanäle‘ Licht wegnehmen und so eine Blendung verhindern. Bild: Audi

Aus der sinkenden elektrischen Leistung der verbauten Glühlampen sollte man allerdings keine voreiligen Schlüsse ziehen. Die speziell für diesen Anwendungsbereich entwickelte H8-Lampe kann aus 35 Watt einem Nebelscheinwerfer ähnliche Performance verleihen, wie zuvor die 55 Watt starke H3.

 

Laserlicht: Ein Plättchen Leuchtstoff wandelt den Laserstrahl in nutzbares Licht um. Über einen Reflektor gelangt es auf die Straße. Bild: BMW

Tipp: Erklären Sie Ihren Kunden die Funktion des Lichtsensors und damit zusam­menhängenden Funktionen. Auch bei ­Käufern von Gebrauchtfahrzeugen ist dies dringend notwendig!

Laserlicht

Eine Zeit lang erregte das Laserlicht große Aufmerksamkeit. Nun sollte aber niemand davon ausgehen, dass die Straße dabei mittels eines Laserstrahls beleuchtet würde. Das punktförmige Licht eines Lasers ist für Beleuchtungszwecke schlicht ungeeignet. Vielmehr nutzen die Scheinwerferhersteller es, um ein ‚Plättchen’ eines Leuchtstoffs zum Strahlen zu bringen. Dies ist dann die eigentliche Lichtquelle.

Das Laserlicht ist Zukunftsmusik. Eine wesentlich höhere Leistung wie bei Xenon ist nicht zu erwarten. Das Potenzial liegt eher beim Design und Packaging, sprich der Unterbringung der Komponenten im Auto. So muss beim Laserlicht der eigentliche Laser nicht in der Nähe der Scheinwerfer sitzen.

Matrixlicht

Erst die LED-Technik hat einen gänzlich neuen Typ Scheinwerfer möglich gemacht, den Matrixscheinwerfer. Das Licht liefert nicht nur aus einer Lichtquelle, sondern aus einer Vielzahl von Leuchtdioden. Sie sind ­praktisch in Zeilen und Spalten angeordnet, also einer Matrix.

Jede der Leuchtdioden ist einzeln ansteuerbar und aus der Vielzahl von Kombinationen ergeben sich eine Menge unterschiedlicher Lichtverteilungen. Das Ganze funktioniert völlig ohne Mechanik. Es lassen sich nicht nur jeweils das passende Licht für Stadt-, Land- und Autobahnfahrten erzeugen, sondern auch Kurven ausleuchten.

Im Zusammenhang mit der Matrixtechnik lässt sich ebenfalls komfortabel ein blendfreies Fernlicht realisieren. Es können sogar mehrere Zonen dynamisch aus- oder eingeblendet werden. Die dazugehörigen Leuchtdioden werden einfach ab- oder angeschaltet. So kann der Scheinwerfer beispielsweise zwei ‚dunkle Kanäle‘ erzeugen, wenn beispielsweise mehrere Fahrzeuge in einer Rechts- oder Linkskurve entgegenkommen.

Ein und aus: Beim Matrixlicht sind einzelne LEDs oder LED- Pakete für eine genaue definierte Ausleuchtung der Straße zuständig. Im Bild das System des Opel Astra. Bild: Opel

In der Praxis bewegt sich ein Pkw auf Landstraßen bis zu 70 Prozent der Zeit mit blendfreiem Matrix- ­beziehungsweise Fernlicht. Mit einem kameragesteuerten Assistenten für herkömmliches Fernlicht sind maximal 40 Prozent möglich. Bei manuellem Auf- und Abblenden kommen selbst versierte Fahrer nicht über 20 Prozent. Tatsächlich sind mitteleuropäische Autofahrer nur unter fünf Prozent der Fahrzeit mit Fernlicht unterwegs.

Matrixlicht hat noch einen weiteren Vorteil. Weil immer nur so viele Leuchtdioden aktiviert sind wie tatsächlich erforderlich, ist der Energieverbrauch niedriger als bei Projektionsscheinwerfern in LED-Technik. Die Projektionsscheinwerfer liefern nämlich stets das volle Licht, von dem Teile dann ‚lediglich‘ abgeschattet werden.
Es existierten anfangs aber auch Nachteile.

Vor ­allem bei ersten Versionen des Matrixlichtes war die Ausleuchtung nicht so homogen wie es Autofahrer von Xenonlicht gewohnt waren. Die Grenzen der Leucht­bereiche der einzelnen Leuchtdioden waren noch schwach erkennbar. Experten sprachen vom Schachbretteffekt. Dies hat sich jedoch mit der Weiterentwicklung geändert.

Pixellicht

Das Pixellicht ist eine Weiterentwicklung des Matrix­lichts mit prinzipiell gleicher Zielsetzung. Je nach Fahrsituation können Segmente der Straße sowie des Umfelds einzeln ausgeleuchtet oder weggeblendet werden. Über je mehr einzelne Lichtquellen beziehungsweise LEDs ein Scheinwerfersystem verfügt, desto selektiver können einzelne Segmente an- und ausgeschaltet werden. Beim in Serie verfügbaren Matrixlicht sind maximal ein paar Dutzend Lichtquellen in Form von einzelnen LEDs im Spiel. Das sogenannte Pixellicht hingegen wartet mit mehreren tausend oder gar zehntausend Lichtquellen auf. Experten sprechen von fein auflösenden Scheinwerfersystemen.

Die Technologie des Pixellichtes (DLP = Digital Light Processing) ist angelehnt an die Kino- oder Beamer-­Technik. Viele tausend, winzig kleine Spiegel werden dabei elektronisch geschaltet und lenken dabei das Licht auf die Leinwand beziehungsweise auf die Straße.

