Ottomotor

Die sechs wichtigsten Innovationen des neuen Ottomotors von VW

Volkswagen hat auf dem 37. Internationalen Wiener Motorensymposium im Frühjahr seine neueste Ottomotoren-Generation, den sogenannten EA211 TSI evo präsentiert. Erster Motor dieser zukünftigen Baureihe ist der 1,5-l-TSI, der Ende 2016 zunächst mit Leistungen von 96 kW und 110 kW in Serie kommt. KRAFTHAND erklärt, mit welchen Highlights sich das neue Aggregat von den Vorgängermotoren abhebt.

Technikbausteine des EA211 TSI evo, VW
Der 1,5-l-TSI-evo-Motor kommt Ende 2016 zunächst mit den Leistungsstufen 96 und 110 kW. Bilder: Volkswagen

Bei der Entwicklung des neuen 1,5-l-Ottomotors, dem EA211 TSI evo, hat Volkswagen nicht nur marginale, sondern einige erhebliche Neuerungen einfließen lassen – im Vergleich zu den Vorgängertriebwerken, bei denen schon Features wie Einfach- und Doppelaufladung, integrierte Ladeluftkühlung, integrierter Abgas krümmer mit thermodynamischen Vorteilen oder eine Zylinderabschaltung vorhanden sind.

Bei der 4. Generation der TSI-Einspritzanlage beträgt der Einspritzdruck 350 bar.

Mit der neuesten Motorengeneration geht Volkswagen viel weiter. Es kommen neue Technikbausteine zum Tragen, die dem EA211 TSI evo zu Wirkungsgradvorteilen von bis zu 10 Prozent gegenüber dem bisherigen 1,4-l-TSI (92 kW) verhelfen sollen. Dadurch sind Verbrauchsverbesserungen in breiten Bereichen des motorischen Kennfelds zu verbuchen. Volkswagen zufolge hat das nicht nur Kraftstoffeinsparungen unter Prüfstandsbedingungen zur Folge, sondern zeigt auch Wirkung im automobilen Alltag der Kunden. Im Einzelnen kommen folgende neue/überarbeitete Technologien für mehr Kraftstoffeffizienz zum Einsatz:

    • Miller-Brennverfahren mit einem hohen Verdichtungsverhältnis von 12,5 : 1
    • Turbolader mit variabler Turbinengeometrie (VTG)
    • Common-Rail-Einspritzanlage mit bis zu 350 bar Druck
    • weiterentwickeltes Thermomanagement
    • Zylinderabschaltung ACT
    • APS-beschichtete Zylinderlaufbahnen (atmosphärisches Plasmaspritzen).
VTG-Turbolader, VW
Nicht mehr nur für Dieselmotoren: der VTG-Turbolader, den Volkswagen dank spezieller Anpassungen jetzt erstmals bei einem Ottotriebwerk in Großserie einsetzt.

Im Detail bedeutet das

Die Laufbuchsen im Aluminium-Zylindergehäuse werden bei der Leistungsvariante mit 110 kW im APS-Verfahren (atmosphärisches Plasmaspritzen) beschichtet. Durch die Verwendung eines feinkörnigen Spritzpulvers entstehen in Kombination mit einer dafür optimierten Honung kleine Schmiertaschen, die reibungs- und verschleißarmes Gleiten der Kolbenringe gewährleisten. Weitere Vorteile dieser Lösung sind die erhöhte Wärmeabfuhr im Vergleich zu Grauguss, die dadurch gesteigerte Klopffestigkeit bei der Verbrennung und die verbesserte Korrosionsbeständigkeit gegenüber Schlechtkraftstoffen. Auch beim hybridtypischen Zustart des kalten Motors unter höherer Last erweist sich die APS-Technologie als besonders verschleißresistent, so Volkswagen.

Der Zylinderkopf wurde grundlegend überarbeitet. Unter anderem optimierten die Ingenieure den Wassermantel für eine bessere Wärmeabfuhr und passten Ventilwinkel und Brennraum für eine optimale Umsetzung des Miller-Brennverfahrens an. Das bereits in den Vorgängertriebwerken bewährte Prinzip des in den Zylinderkopf integrierten Abgaskrümmers wurde beibehalten. Die Einlassnockenwelle wird im Gegensatz zum ‚alten’ EA211-Motor über einen schnellen hydraulischen Nockenwellensteller mit einem zentralen Stellventil verstellt. Die hohe Verstellgeschwindigkeit von bis zu 300° Kurbelwinkel pro Sekunde unterstützt die Dynamik der Füllungssteuerung.

Die Zylinderabschaltung ACT ist eine weitere Baugruppe aus dem EA211-Baukasten, die verbessert wurde und mit dem der TSI evo in großer Stückzahl in die Serie gelangt. Auch sie zahlt auf das Effizienzkonto des Aggregats ein und stellt ein wichtiges Feature dar. Bis in Bereiche mittlerer Last schließt sie die Ein- und Auslassventile der Zylinder zwei und drei, zugleich wird die Einspritzung deaktiviert.

