Kommentar

Abzocke an der Ladesäule

Der Anbieter des größten deutschen Schnellladenetzes will in diesem Jahr die Anzahl der öffentlichen Ladepunkte verdreifachen. Trotzdem – oder genau deshalb – bringt die geplante Expansion für die Kunden eine satte Preiserhöhung. Redakteur Florian Zink kommentiert die Preise an Ladesäulen und warum E-Autofahren nicht zwingend billiger ist.

KRAFTHAND-Redakteur Florian Zink. Bild: Krafthand
KRAFTHAND-Redakteur Florian Zink. Bild: Krafthand Medien

EnBW betreibt eigenen Angaben zufolge das größte Schnellladenetz für Elektroautos in Deutschland. In diesem Jahr soll die Anzahl der Ladepunkte sogar verdreifacht werden. Wie dem auch sei – für die Kunden bringt die geplante Expansion eine satte Preiserhöhung.

„Um das hohe Ausbautempo beizubehalten und der dynamischen Kostenentwicklung Rechnung zu tragen, passt das Unternehmen seine Ladetarife zum 6. Juli 2021 im Schnitt um 7,7 Cent pro Kilowattstunde an“, teilte EnBW mit. Beim Schnellladen (DC) fallen somit jetzt 48 Cent pro Kilowattstunde an, bei fremden Stromanbietern sogar 52 Cent (ADAC e-Charge-Tarif).

Abgesehen von der seltsamen Begründung – schließlich rechtfertigt Shell die Entwicklung seiner Spritpreise ja auch nicht mit dem Bau neuer Tankstellen, ist Ladesäulenstrom also ganz schön teuer.

Und EnBW gehört dabei noch zu den günstigeren Anbietern. Bei Ionity, einem Joint Venture von Mercedes, BMW und VW mit Beteiligungen von Ford und Hyundai, kostet eine Kilowattstunde unglaubliche 79 Cent. An Ladestationen an der Autobahn sieht es ähnlich aus.

Wer sein E-Auto an einer öffentlichen Ladesäule laden muss, wird aktuell ganz schön abgezockt

Natürlich sind die aktuellen 27 Cent pro kWh, die der Wechselstrom zuhause kostet, nicht mit dem Gleichstrom einer Schnellladesäule zu vergleichen, da hier auch die Zeitkomponente eine Rolle spielt. Trotzdem ist der Preisunterschied meiner Meinung nach viel zu hoch.

Denn geht man davon aus, dass ein kompaktes E-Fahrzeug, wie etwa ein Renault Twingo electric, ungefähr 16 Kilowattstunden auf 100 Kilometer verbraucht und ein etwas größeres wie der Audi e-Tron Sportsback oder ein Tesla Model X um die 24 Kilowattstunden, ist elektrisches Fahren alles andere als günstig. Und das kann nicht im Sinne des Erfinders sein.

In Zahlen ausgedrückt kosten 100 Kilometer mit dem E-Auto bei 48 Cent pro Kilowattstunde zwischen 7,68 Euro und 11,52 Euro. Im Vergleich ist hier ein Dieselfahrzeug, das 5,5 Liter auf diese Strecke verbraucht, mit 7,15 Euro deutlich günstiger – bei einem Dieselpreis um die 1,30 Euro.

Und was ist die Moral von der Geschichte? Überspitzt lässt sich schlussfolgern: Geht die Preisentwicklung an den Ladesäulen so weiter, wird die E-Mobilität für die meisten bis auf Weiteres unattraktiv bleiben oder es müssen die Spritpreise jedes Jahr erhöht werden, damit sich ein E-Auto im Vergleich zu konventionellen Antriebsarten in Zukunft rentiert.

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