Kommentar zur geplanten Reparaturklausel

Gut gedacht, schlecht gemacht

Torsten Schmidt, Chefredakteur der KRAFTHAND:

„Es hat den Anschein, als wolle die Bundesregierung mit ihrem Vorschlag zur Reparaturklausel, die den Designschutz für sichtbare Ersatzteile aufheben soll, sowohl dem freien Markt als auch den OEMs gerecht werden. In Wahrheit handelt es sich um ein Feigenblatt.“

Jede freie Werkstatt hat schon Scheinwerfer, Kotflügel, Rückleuchten und andere sichtbare Komponenten im freien Teilehandel gekauft. Was viele nicht wissen: Im Grunde basiert die Verfügbarkeit solcher Teile nur auf dem guten Willen der Autobauer, die mit Berufung auf den sogenannten Designschutz jederzeit dagegen vorgehen könnten. Unabhängig davon, dass im freien Handel erhältliche Karosserieteile oft in Sachen Passform mangelhaft sind, ist der Designschutz, der natürlich für das ganze Auto seine Berechtigung hat, für einzelne Teile schwer nachvollziehbar. Entsprechend groß waren die Bemühungen der Gegner des ­Designschutzes für sichtbare Ersatzteile (z. B. Gesamtverband Autoteilehandel GVA) und Bewahrer (z. B. Automobilhersteller).

Nach langem Hin und Her sowie entsprechender Lobbyarbeit von ­beiden Seiten hat die Bundesregierung jetzt einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der den freien Wettbewerb auf diesem Gebiet stärken und der Monopolstellung der Fahrzeughersteller Einhalt gebieten soll. Durch die sogenannte Reparaturklausel soll der Designschutz für Ersatzteile fallen. Nur: Was auf den ersten Blick gut aussieht, lässt einen auf den zweiten Blick nur den Kopf schütteln. Denn der Entwurf sieht eine Stichtagsregelung vor. Mit anderen Worten: Ersatzteile, deren Design die jeweiligen Autobauer vor Inkrafttreten der Neuregelung an­gemeldet oder eingetragen haben, sind von der Liberalisierung aus­genommen. Und bedenkt man, dass laut GVA Designs bis zu 25 Jahre lang ­geschützt sind, lassen sich die Monopole bei Bedarf noch lange aufrechterhalten.

So gesehen kommt die Bundesregierung dem freien Markt nur augenscheinlich entgegen. Denn mit der Stichtagsregelung ist die Reparaturklausel nur ein Feigenblatt, das fairen Wettbewerb zwar suggeriert, in Wirklichkeit aber vertagt. „Das ist absurd”, lautet die Aussage von GVA-­Präsident Hartmut Röhl zum jetzigen Entwurf. Ebenso absurd wie das Argument des Verbands der Automobilindustrie VDA, dass die Sicherheit gefährdet sei, wenn quasi jedermann Scheinwerfer, Kotflügel oder andere Teile bauen darf. Das ist natürlich Unsinn. Denn was ist dann mit Querlenkern, Federn und Rädern? Auch dafür dürfte es demnach nur Originalanbieter geben.

Mein Fazit ist deshalb: Winkt der Bundesrat das Gesetz ohne Korrektur der ­Stichtagsklausel durch, kann sich die ­Autolobby als Punktsieger sehen – ­
mal wieder.

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