Designschutz, Datenzugang, Ersatzteil- und Fahrzeugidentifikation

Drei Hürden für fairen Wettbewerb im IAM

Wie der Teilegroßhandel und Teilehersteller durch politische Einflussnahme Lobbyarbeit für den freien Reparaturmarkt betreiben.

Bild: Continental

Geht es um die Ersatzteilversorgung, sind die einschlägigen Teilegroßhändler mit ihren Zulieferern nach wie vor der erste Ansprechpartner für markenunabhängige Kfz- Betriebe – trotz Internethandel und verstärkter Aktivität einiger Markenhändler, die ebenfalls Teile an Freie verkaufen wollen. Mehrmalige Lieferung am Tag. Bessere Abwicklung bei Garantiefragen. Schnellere Verfügbarkeit. Das sind nur drei Argumente, die der klassische Teilegroßhandel als Vorteile für sich ins Feld führt.

Das ist jedoch nicht alles, womit sie die freien Werkstätten konkurrenzfähig machen. Was viele nämlich nicht wissen: Die Teilezulieferer und der Teilegroßhandel betreiben mit ihrer Interessenvertretung, dem Gesamtverband Autoteilehandel (GVA) in Berlin und Brüssel reichlich Lobbyarbeit. Natürlich vor allem im eigenen Interesse, aber nicht nur.

Im Vordergrund steht dabei, einen fairen Wettbewerb zwischen dem freien Reparaturmarkt und den Markenbetrieben sicherzustellen. Denn was in einer Marktwirtschaft eigentlich selbstverständlich sein sollte, ist es hier nicht. So versuchen die Automobilhersteller auf den verschiedensten Gebieten und mit teils fragwürdigen Methoden, den Wettbewerb auszuhebeln.

Beispiel 1: Designschutz
Dass das Design eines Autos geschützt sein muss, daran besteht kein Zweifel. Diverse Autobauer nehmen das Designrecht aber auch für zahlreiche sichtbare Ersatzteile in Anspruch. Damit können sie verhindern, dass etwa Scheinwerfer, Kotflügel und so weiter durch freie Anbieter in den Markt gebracht werden – zum Nachteil des Wettbewerbs. Ein Zustand, der quasi eine Monopolstellung ermöglicht und den die jetzige Regierung, nicht zuletzt aufgrund der Lobbyarbeit des GVA, mit der sogenannten Reparaturklausel abschaffen will. Der Haken: Ältere Autos sollen nach dem derzeitigen Referentenentwurf ausgenommen werden. Es würden also nur Halter neuer Fahrzeuge von der Liberalisierung profitieren.

GVA-Präsident Röhl sagt dazu: Wir setzen uns dafür ein, dass die Reparaturklausel für den gesamten Markt für sichtbare Kfz-Ersatzteile unverzüglich eingeführt wird. Andernfalls bewirken die neuen Regeln das Gegenteil dessen, was sie eigentlich sollen: Sie würden Wettbewerb nachhaltig verhindern, anstatt ihn zu fördern.“

Beispiel 2: Zugang zu Ersatzteil- und Fahrzeugidentifikationsdaten
Die neuen europäischen Regeln für die Typgenehmigung, für die sich der GVA ebenfalls mit weiteren Mitstreitern stark gemacht hat, sollen ab September 2020 greifen und enthalten Formulierungen, die dem GVA zufolge den Fahrzeugherstellern nicht einmal den Hauch von Interpretationsansätzen bieten , wenn es um den Zugang zu Daten für die so wichtige Identifizierung von Ersatzteilen geht. Nur damit lassen sich absolut verlässliche Ersatzteilkataloge erstellen.[/qa]

Da nach Ansicht der Teilehändler dies aufgrund von Euro 5 schon heute gelten müsste, hat der GVA ein Musterverfahren gegen einen Fahrzeughersteller angestrebt, in dem die Datenfreigabe schon vor 2020 geklärt werden soll.

Beispiel 3: Datenzugang zu vernetzten Fahrzeugen
Grundlage und Voraussetzung für ein von den Fahrzeugherstellern unabhängiges Aftermarket-Geschäft bei vernetzten Fahrzeugen (Connected Cars) ist ein fairer und gleicher Zugang sowohl zum Kunden im Fahrzeug als auch zum Fahrzeug selbst. Nur so kann der Aftermarket den OEM-Services ebenbürtige und innovative Geschäftsmodelle rund um die vernetzte Mobilität anbieten. Aus Sicht des GVA ist deshalb ein geeigneter gesetzlicher Rahmen erforderlich, denn derzeit schließen proprietäre OEM-Lösungen unabhängige Marktteilnehmer vom geeigneten Datenzugang aus. Somit kommt der Aftermarket nur über OBD-Donglelösungen an Daten.

Dass die Möglichkeit des Zugangs über den OBD-Stecker überhaupt weiterhin bestehen bleibt, ist ebenfalls dem intensiven Einsatz des GVA und seiner internationalen Dachorganisation FIGIEFA zu verdanken, deren Argumente sich beim Gesetzgeber gegenüber dem Ansinnen der Fahrzeughersteller, den OBD-Port im Zuge der Einführung der Tele matik zu schließen, durchgesetzt haben.

Darüber hinaus setzt sich der GVA mit seinen europäischen Partnern für eine vernetzungsrelevante Schnittstelle ein, die auch offen für Telematikplattformen (OTP) ist und somit die Donglelösungen überflüssig macht. Gelingt es dem GVA und seinen Mitstreitern (z. B. ADAC, Versicherungen) in dieser Sache nicht, sich bei der Politik mit einer solchen Lösung durchzusetzen, droht ein digitales Monopol der Fahrzeughersteller, das wie eine undurchdringliche Mauer wirken könnte.

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