Diagramm: Ursachen für Kompressorausfall
Späne spülen sinnlos

Klimaanlagen spülen – wann und wie?

Ein Großteil der Kompressorschäden geht laut Denso auf eine Mangelschmierung des Verdichters zurück. Ursachen sind Verschmutzungen und/oder eine falsche Ölfüllmenge. Um nach dem Kompressoraustausch beide Fehlerquellen auszuschließen, muss der Kfz-Profi die Anlage spülen und anschließend mit der korrekten Füllmenge versehen.
Dieser Beitrag ist Teil des Spezials: Fahrzeugklimaanlagen.

Nach wie vor meinen viele Kfz-Profis, nach einem Kompressorschaden müssten sie spülen, um Späne aus dem Klimasystem zu entfernen. Das ist ein Irrglaube. Vielmehr kommt dem Spülen laut Andreas Lamm eine andere Bedeutung zu. Da der Experte für Klimaanlagen darüber hinaus der Ansicht ist, Klimaservicegeräte eignen sich nicht optimal zum Spülen, verweist er auf eine Alternativmethode.

Herr Lamm, warum muss ein Klimakreislauf gespült werden und wann können Werkstätten sich dies sparen?

Diese Frage ist einfach zu beantworten. Der Klimakompressor verdichtet Gas, so wie Otto- und Dieselmotoren das Kraftstoff-Luftgemisch. Jeder weiß, dass eine gewisse Menge Öl mit der richtigen Viskosität vorhanden sein muss, um den Motor zu kühlen und zu schmieren. Dies gilt auch für den Klimakompressor.

Leider besitzt dieser keinen eigenen Ölkreislauf wie Verbrennungsmotoren, sondern nutzt den gesamten Klimakreislauf für die Ölzirkulation. Das ist auch der Grund, warum es keinen Ölpeilstab gibt, um die Ölmenge zu kontrollieren, da sich ein großer Teil des Öls im Kreislauf befindet und nicht in einer Ölwanne sammelt.

Die einzige Möglichkeit, um die Ölmenge exakt zu definieren, ist also das Spülen der Klimaanlage. Denn nur so lässt sich verbrauchtes Öl aus dem Kreislauf entfernen. Wenn anschließend der neue Klimakompressor mit der Gesamtölmenge befüllt und eingebaut wird, weiß man, dass die exakte Menge frischen Öls mit der richtigen Viskosität in einem sauberen Kreislauf vorhanden ist.

Daher ist das Spülen der Klimaanlage bei fast allen Kompressorherstellern verpflichtend.

Das heißt, es ist quasi immer zu spülen?

Es gibt nur eine einzige Ausnahme, die toleriert werden kann. Spülen ist überflüssig, wenn der Kompressor nicht mechanisch, sondern elektrisch defekt ist. Dies kann durch eine elektrisch defekte Magnetkupplung oder durch eine elektrische Fehlfunktion des Regelventils passieren.

In solchen Fällen sollten Werkstattprofis vor dem Kompressoraustausch das Öl aus dem defekten Verdichter ablassen, um die Menge und den Zustand des alten Öls zu kontrollieren. Wenn sich keine Verunreinigungen oder Fremdflüssigkeiten beziehungsweise Fremdöle im alten Öl befinden und dieses sauber und klar ist, kann auf ein Spülen verzichtet werden.

Es bleibt aber immer noch ein Restrisiko, dass die Ölmenge im Kreislauf nach dem Tausch des Kompressors nicht korrekt ist. Dieses Restrisiko trägt allein die Werkstatt.

Spülen dient also insbesondere dazu, die Ölmenge korrekt einzustellen. Schließlich ist zu viel oder zu wenig Öl langfristig schlecht für den Kompressor und die Kühleffizienz der Anlage.

Korrekt.

Und warum macht Spülen keinen Sinn, wenn sich Späne im Kältemittelkreislauf befinden?

