„Der Spiegel“: Werkstatt-HU vor dem Aus?

Paukenschlag kurz vor Jahresschluss: Dürfen die Sachverständigen bald keine HU-Plakette mehr kleben? Bild: Schmidt

Wie das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ in seiner aktuellen Ausgabe berichtet, könnten TÜV, Dekra und andere Sachverständigenorganisationen ihre Zulassung als Kfz-Prüfer verlieren. Grund soll unter anderem die Verletzung verschiedener Dokumentationspflichten sein – auch im Hinblick auf das Prüfequipment in den Werkstätten.

Mit Datum vom 10. Dezember 2015 hat die Deutsche Akkreditierungsstelle (DakkS) die Zulassung zur Abnahme der HU nach §29 StVZO für alle 17 anerkannten Überwachungsorganisationen in Deutschland ausgesetzt, schreibt der „Spiegel“. Das heißt: Sobald dieser Bescheid bestandskräftig ist, müssen die Bundesländer den Prüforganisationen die Anerkennung entziehen. Dies würde bedeuten, es gibt keine HU mehr in Deutschland.

Dokumentationspflicht
Doch weshalb leitet die DakkS nun diese Schritte gegen die Sachverständigenorganisationen ein? Dem „Spiegel“ zufolge erteilte die DAkkS  den Prüfdiensten ab 2011 für die HU eine Akkreditierung nach der sogenannten ISO/IEC-Norm – allerdings unter Auflagen. So sollten die Prüfer unter anderem dokumentieren, dass Bremsprüfstände und Abgastester ordnungsgemäß kalibriert und geeicht sind. Doch die Kfz-Prüfer kamen dem nicht ausreichend nach. Bei Besuchen vor Ort rügte die DAkkS fast überall die mangelnde Dokumentation.

HU-Zulassung ausgesetzt
Dies führte am 10. Dezember zur Aussetzung der Akkreditierung. Als tiefere Ursache für den Konflikt nennt der „Spiegel“ darüber hinaus die Internationalisierung des Prüfgeschäfts. Schließlich habe die Bundesregierung mit der Einrichtung der Akkreditierungsstelle im Jahr 2010 eine EU-Verordnung von 2008 umgesetzt. Doch die Behörden von Bund und Ländern hätten es versäumt, das deutsche Recht mit internationalen Regeln kompatibel zu machen.

Bei den Prüfunternehmen sei die Nervosität nun groß, schreibt das Hamburger Nachrichtenmagazin. Auch im Bundesverkehrsministerium suche man nach einer Lösung. Eine Ausnahmeregelung sei erwogen und dann wieder verworfen worden. Man habe sich bislang nur darauf einigen können, eine „Unterarbeitsgruppe“ zu gründen, so der „Spiegel“.


Der KRAFTHAND-Kommentar

Keine Nachsicht mehr
Die Aussetzung der Akkreditierung für die Kfz-Prüfer ist ein Schock für die Prüfunternehmen. Damit geht es um die Frage: Gibt es ab kommendem Jahr noch eine HU in Deutschland? Falls nein, erscheint diese Vorstellung fast unwirklich: Wenn TÜV, Dekra, GTÜ und KÜS demnächst keine HU mehr abnehmen dürfen – wer dann?  Die Beteiligten werden sich auf eine Ausnahme- oder Übergangsregelung einigen müssen, ob sie wollen oder nicht. Dies würde den Prüforganisationen im Nebeneffekt die Chance eröffnen, ihre Hausaufgaben zu machen.

Doch das reicht nicht. Denn gelegentlich – und vielleicht öfter als tolerabel ist – entsprechen AU-Geräte und Bremsenprüfstände nicht mehr den notwendigen Anforderungen. Dies führt unweigerlich zu der Frage: Haben Sachverständige etwa gern mal ein Auge zugedrückt, wenn bei einer ‚Werkstatt-HU’ die Bremsenprüfung auf einem in die Jahre gekommenen Prüfstand absolviert wurde? Oder wenn bei der AU ein Gerät zum Einsatz kam, das nicht geeicht wurde?

Wenn dies zutreffen würde, dann könnte dies dem Konkurrenzdruck geschuldet sein. Nach dem Motto: Wenn sich eine Sachverständigenorganisation verweigert, holt die Werkstatt eben die nächste ins Haus.

Investitionen notwendig
Wie auch immer – eins steht fest: Um die HU auch künftig vor Ort durchführen zu können, müssen die Werkstätten investieren. Und das betrifft nicht nur AU-Geräte und Bremsenprüfstände. So ist zum 1. Januar 2017 die neue Richtlinie zur Prüfung der Scheinwerfereinstellung im Rahmen der Hauptuntersuchung umzusetzen (KRAFTHAND berichtete u. a. in Ausgabe 18/2015 darüber). Werkstätten, die dem nicht nachkommen, erfüllen nicht mehr die Rahmenbedingungen für eine HU-Abnahme. Dass hier und da noch nachsichtig ein Auge zugedrückt wird, damit ist spätestens seit Beginn der aktuellen Kontroverse nicht mehr zu rechnen.

Torsten Schmidt,

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