Audi gibt seine Dieselmotoren teilweise für regenerative Kraftstoffe frei

Pflanzenöl im Tank

HVO = Hydrotreated Vegetable Oil, zu Deutsch: hydriertes Pflanzenöl. Mit diesem Kraftstoff sollen sich 70 bis 95 Prozent CO2 im Vergleich zu fossilem Diesel einsparen lassen. Was sich Audi davon Verspricht und wie das genau funktioniert.

Für die Zukunft plant Audi, weitere Verbrennungsmotoren (auch Ottomotoren) für erneuerbare synthetische Kraftstoffe freizugeben. Bild: Audi

Bis 2050 möchte Audi bilanziell klimaneutral werden. Dabei liegt der Fokus bekanntlich auf batterieelektrischen Fahrzeugen. Zusätzlich haben die Ingolstädter geplant, die CO2-Bilanz ihrer Verbrennungsmotoren zu verbessern: Das Unternehmen gibt deshalb viele seiner aktuellen Diesel für regenerative Kraftstoffe frei.

Oliver Hoffmann, Vorstand für technische Entwicklung bei Audi, betont: „Wir optimieren unser bestehendes Verbrennerportfolio hin zu mehr Effizienz und niedrigeren Emissionen. Dafür schaffen wir auch die technischen Voraussetzungen für die Nutzung nachhaltiger Kraftstoffe wie HVO.“

HVO = Hydrotreated Vegetable Oil, zu Deutsch: hydriertes Pflanzenöl. Mit diesem nachhaltigen Kraftstoff sollen sich 70 bis 95 Prozent CO2 im Vergleich zu fossilem Diesel einsparen lassen. Ein weiterer Vorteil von HVO ist laut Audi eine deutlich höhere Cetanzahl, die eine effizientere und sauberere Verbrennung gegenüber herkömmlichem Diesel ermöglicht.

„Die um etwa 30 Prozent gesteigerte Cetanzahl von HVO macht die Motoren zündwilliger, was besonders beim Kaltstart positiv ist. Die Auswirkungen auf verschiedene Bauteile, die Leistung und die Abgasemissionen haben wir in spezifischen Absicherungsläufen getestet, bevor die Freigabe erfolgt ist“, sagt Matthias Schober, Leiter Entwicklung Antriebsstrang V-TFSI, TDI und PHEV bei Audi.

Biologische Reststoffe
als Basis

Für HVO werden Rest- und Abfallstoffe verwendet, wie Altspeiseöl aus der Lebensmittelindustrie oder Rückstände aus der Landwirtschaft. Unter Einbindung von Wasserstoff (Hydrierung) erfolgt die Umwandlung der Öle in kettenförmige Kohlenwasserstoffe. Damit werden die Pflanzenöle in ihren Eigenschaften für den Einsatz in modernen Dieselmotoren angepasst. Sie können dem herkömmlichen Diesel beigemischt werden und so fossile Anteile ersetzen oder aber zu 100 Prozent als Reinkraftstoff genutzt werden.

HVO ist ein sogenannter BTL-Kraftstoff (Biomass to Liquid). Neben Biomasse als Ausgangsprodukt gibt es weitere Herstellungsverfahren für synthetische Dieselkraftstoffe, beispielsweise GTL (Gas to Liquid), bei dem Erdgas durch Zufuhr von Sauerstoff und Wasserdampf zu Synthesegas umgewandelt wird, oder PTL (Power to Liquid). Letzteres soll sich nachhaltig aus erneuerbarem Strom, Wasser und CO2 aus der Atmosphäre gewinnen lassen.

Zapfsäulen mit synthetischen Kraftstoffen sind mit diesem XTL-Symbol gekennzeichnet. Dafür freigegebene Fahrzeuge tragen zudem einen XTL-Aufkleber im Tankdeckel. Bild: Krafthand

Als Sammelbegriff für diese synthetischen Kraftstoffe wird die Bezeichnung XTL (X to Liquid) verwendet, wobei das X für eine variable Ausgangskomponente steht. Sie entsprechen der Norm EN 15940 für paraffinische Dieselkraftstoffe, um einen störungsfreien Betrieb sowie die Dauerhaltbarkeit der Motoren und der Abgasreinigung in ganz Europa sicherzustellen. Zapfsäulen mit den entsprechenden Kraftstoffen sind mit einem XTL-Symbol gekennzeichnet. Freigegebene Audi-Modelle tragen zudem einen XTL-Aufkleber im Tankdeckel (Bild oben).

HVO-Freigabe für zahlreiche Audi-Modelle

Alle V6-Dieselaggregate von Audi bis einschließlich 210 kW (286 PS) Leistung in den Baureihen A4, A5, A6, A7, A8, Q7 und Q8, die seit Mitte Februar 2022 produziert werden, können HVO-Kraftstoff nach der europäischen Norm EN 15940 tanken. Die HVO-Freigabe für den Q5 erfolgte Anfang März, die für den A6 allroad in der Ausbaustufe bis 180 kW (245 PS) kommt im Sommer.

In Europa besteht zudem eine Freigabe für die seit Juni 2021 gebauten Vierzylinder-Dieselaggregate im Audi A3, Q2 und Q3. In den auf dem modularen Längsbaukasten basierenden Modellen sind seit Mitte des letzten Jahres die R4 TDI in den Baureihen A4, A5, A6, A7 und Q5 in Schweden, Dänemark und Italien HVO-fähig.

HVO-Diesel ist in Europa an mehr als 600 Tankstellen verfügbar – die meisten davon in Skandinavien. In Deutschland gibt es derzeit erst vereinzelte Tankstellen, denn im Gegensatz zu fast allen anderen EU-Ländern ist die Kraftstoffnorm EN 15940 noch nicht im deutschen Regelwerk zur Qualität von Kraftstoffen (Verordnung über die Beschaffenheit und die Auszeichnung der Qualitäten von Kraft- und Brennstoffen – 10. BImSchV) aufgeführt.

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