Aus- und Weiterbildung

Wer übernimmt die Weiterbildungskosten bei Kündigung?

Technische Fortschritte im Kfz-Bereich verlangen stetig aktualisiertes Know-how von Werkstattmitarbeitern. Entsprechend wichtig sind regelmäßige Fort- und Weiterbildungen. Die nicht unerheblichen Kosten dafür trägt meistens der Arbeitgeber. KRAFTHAND stellt nun die Frage: Kann der Betrieb seine Auslagen zurückfordern, wenn der Mitarbeiter von sich aus kündigt und zur Konkurrenz abwandert?

Fort-/Weiterbildung für KFZ-Betriebe
Im technologisch hoch innovativen Kfz-Bereich geht nichts ohne regelmäßige Fort- und Weiterbildungen der Mitarbeiter. Die Kosten für den Arbeitgeber sind enorm. Für ihn lohnen sich solche Investitionen deshalb nur, wenn das erworbene Know-how dem Betrieb entsprechend lange zur Verfügung steht. Bild: Krafthand/Ledermann

Schicken Kfz-Betriebe ihre Mitarbeiter zu Fort- oder Weiterbildungsmaßnahmen, werden a) die Arbeitnehmer in der Regel von der Arbeit freigestellt und für die Zeit der Fortbildung bezahlt und b) die Kosten für die Maßnahme meist vom Arbeitgeber vollständig bezahlt. Um ihre Ausgaben abzusichern, sollten Werkstattinhaber mit den betroffenen Mitarbeitern vorher eine Vereinbarung treffen mit folgenden Inhalten:

  Dauer der Fort- und Weiterbildung

  1. Freistellung von der Arbeit/Ausgleichstage
  2. Zweck der Fort- und Weiterbildung
  3. Kündigungsverbot/-beschränkung für eine bestimmte Dauer
  4. Kosten- und Rückzahlungsklausel/Rückzahlungsverpflichtung

Hinsichtlich der Wirksamkeit von Rückzahlungsklauseln oder Rückzahlungsvereinbarungen gab es in den vergangenen Jahren immer wieder höchstrichterliche Entscheidungen, die die (strengen) Anforderungen an eine solche Klausel konkretisiert haben. Aus der Rechtsprechung ergibt sich, dass sowohl die Dauer der Bindungsfrist als auch die Regelungen zur Höhe der zurückzuzahlenden Beträge immer wieder zu Stolperfallen wurden. Deshalb sollte in der praktischen Ausgestaltung hierauf besonderes Augenmerk gelegt werden.

Rückzahlungsklauseln und ihre Wirksamkeit

Arbeitgeber haben ein berechtigtes Interesse daran, dass sich ihre Mitarbeiter weiterbilden und qualifizieren. Da sie diese Fortbildungsmaßnahmen im Regelfall auch finanzieren, haben sie gleichermaßen ein Interesse, dass die Arbeitnehmer danach möglichst lange im Betrieb bleiben. Denn nur so können sich die Ausgaben amortisieren.

Sowohl die Dauer der Bindungsfrist als auch die Regelungen zur Höhe der zurückzuzahlenden Beträge wurden immer wieder zu Stolperfallen.

Scheidet der Arbeitnehmer allerdings frühzeitig aus, kann der Arbeitgeber grundsätzlich eine zeitanteilige Rückzahlung der Fortbildungskosten verlangen (BAG, Urteil vom 11.4.2006 – Az. 9 AZR 610/05). Diese zeitanteilige Rückzahlung setzt aber voraus, dass eine entsprechende Rückzahlungsvereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer getroffen wurde und dass diese Vereinbarung auch wirksam ist.

Die Wirksamkeit von Rückzahlungsklauseln setzt immer voraus, dass die Klausel einen interessengerechten Ausgleich vorsieht. Das heißt, die Vorteile der Weiterbildung für den Arbeitgeber müssen in einem angemessenen Verhältnis zur Bindungsdauer des Arbeitnehmers an den Betrieb stehen. Die Rückzahlungsvereinbarungen sind darüber hinaus meist als Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) zu qualifizieren, sodass die jeweilige Klausel im Streitfall auch der strengen AGB-Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB standhalten muss.

Voraussetzungen und Inhalte

Um von seinem Arbeitnehmer die Rückzahlung der Fortbildungskosten nach verfrühtem Ausscheiden aus dem Unternehmen verlangen zu können, ist Grundvoraussetzung, dass dieser einen sogenannten geldwerten Vorteil erlangt hat. Das kann beispielsweise sein: Der Arbeitnehmer erhält nach Abschluss der Fortbildung eine höhere Vergütung, er besetzt durch die Fortbildung innerbetrieblich eine höhere Position und/oder die neu erworbenen Qualifikationen können auch bei anderen Arbeitgebern zum Einsatz kommen (BAG, Urteil vom 21.11.2001 – Az. 5 AZR 158/00).

Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass Rückzahlungsvereinbarungen unzulässig sind, wenn die Weiterbildung ausschließlich dem Arbeitgeber nützt (andere Arbeitgeber können mit dieser Qualifizierung nichts anfangen), die Fortbildung lediglich der Auffrischung bereits vorhandener Fähigkeiten dient oder die Fortbildung deswegen nötig ist, weil der Arbeitgeber betriebliche Umstrukturierungen vorgenommen hat, die eine Anpassung der vorhandenen Kenntnisse erforderlich machen.