Auch das kennfeldgeregelte Kühlungsmodul ist neu und soll ein effizienteres Thermomanagement ermöglichen. Unter anderem kann mit Hilfe des Kühlungsmoduls in der Aufwärmphase für stehendes Wasser im gesamten Motor beziehungsweise im Zylinderkurbelgehäuse gesorgt werden. Die damit einhergehende schnelle Erwärmung des Motors verbessert den Heizungskomfort im Innenraum und reduziert zusätzlich die Reibung des Motors im Warmlauf. Ein weiterer Vorteil des kennfeldgeregelten Kühlungsmoduls besteht in einer bedarfsgerechten Temperaturregelung des Motors über den gesamten Betriebsbereich hinweg.

Beim neuen Motor hat VW auf niedrigviskoses Öl der Klasse 0W-20 umgestellt.

Das Miller-Brennverfahren ist eine wesentliche Innovation des neuen EA211 TSI evo. Die daraus folgende thermodynamische Wirkungsgradverbesserung wurde durch vier zentrale Maßnahmen umgesetzt:

    1. Erhöhung des geometrischen Verdichtungsverhältnisses für einen gesteigerten Wirkungsgrad.
    2. Reduzierung der Kompressionsendtemperatur durch frühes Einlassschließen und einer damit einhergehenden Expansionskühlung während des Ansaugtakts.
    3. Optimierte Ladungsbewegung für einen schnellen Flammenfortschritt und für eine reduzierte Klopfneigung bei hohen spezifischen Lasten.
    4. Erhöhte Ladungsdichte durch effizientere Abgasturboaufladung.

Eine weitere Maßnahme beim TSI evo ist ein umfangreiches Reibungspaket. Es umfasst unter anderem eine kennfeldgeregelte, variable Ölpumpe, eine Polymer-Beschichtung des ersten Hauptlagers der Kurbelwelle sowie die Umstellung auf niedrigviskoses Öl der Klasse 0W-20.

Der Wirkungsgradvorteil des EA211 TSI evo beträgt bis zu 10 Prozent gegenüber dem Vorgängermotor.

VTG für den Otto

Nachdem bisher (bis auf absolute Ausnahmen) Turbolader mit variabler Turbinengeometrie (VTG) wegen der hohen Abgastemperaturen in Ottomotoren nicht anzutreffen waren, durchbricht Volkswagen jetzt diese Regel. So kommt beim TSI evo ein Abgasturbolader mit elektrisch verstellbarer Turbinengeometrie (VTG-ATL) zum Einsatz. Aufgrund des frühen Einlassschließens beim Miller-Brennverfahren reduziert sich der Liefergrad gegenüber einem Motor mit Standardsteuerzeiten. In der Teillast trägt die daraus resultierende Entdrosselung zum Verbrauchsvorteil des TSI evo bei. Ein hoher Ladedruck gleicht die Auswirkungen des konzeptbedingt geringeren effektiven Hubvolumens zur Erzeugung eines hohen Low-end-Torques aus.

Dies stellt besonders bei niedrigen Motordrehzahlen sehr hohe Anforderungen an das Aufladesystem. Ein Abgasturbolader mit variabler Turbinengeometrie bietet durch die betriebspunktoptimale Anpassung der Turbinen-Durchflusscharakteristik einerseits die Möglichkeit, bereits ab geringen Motordrehzahlen eine sehr hohe Turbinenleistung und damit einen hohen Ladedruck bereitzustellen. Der verstärkte Aufstaueffekt der VTG-Turbine in Kombination mit einem reduzierten Massenträgheitsmoment des ATL führt außerdem zu einem sehr spontanen Ansprechverhalten. Der Lastsprung auf das maximale Drehmoment erfolgt gegenüber dem 1,4-l-TSI (92 kW) rund 35 Prozent schneller. Die VTG-Technologie bildet insgesamt einen integralen Bestandteil des TSI-evo-Brennverfahrens.

Auch bei der indirekten Ladeluftkühlung haben die Entwickler eine Neuerung realisiert. Anders als beim EA211 ist der Kühler nach dem Verdichteraustritt im Druckrohr vor der Drosselklappe platziert, die auf diese Weise mitgekühlt wird. Durch die neue Einbaulage gelingt es, im weiterhin sehr kompakten Package die Größe und Leistungsfähigkeit des Kühlers zu erhöhen. Er ist damit in der Lage, die Temperatur der Ladeluft bis auf 15 K über dem Niveau der Umgebungsluft abzusenken.

Weiterentwickelte Direkteinspritzung

Bei der Einspritzanlage kommt zum ersten Mal das VW-Direkteinspritzungs-System der vierten Generation zum Einsatz. Durch eine Optimierung des Gesamtsystems und seiner Komponenten gelang es, den Einspritzdruck auf 350 bar zu steigern. Aufgrund der damit einhergehenden verringerten Tröpfchengröße verbessert sich die Gemischbildung, was unter anderem zu einer deutlichen Reduzierung der Partikelrohemissionen führt. Die auf 6 mm Durchmesser reduzierte Injektorspitze ermöglicht eine vorteilhafte Integration in den Brennraum, steigert die Festigkeit und reduziert die Temperaturen an der Spritzplatte.

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