Superfein: Scheinwerfer auf Basis der LCD-HD-Technik können mehrere Zehntausend Lichtquellen erzeugen und so ein sehr fein aufgelöstes Pixellicht bilden. Bild: Hella

Aufgrund der Spiegel wird eine Pixellicht-Einheit auch als Digital-Micromirror-Device (DMS) bezeichnet. Die eigentliche Lichtquelle können LEDs aber auch Laserdioden sein. An der DLP-Technik arbeiten etliche Auto- und Scheinwerferhersteller. Zu den Schwierigkeiten bei der Umsetzung zählen die Randbedingungen wie Staub, Temperatur, Nässe und Vibrationen im Verkehrsalltag.

 

Komplexer Aufbau: Die Vielzahl der Bauelemente zeigt, wie viel Technik inzwischen in einem Autoscheinwerfer stecken kann. Bild: Audi

Die zweite Methode für die Umsetzung des Pixellichts setzt auf Halbleiterlaser. Sie baut auf einem Micro-Electro-Mechanical-System (MEMS) auf, in dem ein Laser die einzelnen Pixel zeilenweise auf eine Art Bildschirm im Scheinwerfer schreibt. Das kann man sich grob etwa wie in einer alten Fernsehbildröhre vorstellen. Das entstandene ‚Bild‘ wird auf die Straße projiziert. Audi hat bereits bekanntgegeben, dass sich die Entwickler mit dieser Technik befassen.

Die beiden bisher beschriebenen Verfahren haben einen großen Nachteil. Sie benötigen viel Bauraum. Das Scheinwerfergehäuse ist also sehr groß. Das widerspricht dem Designtrend in der Autoindustrie, der immer kleinere Scheinwerfer fordert.

Der dritte Technologieansatz könnte das Problem der Baugröße lösen. Bei der sogenannten Liquid Crystal-­Display-High-Definition-Technologie (LCD-HD) lässt eine Flüssigkristallanzeige das Licht von Leuchtdioden durch oder schirmt es ab. Mit dieser Technik lassen sich den Ingenieuren des Scheinwerfer-Spezialisten Hella zufolge bis zu 30.000 Lichtpunkte, also Pixel, kreieren. An der Entwicklung ist Porsche beteiligt.

MEMS oder LCD-HD sind noch nicht serienreif. Etwas schneller könnte es beim sogenannten Micro-Advanced-Frontlighting-System (µAFS) gehen. Die technologie entstand in Zusammenarbeit von Osram mit Daimler und dem Scheinwerferhersteller Hella. µAFS bietet rund 3.000 Pixel pro Scheinwerfer, die alle einzeln angesteuert werden können. Jeder Pixel ­entspricht dabei einer LED. Die ersten Serienscheinwerfer dürften schon bald ab Werk erhältlich sein. Auch DLP liegt gut im Rennen und soll laut Daimler im ­Maybach seinen Dienst tun.

Veränderte Blinkfrequenz, adaptives Bremslicht

In Bezug auf die Signalbeleuchtung wird immer wieder eine veränderte Blinkfrequenz für das Warnblinklicht diskutiert. Der Vorteil: Sieht ein anderer Verkehrsteilnehmer nur eine Seite eines Fahrzeugs, erkennt er sofort, ob die Warnblinkanlage aktiviert ist oder ob lediglich eine Fahrtrichtungsänderung angezeigt wird. Bei der derzeitigen Schaltung mit derselben Blinkfrequenz kann es durchaus zu Missverständnissen kommen. Leider gibt es dafür in den für entsprechende Regelungen zuständigen Gremien noch keinen Verbesserungsentwurf.

Dagegen sind adaptive Bremsleuchten inzwischen erlaubt. In Zukunft wird es mehr Fahrzeuge geben, die das Bremslicht je nach Verzögerungsintensität und Rahmen­bedingungen schalten. Eine Notbremsung kann beispielsweise so auf einen Blick vom schlichten Festhalten des stehenden Fahrzeugs mit der Bremse unterschieden werden. Die auch Brake-Force-Display (Bremskraftanzeige) genannte Technik kann im Stadtverkehr die Blendung der nachfolgenden Fahrzeuge beim Ampel­stopp vermeiden. Auch die Steuerung der Helligkeit von Bremsleuchten nach Umgebung und Tageszeit ist möglich. Tagsüber ist schließlich ein helleres Bremslicht nötig als nachts. Es sei denn, es wird gerade ein Tunnel befahren – was vom System natürlich auch erkannt wird.

Dieses Kapitel ist in folgendem Fachbuch erschienen

Lichtsysteme in modernen Pkw – Komponenten, Technik, Service

3. überarbeitete Auflage 2018, von Fritz Lorek, 56 Seiten, 105 Bilder/Grafiken, 23,32 € Netto

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Inhalt

  • Die Geschichte des Autolichts
  • Grundtypen von Scheinwerfern, Vor- und Nachteile, Signalbeleuchtung: Blinker, Bremslicht
  • Neue technische Lösungen: Das richtige Leuchtmittel – Qualität, Leistungsversprechen
  • Die wichtigsten Lampentypen/Energieverbrauch durch Autolicht
  • LED – Weiterentwicklungen (Matrixlicht, Pixellicht, LCD)
  • Das Einstellen der Scheinwerfer, Diagnose mit dem Tester, Lampentausch
  • Rechtliche Aspekte zum Autolicht, erlaubt und verboten
  • Licht bei der Hauptuntersuchung/die neue Scheinwerfereinstellrichtlinie
  • Zukunftsmusik: Was in Zukunft kommt und sich durchsetzen wird

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