Höhe der Rückzahlungsbeträge

Für die Wirksamkeit einer Rückzahlungsvereinbarung ist es außerdem erforderlich, dass die jeweiligen Rückzahlungsbeträge soweit wie möglich dargestellt werden (BAG Urt. v. 21.08.2012 – Az. 3 AZR 698/10). Das heißt, anhand der Rückzahlungsvereinbarung muss der Arbeitnehmer erkennen können, was im Fall eines frühzeitigen Ausscheidens aus dem Betrieb auf ihn (den Arbeitnehmer) zukommt. Die Rechtsprechung verlangt also zunächst, dass die Fortbildungskosten so genau wie möglich aufgelistet werden. Zudem muss die Vereinbarung Angaben darüber enthalten, ob vom Arbeitgeber noch weitere Ausgaben (Übernachtungskosten, Fahrtkosten etc.) übernommen werden und falls ja, ob auch diese bei einem frühzeitigen Ausscheiden zurückzuzahlen sind und wie sich diese berechnen.

Tipp: Neben den eigentlichen Fortbildungskosten und den damit verbundenen Ausgaben ist in der Rückzahlungsvereinbarung auch zu bestimmen, für welchen Zeitraum genau der Arbeitnehmer bezahlt freigestellt wird, ob die Rückzahlung den Brutto- oder Nettobetrag meint und/oder ob auch Kosten für eine etwaige Zusatzversorgung zurückzuzahlen sind.

Achtung: Fehlt einer der genannten Inhalte, ist im Zweifel die gesamte Rückzahlungsklausel unwirksam. Betriebe sollten sich aus diesem Grund vorab genau beraten lassen.

Gestaffelte Reduzierung der Rückzahlungsbeträge

Eine weitere Voraussetzung für die Wirksamkeit der Rückzahlungsklausel ist, dass sich die Rückzahlungskosten nach Beendigung der Fortbildung gestaffelt/ratierlich reduzieren. Das heißt, je länger der Arbeitnehmer nach der Fortbildung im Betrieb bleibt, desto geringer müssen die Rückzahlungsbeträge werden.

Tipp: Zu empfehlen ist eine Vereinbarung, nach der sich die Rückzahlungsbeträge nach Abschluss der Fortbildung anteilig pro Monat reduzieren. Eine lediglich jährliche Reduzierung dürfte zur Unwirksamkeit der Rückzahlungsklausel führen, insbesondere dann, wenn die Fortbildungskosten das Bruttoeinkommen um ein Vielfaches übersteigen.

Bindungsdauer

Die Vorteile der Fortbildung müssen in einem angemessenen Verhältnis zur Bindungsdauer des Arbeitnehmers stehen. Liegt eine unangemessene Bindungsdauer vor, ist die Rückzahlungsvereinbarung in der Regel unwirksam. Die Rechtsprechung (BAG, Urt. v. 14.01.2009 – Az. 3 AZR 900/07) hat bislang bestimmte Richtwerte als angemessen angesehen.

Tabelle Fortbildungsdauer und Bindungsdauer
Bild: Krafthand

Achtung: Die Zeiträume sind lediglich Richtwerte aus der bisherigen Rechtsprechung. Hiervon können Abweichungen im Einzelfall erforderlich sein. Werden zum Beispiel vom Arbeitgeber erhebliche finanzielle Mittel aufgewendet und erlangt der Arbeitnehmer durch die Fortbildung besondere Fähig- und Fertigkeiten, kann eine längere Bindungsdauer im Einzelfall zulässig sein. Das gilt auch umgekehrt: Ein geringer Kostenaufwand und weniger vorteilhafte Kenntnisse können eine kürzere Bindungsdauer erforderlich machen.

Tipp: Die „Dauer der Fortbildung“ meint die Zeit, in der der Arbeitnehmer tatsächlich zur Teilnahme an der Fortbildung freigestellt wird. Damit ist hingegen nicht pauschal die gesamte Fortbildungsdauer gemeint.

Frühzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Last but not least darf die Rückzahlungsverpflichtung nicht pauschal an das Ausscheiden des Arbeitnehmers geknüpft werden (BAG, Urt. v. 28.05.2013 – Az. 3 AZR 103/12). Vielmehr muss in der Rückzahlungsvereinbarung der Grund der frühzeitigen Beendigung klar definiert sein. Wichtig hierbei ist, dass der Grund (ausschließlich) aus der Sphäre des Arbeitnehmers stammen muss. Das heißt, der Arbeitnehmer muss es selbst in der Hand haben, ob er im Betrieb bleibt oder ob er durch ein vorzeitiges Ausscheiden eine Rückzahlungspflicht auslöst.

Um die Rückzahlung der Fortbildungskosten nach verfrühtem Ausscheiden verlangen zu können, muss der Arbeitnehmer einen sogenannten geldwerten Vorteil erlangt haben.

Achtung: Es reicht nicht aus, lediglich danach zu unterscheiden, ob die Kündigung durch den Arbeitgeber oder den Arbeitnehmer erklärt wurde. Denn wurde die Arbeitnehmerkündigung durch ein Verhalten des Arbeitgebers verursacht, liegt der Grund der Beendigung gerade nicht (ausschließlich) in der Sphäre des Arbeitnehmers. Dies muss in der Rückzahlungsklausel berücksichtigt werden.

Fazit

Das Thema Rückzahlung von Fortbildungskosten ist ein heikles Thema. Es gibt eine Vielzahl von äußerst strengen Voraussetzungen, die eine solche Rückzahlungsvereinbarung erfüllen muss, um wirksam zu sein. Wird eine dieser Voraussetzungen nicht oder nicht rechtmäßig erfüllt, ist im Zweifel die ganze Klausel unwirksam und der Kfz-Betrieb ist sowohl sein Geld als auch seinen Arbeitnehmer los. Um dies zu vermeiden, sollten Rückzahlungsvereinbarungen vorab genau geprüft werden.

Schreiben Sie den ersten Kommentar

Kommentieren Sie als Gast oder melden Sie sich mit Ihrem Krafthand Medien Benutzerkonto an.
Erforderliche Felder sind mit * markiert