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Achsmess-Systeme: die fachgerechte Auswertung der Messergebnisse

Mindestens ebenso wichtig wie die richtige Anwendung der Achsmess-Systeme ist die fachgerechte Auswertung der Messergebnisse. Die besten Ergebnisse nützen nichts, wenn eine falsche oder unvollständige Auswertung zu falschen Korrektur-Maßnahmen führt.

Falls nicht automatisiert, müssen auch bei der Anwendung einfacherer Vermessungs-Systeme die ermittelten Werte schriftlich festgehalten werden. Das so erstellte Messblatt ermöglicht einen Gesamtüberblick.

Die nach der Vermessung ermittelten Werte sind die Istwerte mit denen man arbeiten kann. Sie müssen immer mit den Sollwerten des Herstellers verglichen werden.

An einem konstruierten Beispiel erläutern wir nachfolgend die gängigsten Sollwerte:

Sturzwerte der Vorderachse

  • Sturz des linken Vorderrades (Istwert) = +22‘,
  • Sturz des rechten Vorderrades (Istwert) = +33‘,
  • Angenommene Sollwerte: +25‘ (± 10‘).

Grundsätzlich sind die Werte des Sturzes in Ordnung, da die Istwerte im Sollbereich liegen. Bei penibleren Kunden oder erhöhten Anforderungen an das Fahrzeug ist es aber durchaus ratsam, trotzdem die Differenz der Werte zu beseitigen oder zumindest zu minimieren (zum Beispiel bei Sportwagen).

Es ergibt sich auch aus dem höheren Aufwand einer präziseren Achseinstellung als vom Hersteller vorgegeben, dass solche Vermessungen grundsätzlich teurer sind, da mit höherem Zeitaufwand verbunden.

Gesamtspur

  • Bei ‚ungedrückten‘ Rädern und Leergewicht des Fahrzeugs = +20‘,
  • Mit ‚gedrückten‘ Rädern verringert sich die Spur um 20‘ auf 0‘,
  • Angenommene Sollwerte: +20‘ (± 10‘) bei Leergewicht, ‚ungedrückt‘.

Die Spureinstellung ist korrekt. Die Differenz zwischen der ‚Spur ungedrückt‘ und ‚Spur gedrückt‘ bedeutet, dass das Gesamt-Spiel über alle Lenkungs-Über-
tragungsteile = 20‘ beträgt. Dieser Unterschied ist grundsätzlich im Normalbereich, sofern der Hersteller keine anderweitigen Toleranzen angibt.

Spurdifferenz-Winkel

  • Der Spurdifferenz-Winkel bei 20° Linkseinschlag des linken Rades beträgt gemessen am rechten Rad –38‘,
  • Der Spurdifferenz-Winkel bei 20° Rechtseinschlag des rechten Rades beträgt gemessen am linken Rad – 1°,
  • Der Unterschied zwischen den beiden Spurdifferenz-
    Winkeln beträgt nur 22‘ (–1° –38‘ = 22‘), ein im Allgemeinen guter Wert (Abhängig von Herstellerangaben),
  • Angenommener Sollwert: –1°± 30‘.

Nachlauf

  • Der Nachlauf am linken Rad beträgt 3°, am rechten Rad 2°40‘,
  • Angenommene Sollwerte: Nachlauf = 3° (± 45‘). Auch diese Istwerte liegen eindeutig im angegebenen Toleranzbereich.

Messwerte der Hinterachse

  • Angenommene Hinterachs-Konstruktion: Starrachse,
  • Sturz des linken Hinterrades = + 15‘,
  • Sturz des rechten Hinterrades = +20‘.

Bei einer Starrachse liegt häufig kein Sollwert vor, da der Sollsturz hier meist 0° beträgt. Bei anderweitigen Achskonstruktionen wäre dies in Abhängigkeit der jeweiligen Herstellervorgaben zu bewerten. Bei vielen heutigen Hinterachsen ist der Sturzwert einstellbar.

Spur der Hinterachse

Bei der Messung in Laufrichtung der Räder zur Fahrzeug-Längsachse werden an den Hinterrädern folgende Werte gemessen:

  • Linkes Rad +5‘, für das rechte Rad –5‘.

Es ist also das linke Hinterrad in Fahrtrichtung etwas nach Innen verdreht und (+ Spur), und das rechte etwas nach außen verdreht (– Spur).

Diese Werte führen zu einem Schräglauf der Hinterräder und bewirken ein ‚Einschlagen‘ der Vorderräder. Ungefähr bis zu den hier angegebenen Werten ist ein solcher Fehler gerade noch akzeptabel.

  • Die Gesamtspur der Hinterachse beträgt 0° (gemessen wurden +5‘ des linken Rades und –5‘ des rechten Rades = +5 –5 = 0).
  • Die Hinterachse ist in ‚eigener‘ Laufrichtung in sich gerade, da die Räder parallel zueinander stehen.

Es stellt sich die Frage, an welchen Rädern nun welche Veränderungen (Spur, Sturz oder Nachlauf) nötig oder sinnvoll sind. Dabei müssen mehrere Faktoren beachtet werden wie zum Beispiel etwaige Verschleißbilder der Reifen in Bezug zu den Ist- und Sollwerten.

Dieses Kapitel ist in folgendem Fachbuch erschienen:

Vermessen und Einstellen von Pkw-Fahrwerken – Achsgeometrie, Technik, Praxisbeispiele

1. Auflage 2016, von Jens Sternbeck, 56 Seiten, 70 Bilder/Grafiken

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Inhalt: (Auszug)

  • Einleitung (Achsvermessung, Problemfelder, Sensoren)
  • Grundlagen der Achsgeometrie
  • Vermessung des Lenktrapezes
  • Praktische Vorgehensweise bei der Achsvermessung an einem Beispielfahrzeug
  • Vorbereitende Maßnahmen (Messplatz)
  • Genauigkeit der Messköpfe
  • Felgenschlag-Kompensation, Vermessung von Hinterachse und Vorderachse
  • Achs-Schrägstand, Vermessung / Einstellung der Vorspurkurve
  • Probleme bei der Achsvermessung
  • Achsvermessung im Motorsport, Die Messung der Radlasten
  • Auswirkungen von Fahrerassistenzsystemen auf die Achsvermessung

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