Fünf Fragen an den GVA-Präsidentschaftskandidaten

„Allmachtsfantasien prallen auf Überlebenskampf“

Thomas Vollmar kandidiert um die Nachfolge von GVA-Präsident Hartmut Röhl und spricht im Interview über das Dilemma der Verbandsarbeit.

Thomas Vollmar ist noch Geschäftsführer bei Carat und tritt am 23. November 2021 bei der Wahl zum neuen GVA-Präsident an. Bild: Carat

Herr Vollmar, Sie scheiden nach mehr als 25 Jahren an der Spitze der Einkaufskooperation Carat Ende 2022 als Geschäftsführer aus und kandidieren um die GVA-Präsidentschaft. War genau dieser Positionswechsel ein lang gehegter Plan?

Vollmar: Nein, meine Lebensplanung sah bis vor Kurzem noch gänzlich anders aus. Ich hatte bereits verschiedene Projekte für „die Zeit danach” angestoßen. Dann kam die Anfrage vom GVA-Präsidium, die mich so sehr überraschte, dass ich nicht sofort nein sagen konnte.

Sie haben ja gesagt. Was hat Sie überzeugt?

Letztlich habe ich mich überzeugen lassen und auch den Carat-Beirat in die Entscheidung einbezogen, zumal ich noch einen laufenden GF-Vertrag zu erfüllen habe. Das GVA-Präsidium hat mich nun einstimmig als Kandidaten nominiert und die Mitglieder werden am 23. November 2021 entscheiden. Inzwischen habe ich mich mit dem Gedanken angefreundet, zumal mir die Branche am Herzen liegt und es sich um ein Ehrenamt handelt, dem man auch mit Demut und Respekt begegnen muss.

Die Absicherung des
IAM im Wettbewerb zu den OE ist und bleibt die
Kernaufgabe des GVA.

Was müsste der Gesamtverband Autoteile Handel für eine erfolgreiche Zukunft mit Priorität angehen und wo sehen Sie dabei Ihre Rolle?

Die Rolle eines Verbands ist immer schwierig und letztlich auch undankbar. Der GVA hat die Aufgabe, die Interessen aller Verbandsmitglieder auf politischer Ebene zu vertreten und die Rahmenbedingungen im Sinne der Teilehändler, im Sinne eines fairen Wettbewerbs und somit auch im Sinne der Werkstätten und der Autofahrer zu gestalten. Aber bereits beim ersten Punkt wird es schon problematisch, da die Interessen der Teilehändler nicht auf allen Gebieten identisch sind. Wie jeder nachvollziehen kann, hat ein als internationaler Milliardenkonzern tätiges Unternehmen gänzlich andere Interessen als ein lokal oder regional agierendes Familienunternehmen. An einem Strang zu ziehen und den IAM als homogene Einheit zu betrachten, ist nicht mehr realistisch.

Was meinen Sie damit genau?

Allmachtsfantasien prallen hier auf Überlebenskampf, Einkaufsmacht steht gegen Margenschwund, Direktbezug gegen selektive Distribution. Würde sich der Verband für eine gleichberechtigte Versorgung aller Marktteilnehmer einsetzen, würde er sich gegen die Interessen der großen Absatzmittler stellen. Es gäbe viele weitere Beispiele der Diskrepanz, so dass sich der GVA vornehmlich auf den Ebenen wie Designschutz, GVO und Zugang zu Rohdaten engagiert und hiermit sicher den kleinsten gemeinsamen Nenner bei der Gestaltung der Rahmenbedingungen bedient. Bereits wenn es um die sogenannten Branchenlösungen geht, sind die Interessen schon wieder unterschiedlich, was zu emotional ausgeprägten Scharmützeln führt, auf die man gerne verzichten könnte.

Könnte der Verband hier nicht als Vermittler auftreten?

Eine Mediatorenfunktion des GVA wäre insofern sicher hilfreich, ebenso eine klare Positionierung zu wettbewerbsrelevanten Themen, die nicht immer jedem Marktteilnehmer gefallen kann. Die Absicherung des IAM im Wettbewerb zu den OE ist und bleibt die Kernaufgabe des GVA, was mit Blick auf die Waffengleichheit erst recht nur mit einer Sprache erreicht werden kann. Das fast schon abgedroschene Feld der Digitalisierung und der damit verbundenen Servicesteuerung kann der GVA nicht ohne die FIGIEFA positiv beeinflussen. Aber auch auf dieser Ebene kommen bereits multinationale Interessen aufs Parkett, was auch dort wiederum eine starke Verbandsarbeit unterminiert. Die Herausforderungen sind also gewaltig!

Herr Vollmar, vielen Dank.

Die Fragen stellte Kerstin Thiele

 

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