Das Wort Späne würde ich gern in ‚metallische Abriebe’ ändern, da hier große Unterschiede bestehen. Sollten sich im Öl feine metallische Abriebe befinden, ist ein Spülen der Klimaanlage sinnlos. Diese Verunreinigungen können aufgrund der Konstruktion und des Aufbaus moderner Wärmetauscher nicht aus der Klimaanlage herausgespült werden. In diesem Fall sind alle Komponenten der Klimaanlage zu tauschen.

Dies gilt ebenfalls für Dichtmittel im Kreislauf. Bei polymeren Abrieben im Öl beziehungsweise im Kompressor, also Gummiabrieben, sind Komponenten wie Kondensator, Trockner, Expansionsorgan und Heißgasleitung zu erneuern und das restliche System ist zu spülen.

Bleibt noch die Frage, wie die Werkstatt spülen soll. Sie sehen den Einsatz eines Klimaservicegeräts mit Spülkit kritisch. Warum?

Zum Vergleich kann man sich folgende Frage stellen: Wie bekommt man verschmutzte Wäsche sauber? Bei 30 °C Buntwäsche und gedrückter Eco-Taste oder bei 90 °C im Kochwäscheprogramm und höherer Wasserzufuhr. Ich denke, jeder weiß die Antwort.

Das Gleiche gilt beim Spülen mit Kältemittel. Druck, Temperatur und Kältemittelmenge sind entscheidend für den Spülprozess. Moderne Klimaservicegeräte verfügen über eine Spülfunktion, doch die Leitungs- und Schlauchquerschnitte in den Geräten sind so klein, dass die Durchflussmenge für effektives Spülen mit entsprechend Druck zu gering ist. Des Weiteren heizen die Klimaservicegeräte das Kältemittel nicht genug auf, um auf einen ordentlichen Druck zu kommen.

Beides führt dazu, dass das Kältemittel nur lauwarm durch die Klimaanlage plätschert und somit nicht alles an Öl und Verunreinigungen herausgewaschen werden kann.

Deshalb haben sie sich über eine alternative Spülmethode Gedanken gemacht?

Ja. Und zwar empfehle ich, mit zwei Kältemittelflaschen zu spülen.

Dabei verzichten Sie auf den Einsatz von Reinigern? Warum?

Das Problem sind nicht die Reinigungsmittel an sich, sondern deren Entfernen nach dem Spülprozess. Es gibt im gesamten Kreislauf der Klimaanlage Sicken und Vertiefungen, wo sich die Reinigungsflüssigkeit sammelt. Selbst wenn man die Anlage mit Stickstoff ausbläst, lassen sich die Reiniger nicht vollständig aus dem System entfernen.

Verbleibt auch nur ein winziger Rest der Reinigungsflüssigkeit im Kreislauf, ist der anschließende Totalschaden der Fahrzeugklimaanlage programmiert. Danach müssen alle Komponenten der Anlage ausgetauscht werden.

Also immer nur mit Kältemittel spülen?

Ja. Denn es ist das Medium, das in der Klimaanlage eingesetzt wird. Aber um ordentlich Druck und Temperatur sowie einen ausreichenden Kältemitteldurchfluss zu erzeugen, empfiehlt es sich, alternativ zu spülen.

Nämlich, wie schon erwähnt mit ganz normalen Kältemittelflaschen, von denen eine mit einem elektrischen Heizband erwärmt wird. Durch eine kontrollierte Aufheizung des Kältemittels und Kältemittelschläuchen mit entsprechend großem Querschnitt wird ein optimaler Kältemittelvolumenstrom erzeugt, um das verbrauchte Öl und Verunreinigungen herauszuwaschen.

Es ist somit die einfachste und kostengünstigste Methode, um eine Klimaanlage fachgerecht zu spülen. Das genutzte Kältemittel kann anschließend weiterhin verwendet werden.

Aber auch damit lassen sich Späne, etwa nach einem Kompressorschaden, nicht ausspülen?

So ist es. Wie schon erwähnt, technisch gesehen sind dann insbesondere der Kondensator und die anderen besagten Komponenten zu erneuern.

Bei einem Turboladerschaden kommt schließlich auch niemand auf die Idee, den Ladeluftkühler spülen zu wollen. Dieser ist zu erneuern. Punkt.