Krafthand-Adventskalender Türchen 8
Adventskalender: Türchen 8

Fahren mit Badeschlappen

Bild: Krafthand

Eine Panne bei einer Bremsenreparatur ist für die Werkstatt nicht nur eine Schädigung ihres guten Rufes, sondern sie kann – wenn weiterreichende Folgen auftreten – zu einer schweren Belastung des ganzen Betriebes führen. Wie leicht ein solcher Umstand eintreten kann, zeigt folgender Fall.

Ein Fahrzeug kam herein, und die Überprüfung ergab, dass keinerlei Bremsdruck mehr vorhanden war. Das Pedal ließ sich ohne Widerstand bis zum Boden durchtreten. ­Alle Bremstrommeln wurden demontiert, und man suchte zunächst die undichte Stelle im Bremssystem, aus welcher die Bremsflüssigkeit verlorengegangen sein müßte. An einem Hinterrad fand sich dann auch der undichte Radbremszylinder.

Er wurde mit neuen Manschetten ver­sehen, die gegenüberliegende Seite der Sicherheit hal­ber ebenfalls. Beidseitig nietete man neue Bremsbeläge auf und montierte die Bremse wieder. An den Vorderrädern stellte man einen noch vertretbaren Verschleiß an den Bremsbelägen fest, die Radbremszylinder waren trocken, und so beschränkte man sich auf das Entstauben der Vorderradbremse. Schließlich wurde das gesamte Bremssystem eingestellt und entlüftet. Bremsdruck und Pedalweg waren gut, und nach einer Probefahrt nahm der Kunde das Fahrzeug wieder in Empfang. Bereits am zweiten Tage darauf stand das Fahrzeug wieder in der Werkstatt.

Die Beanstandung war die gleiche wie beim ersten Mal. Das Bremspedal ließ sich ohne Widerstand durchtreten. Man versuchte es zunächst mit dem Nachstellen aller Räder und dem nochmaligen Entlüften der Anlage. Der Bremsweg wurde zwar kürzer und es war auch Druck vorhanden, aber irgendwie befriedigte die Sache nicht. Da an den Vorderrädern eine Bremsbacke an der Grenze ihrer Nachstellmöglichkeit angelangt war, beschloß man, auch hier neu zu belegen und verwendete außerdem zwei nachgeschliffene Bremstrommeln. Doch auch das Ergebnis dieser Arbeit befriedigte nicht voll. Da man an den Rädern keinen Anhaltspunkt für weitere Arbeiten mehr sah, wandte man sich dem Hauptbremszylinder zu.

 

Dieses Kapitel ist in folgendem Fachbuch erschienen:

Zu Ende denken… Klassik Band 1

Historische Praxisfälle aus 90 Jahren Werkstattalltag, inklusive historischen Anzeigen, 2. Auflage 2020, von Georg Blenk, 172 Seiten, 40 Abbildungen/Grafiken/Tabellen, 22,95 Euro

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Obwohl man im Verlauf der Arbeiten bereits einmal das Spiel der Hauptzylinderdruckstange zum Kolben geprüft hatte, kontrollierte man es zunächst noch einmal gründlich. Und hier sollte auch der endgültige Fehler gefunden werden. Der Bremslichtschalter, mit einer Sechskantmutter gehalten, war lose und gab den ersten Anhaltspunkt. Die eigentliche Ursache aber war eine runde Kunststoffbuchse, die durch die Sechskantmutter gehalten wurde und als Anschlag für das Bremspedal diente. Je nach ihrer Lage versperrte sie den vollen Rückweg des Bremspedals und ließ damit den Kolben des Hauptzylinders nicht voll in seine Ausgangsstellung zurückgleiten.

Die Folge war, dass die Nachlaufbohrung nicht freigegeben wurde und keine Bremsflüssigkeit nachfließen konnte. Die ganze Panne wäre nicht entstanden, wenn vor der ganzen Arbeit jemand in den Vorratsbehälter des Hauptbremszylinders gesehen hätte.

Er wäre nämlich gar nicht – wie vermutet – leer gewesen, und der ein wenig leckende Radbremszylinder war – wenigstens zu diesem Zeitpunkt – noch nicht die Ursache des Bremsenversagens. Man tröstete sich schließlich mit der Tatsache, daß dieser Radbremszylinder zu einem etwas späteren Zeitpunkt doch zu einem Versagen der Bremse hätte führen können und die Bremsanlage so oder so überholungsbedürftig gewesen war.

Hätten Sie die Lösung gewusst?

Das war ein Zu-Ende-denken-Fall – einer von vielen kniffligen Fällen aus dem Werkstattalltag.

Interessante Problemfälle gibt es sicher auch bei Ihnen. Schreiben Sie an torsten.schmidt@krafthand-medien.de oder rufen Sie an unter 08247 3007-72.

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