Kommentar zu Rechnungskürzungen

Das Recht des Stärkeren

Rechnungskürzungen sind teils Probleme der Branche, die ihren Ursprung in der Vergangenheit haben und die heutige Werkstattinhaber ausbaden müssen. Irgendwann war der Bogen für die Versicherungen überspannt. Das ist aber noch nicht alles, das Chefredakteur Torsten Schmidt dazu zu sagen hat.

Die sogenannten Rechnungskürzungen bei Versicherungsschäden sind immer wieder ein Ärgernis für Werkstätten. Bild: M. Schuppich –stock.adobe.com M. Schuppich –stock.adobe.com,

Immer wieder erreichen uns Zuschriften mit der Frage, ob Rechnungskürzungen von Versicherungen bei Kaskoschäden rechtens sind. Oft geht es dabei um nicht komplett beglichene Ansprüche aus einem Scheibentausch, nicht voll bezahlte Kleber, gestrichene Reinigungsmaterialien oder einkassierte Preisaufschläge auf die Windschutzscheibe werden immer wieder beklagt.

Ob solche Abzüge okay sind oder nicht, darauf gibt es keine pauschale Antwort. In einem Krafthand-Podcast (www.khme.de/Rechnungskuerzungen) erklärt ein anerkannter Experte, dass es vom Kleingedruckten des Versicherungsvertrags abhängt, ob Kürzungen bei Kaskoschäden berechtigt sind. Teils sind sie es, teils aber auch ganz sicher nicht.

Rechnungskürzungen sind teils Probleme der Branche, die ihren Ursprung in der Vergangenheit haben und die heutige Werkstattinhaber ausbaden müssen. Irgendwann war der Bogen für die Versicherungen überspannt und nun haben sie einen Apparat aufgebaut, für den – zumindest scheint es so – das Kürzen mittlerweile oft zur reinen Selbsterhaltung dient.

Fakt ist: Die Werkstatt hat in jedem Fall Anspruch auf ihre Forderungen, nur dass die Kürzungen dann vom Kunden ausgeglichen werden müssten, so wie er eben auch die Selbstbeteiligung zu zahlen hat. In der Praxis ist das natürlich kaum machbar. Aber ist die ganze Diskussion um gerade kleinere Kürzungsbeträge – so ärgerlich sie sind – im Endeffekt nicht müßig? Denn letztlich agieren die Versicherungen nach dem Prinzip des Rechts des Stärkeren und kürzen somit, wo es nur geht.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass unsere Branche ein Stück weit zu dieser Entwicklung beigetragen hat, die erst in den letzten 15 bis 20 Jahren diese Ausmaße angenommen hat. Wurde bei Kaskoschäden nicht lange Zeit aufgeschrieben bis zum Gehtnichtmehr? Wurden nicht auch immer wieder Teile erneuert, bei denen es gar nicht zwingend erforderlich war? Und wurde und wird bei den Stundensätzen nicht häufig mit zweierlei Maß gemessen, sprich, der für die Versicherung war/ist höher als normal?

Ob das aber nun der Auslöser war oder nicht: Ganz sicher schießen die Versicherungen übers Ziel hinaus, sodass es sich auf jeden Fall lohnt, dagegen anzugehen, so der Vertreter eines Autoglas-Werkstattsystems in einem Interview in Krafthand 16/2022. Wer das aber scheut, muss für sich überlegen, ob er trotz Kürzungen überhaupt Kaskoschäden machen will. Wer hier zu einem Ja kommt, hat zumindest eine bewusste (!) Entscheidung getroffen und das fühlt sich anders an, als immer wieder aufs Neue vom Einfallsreichtum der Versicherer überrascht zu werden und sich jedes Mal schwarz zu ärgern. Denn ändern werden die sich ganz bestimmt nicht mehr.

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