Adventskalender: Türchen 2

Oszilloskop: der Tastkopf in der ­Werkstattpraxis

Bei der Vielzahl an Messaufgaben kann das Oszilloskop nicht direkt an den Messpunkt angeschlossen werden. Aus diesem Grund wird ein Tastkopf zwischengeschaltet, der über eine Messspitze verfügt und das Messsignal entsprechend anpasst.

Krafthand-Adventskalender Türchen 2
Bild: Krafthand

Dabei geht es um ein sehr komplexes Zusammenspiel von ohmschen Widerständen, Kapazitäten und Induktivitäten. Es ist grundsätzlich immer möglich, eine einfache Messleitung zu benutzen, aber dann ist der Widerstand und die Kapazität zwischen Oszilloskop und Messpunkt nicht exakt definiert. Bei den meisten Messungen im Kfz-Bereich spielt dies (noch) keine große Rolle, sodass eine einfache Messleitung ausreicht.

Doch bei höheren Frequenzen, zum Beispiel im Bereich Flexray oder dem im Fahrzeugtechnik-Bereich neuen Ethernet-­Bus, kann eine einfache Leitung das Messsignal erheblich verfälschen, was zu falschen Rückschlüssen oder unerwarteten Signalverläufen führt. Zudem bringen lange Erdungsleitungen der meisten herkömmlichen Sonden zusätzliche Induktivität und Resonanzen in den Aufbau, was zu falschen oder ungenauen Messwerten führt. Deshalb findet man bei immer mehr Werkstatt-Oszilloskopen optional auch Tast­köpfe im Angebot.

Tastkopf Oszilloskop
Ein Tastkopf vermindert Rückwirkungsabweichungen des Oszilloskops auf das Messobjekt. Bild: Georg Blenk

An der Seite des Tastkopfes befindet sich ein Kabel mit Krokodilklemme, der Masseanschluss des Tastkopfes. Mit der (gefederten) Messspitze erreicht man den jeweiligen Messpunkt. Mitunter ist an der Spitze eine kleine Kabelklemme aufgesteckt, so können sichere Klemmverbindungen hergestellt werden.

Beispiel eines Tastkopfs

Der P2056 von PICO ist ein 10:1-Miniaturtastkopf für Oszilloskope mit einer Bandbreite von bis zu 500 MHz. Der Tastkopf-Kern besteht aus einem Keramik-Hybrid-Material. Das koaxiale Design und Laserabgestimmte Widerstände sorgen laut PICO für höchste Signaltreue entlang des Signalpfads und bieten eine hohe Bandbreite und schnelle Anstiegszeiten für genaue Impulsmessungen.

Mit einer maximalen Eingangsspannung von 300 V CAT II eignet sich der Tastkopf gleichermaßen für den Werkstattservice und Entwicklungsumgebungen. Der spezielle BNC-Stecker wird von Oszilloskopen die einen Erfassungsring haben, automatisch als 10:1-Teiler erkannt. Die niedrige Eingangskapazität des Tastkopfes von nur 9,5 pF belastet die Signalquelle laut PICO nur minimal, was besonders wichtig ist, wenn Signale mit schnellen Anstiegszeiten gemessen werden.

 

Tastkopf für ein Oszilloskop
Kompakter Tastkopf mit gefederter Messspitze. Bild: PICO

Der P2056 ist mit einem IC-Kontaktsystem erhältlich, das aus fünf verschiedenen Adaptern mit einem Abstand von 1,27 bis 0,5 mm und einem Platinen-Adapter-Set besteht und eine ideale Lösung für kurzschlusssichere, reproduzierbare Messungen bietet. Die Sonde verfügt zusätzlich über gefederte Messspitzen.

 

Der 10:1-Teiler

Ein Oszilloskop hat in den meisten Fällen einen Eingangswiderstand von einem Megaohm. Wird ein normaler, passiver ­Tastkopf verwendet, hat dieser einen Eingangswiderstand von neun Megaohm.

In der Summe ergibt sich dann für das Messgerät inklusive Tastkopf (also am Ende an der Kontaktstelle) ein Gesamtwiderstand von 10 Megaohm, bei einem Teilverhältnis von 9+1 = 10 Megaohm zu 1 Megaohm. Die Spannung am Tastkopf wird um den Faktor 10 kleiner im Oszilloskop dargestellt. Um aber die echte Spannung abzulesen, müsste die dargestellte Spannung auf dem Display mit 10 multipliziert werden.

Abgleich-Trimmer Tastkopf 10:1-Teiler
Abgleich-Trimmer am Tastkopf und Einstellung des 10:1-Teilers.

Viele Oszilloskope haben dafür eine Eingabemöglichkeit des Messkopfes. Wenn das Oszilloskop weiß, dass ein 10:1-Teiler angeschlossen ist, wird die Ableseskala automatisch angepasst, so dass man auf dem Display wieder direkt die Spannungswerte sieht, die auch real am Messpunkt anliegen.

Der im Tastkopf konstruktiv festgelegte Wechselspannungswiderstand stellt gleichzeitig eine festgelegte Kapazität dar. Meist sind das einige Pikofarad. Auch die Induktivität spielt eine wichtige Rolle, allerdings nur bei Signalen höherer Frequenzen.

 

Dieses Kapitel ist in folgendem Fachbuch erschienen:

Das Oszilloskop im Werkstattalltag – Grundlagen, Funktionen, Diagnose

1. Auflage 2025 von Jens Sternbeck, 104 Seiten, Softcover, in Farbe ca. 120 Abbildungen/Grafiken, 49,95 Euro

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Der Tastkopf-Abgleich

Damit das Zusammenspiel zwischen Oszilloskop und Tastkopf optimal funktioniert, müssen die Tastköpfe vor der Benutzung mit dem jeweiligen Oszilloskop abgeglichen werden. Es können Kapazitäten im Kabel und dem Oszilloskop variieren. Zu diesem Zweck sind in den Tastköpfen sogenannte Trimmkondensatoren eingebaut.

Zum eigentlichen Abgleich wird ein definiertes Signal benötigt. Dies liefert meist das Oszilloskop, es handelt sich dabei in der Regel um eine Rechteck-Spannung. Man dreht so lange am Trimmkondensator, bis das Rechteck-Signal perfekt dargestellt wird. So wird der korrekte Abgleich des Tastkopfes erreicht.

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