Frauen in der Kfz-Werkstatt: Gespräch mit Mechatronikerin Angelina Graml

Kfz-Meisterschülerin Angelina Graml (19): 'Nicht alles gefallen lassen.' Foto: Lanzinger

Eine Frau als Mechatronikerin in der Kfz-Werkstatt? Das war lange Zeit die Ausnahme. Inzwischen hat sich dies geändert – wenn auch Frauen nach wie vor deutlich in der Minderheit sind. KRAFTHAND beschreibt im aktuellen Heft 10/2015, wie Frauen im Kfz-Gewerbe ihren Weg machen und erfolgreich sind. Im Interview mit Redakteur Ralf Lanzinger schildert Kfz-Meisterschülerin Angelina Graml (19) ihre Erfahrungen.

Die junge Kfz-Mechatronikerin stammt aus Jengen im Landkreis Ostallgäu (Bayern). Ihre Ausbildung zur Kfz-Mechatronikerin mit der Zusatzqualifikation Kommunikationselektronikerin begann sie im Alter von 15 Jahren. Momentan besucht sie die Meisterschule, die sie im März 2016 abschließt.

Frau Graml, warum sind Sie Kfz-Mechatronikerin geworden?
Ich bin bereits damit groß geworden und habe quasi mein ganzes Leben in der Werkstatt verbracht. Mein Vater ist Kfz-Meister mit eigener Werkstatt, entsprechend mein Großvater. Auch Elektriker gibt es in meiner Familie. Ich bin nun die Verbindung von beiden – Kfz-Mechatronikerin. Technik fasziniert mich und ich finde es interessant, wie sich die Mobilität über die Jahrhunderte entwickelt hat.

War es schwierig, überhaupt eine Ausbildungsstelle zu finden?
Ich schrieb fünf Bewerbungen, das ist noch im Rahmen.

Haben es Frauen in dem Beruf grundsätzlich schwerer als Männer?
Nicht unbedingt. Es kommt sehr auf den Charakter an. Frauen sollten grundsätzlich mehr für den Beruf begeistert werden. Ich habe viele Freundinnen, die sagen: Ich hätte auch gerne Kfz-Mechatronikerin gelernt, aber habe mich nicht getraut. Das finde ich immer sehr schade.

Woher kommt die Zurückhaltung?
Das Problem ist, dass nicht jedes Mädchen das oft raue Klima in der Werkstatt ertragen kann. Man muss schon damit rechnen, dass es manchmal recht ruppig zugeht oder auch mal ein dummer Spruch kommt. Doch wenn man damit umgehen kann, würde ich die Ausbildung jedem Mädchen empfehlen, das sich dafür interessiert.

Waren Sie in Ihrem Ausbildungsbetrieb die einzige Frau?
Neben der Chefin, ja. In der Berufschule waren es nur vier Frauen, und die bleiben nicht im Kfz-Bereich. Die wollten eher ins Büro oder in den Verkauf.

Zogen sich die ruppigen Sprüche der männlichen Kollegen durch die gesamte Ausbildung?
Nein, vor allem, weil ich mich passend dazu verändert habe. Zu Beginn der Ausbildung war ich sehr schüchtern. Inzwischen bin ich deutlich selbstbewusster geworden. Es kann überall mal vorkommen, dass ein Vorgesetzter oder Lehrer der Meinung ist, Mädchen können doch gar nichts. Doch mittlerweile sage ich einfach: ‚Ich zeig dir mal, wie das geht.‘

Haben sich bereits während der Ausbildung Vorlieben für gewisse Arbeitsbereiche abgezeichnet?
Obwohl ich Kfz-Mechatronikerin gelernt habe, war ich war lieber in der Lkw-Werkstatt. Dort war ich auch vom ersten Tag an bereits voll integriert. Meine Zukunft sehe ich jedoch im Abschleppdienst. Den Menschen zu helfen, wenn Sie in Not sind, das macht sehr viel Freude.

Gab es Tätigkeiten, die Sie als Frau im Werkstattalltag nicht ausführen konnten, zum Beispiel das Heben von schweren Teilen?
Nein. Es gab sogar Situationen, wo ich meinen Meistern und männlichen Kollegen zeigen konnte, wie Abläufe einfacher zu gestalten sind, zum Beispiel beim Einbau von Lkw-Batterien. Diese im kleinen Spalt zu platzieren, ist schon ein großer Kraftakt. Ich habe immer mit einem Knoten am Griff der Batterie gearbeitet. Manche Kollegen haben dies dann übernommen, weil es auch den Rücken schont.

Sollte sich am Berufsbild grundsätzlich etwas ändern, um für Frauen attraktiver zu werden?
Schüchterne und zurückhaltende Frauen hätten es in dem Beruf natürlich grundsätzlich leichter, wenn viele männliche Kollegen ihre Vorurteile korrigieren würden. Frauen können körperlich arbeiten, was sich auch nach 1945 bei den Trümmerfrauen gezeigt hat. Dieses Bild ist nur leider im Lauf der Jahre wieder etwas in der Hintergrund getreten.

Welchen Tipp haben Sie für angehende oder im Beruf stehende Kfz-Mechatronikerinnen?
Das wichtigste ist, sich nicht alles gefallen zu lassen. Ansonsten wird man schnell entsprechend abgestempelt.

Könnten Sie folgenden Satz vervollständigen: Arbeitet eine Frau als Azubine oder Kfz-Mechatronikerin in der Werkstatt, sollte der Vorgesetzte darauf achten, dass…
… er vergisst, gerade ein Mädchen vor sich zu haben.

Frau Graml, vielen Dank für das Gespräch.

Weitere Beispiele von erfolgreichen Frauen in der Kfz-Werkstatt sowie ein Exkurs mit Blick auf die Rechtspraxis in der aktuellen KRAFTHAND 10/2015.

Schreiben Sie den ersten Kommentar

Kommentieren Sie als Gast oder melden Sie sich mit Ihrem Krafthand Medien Benutzerkonto an.
Erforderliche Felder sind mit * markiert