Adventskalender: Türchen 20

Masseproblematik: Das Messgerät als Teil des Stromkreises

Spannungsmessungen gelten als sicher – doch beim Einsatz von Oszilloskopen können gemeinsame Massepfade schnell zu Fehlmessungen, Kurzschlüssen oder sogar Steuergerätedefekten führen. Warum das Messgerät Teil des Stromkreises wird und welche Vorsichtsmaßnahmen unverzichtbar sind.

Krafthand-Adventskalender Türchen 20
Bild: Krafthand

Eine Spannungsmessung  ist unproblematisch durchzuführen. Das soll heißen, dass man bei einer Messung der Spannung eigentlich nichts kaputt machen kann.

Seit Jahren weise ich jedoch meine Schulungsteilnehmer in Grundlagenschulungen darauf hin, dass das Messgerät während der Messung zum Teil des Stromkreises wird. Teilweise ernte ich dabei irritierte Blicke. Es ist richtig, dass die Hersteller von Messgeräten dafür sorgen, dass der Effekt, den die Messung auf die zu messende Größe hat, bei ordnungsgemäßer Anwendung, zu vernachlässigen ist. Allerdings ist bei der Verwendung eines Oszilloskops mit mehreren Eingängen folgendes zu beachten:

Der Eingang eines Oszilloskops besteht im Wesentlichen aus dem Signal und der Signalmasse. Die Signalmasse wird benötigt, damit während der Messung ein festes Referenz-Potential zur Verfügung steht.

Jetzt stellt sich die Frage, ob die Signalmassen aller Eingänge gleich sind, das heißt, ob sie intern miteinander verbunden sind, oder nicht. Die zweite Frage lautet: Macht das irgendeinen Unterschied?

 

Dieses Kapitel ist in folgendem Fachbuch erschienen:

Das Oszilloskop im Werkstattalltag – Grundlagen, Funktionen, Diagnose

1. Auflage 2025 von Jens Sternbeck, 104 Seiten, Softcover, in Farbe ca. 120 Abbildungen/Grafiken, 49,95 Euro

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Gemeinsame Masse der ­einzelnen Kanäle

Betrachten wir zunächst ein Oszilloskop, bei dem die Signalmassen der einzelnen Kanäle miteinander verbunden sind. Wenn ich an einen Kanal eine Messleitung anschließe und die Masseklemme mit der Fahrzeugmasse verbinde, liegt die Signalmasse aller Eingänge auf demselben Potential, nämlich der Fahrzeugmasse. Das klingt erstmal vernünftig, denn häufig nutzen wir bei Messungen am Fahrzeug die Fahrzeugmasse als Referenz.

Oszilloskop-Eingänge ohne Potentialtrennung
Oszilloskop-Eingänge ohne Potentialtrennung.

Doch was passiert, wenn ich mit einem weiteren Kanal zeitgleich ein anderes ­Signal aufnehmen möchte? Soweit ich die Spannung auf dem zweiten Kanal auch gegen die Fahrzeugmasse messen möchte, stellt dies kein Problem dar. Nur wie verhält es sich, wenn ich auf dem zweiten Kanal eine Spannungsabfallmessung zwischen zwei Punkten im Stromkreis durchführen möchte, bei der mein Bezugspotential nicht die Fahrzeugmasse ist?

In diesem Fall würde über die Signalmasse der beiden Kanäle eine ungewollte Verbindung im Stromkreis entstehen. Diese ungewollte Verbindung kann nicht nur zu Fehlmessungen führen, sondern auch zu Kurzschlüssen. Diese wiederum können zu Beschädigungen am Stromkreis, insbesondere an Steuergeräten führen.

Es ist also vor der Verwendung eines Oszilloskops zu überprüfen, ob alle Eingänge die gleiche Signalmasse nutzen oder ob die Eingänge potentialfrei, beziehungsweise potential-getrennt sind. Ist letzteres der Fall, sind die Signalmassen der einzelnen Kanäle nicht miteinander verbunden. Es besteht in diesem Fall keine Gefahr, einen Kurzschluss über das Messgerät herbeizuführen. Weiterhin sind diese Kanäle von der eigentlichen Masse des Messgeräts getrennt. Hier ist darauf zu achten, welche Spannungsdifferenz zwischen Signalmasse und Oszilloskop-Masse maximal zulässig ist.

Angaben Eingänge Oszilloskop
Angaben zu den Eingängen eines Oszilloskops.

Das Bild oben zeigt einen Hinweis zur maximalen Belastbarkeit der Eingänge eines Oszilloskops. In diesem Fall bedeutet es: Die maximale Spitzenspannung zwischen Signal und Signalmasse beträgt 200 V. Dies ist die maximale Eingangsspannung pro Kanal. Der zweite Wert gibt den maximalen Potentialunterschied von 30 V zwischen Signalmasse und Gerätemasse an.

Ein weiterer Effekt, der zu beachten ist, ergibt sich aus dem ‚Gesamtschaltkreis‘, der während der Messung entsteht. Wie obenan beschrieben wird das Messgerät während der Messung zum Teil des Schaltkreises. Dazu können noch weitere Geräte kommen, die Während der Messung an das Fahrzeug angeschlossen sind. Hierzu gehören beispielsweise Ladegräte oder Diagnosetester. Auch diese Geräte sind in der Regel mit der Fahrzeugmasse verbunden. Häufig werden sie in irgendeiner Weise vom Hausnetz versorgt, genauso wie das Oszilloskop. Dabei ist nicht immer zwangsläufig eine galvanische Trennung vorhanden. Es besteht also die Möglichkeit sogenannter Masseschleifen, durch die unbemerkt Potentialunterschiede überbrückt werden können. Im einfachsten Fall führt dies zu Messfehlern oder Warnungen im Oszilloskop, im schlimmsten Fall kann dies zur Zerstörung von Steuergeräten oder des Messgerätes führen. Auftreten kann dieser Effekt dann, wenn die Masseklemme an einem anderen Potential anliegt als der Fahrzeugmasse.

Diese Art von Gefährdung ist immer davon abhängig, ob angeschlossene Geräte galvanisch von der Steckdose getrennt sind, oder ob sie das ‚Steckdosenpotential‘ mit in den Schaltkreis bringen. Da dies von außen nicht immer sichtbar ist, müssen einige Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden.

Insbesondere sollte vermieden werden, ein Oszilloskop und einen Diagnosetester zeitgleich am Fahrzeug zu verwenden.

Sollte dies nicht möglich sein, empfiehlt sich die Verwendung eines drahtlosen OBD-Adapters, der die Daten über Bluetooth oder W-LAN an den Tester schickt. Bei Verwendung eines USB-Oszilloskops, dessen Software auf einen Laptop läuft, kann beispielsweise der Laptop während der Messung im Akku-Betrieb verwendet werden.

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