Nervöse Autobauer

Torsten Schmidt, Chefredakteur der KRAFTHAND

wohl noch nie war die Unruhe bei Automobilherstellern und Zulieferern, aber auch im Kfz-Gewerbe größer als derzeit. Dabei hat der Umbruch, von dem viele Experten immer reden, in den jeweiligen Bereichen noch gar nicht richtig begonnen. Nach wie vor dominieren der Verbrennungsmotor sowie Fahrzeuge mit vier Rädern und einem Lenkrad, an dem der Autofahrer immer noch selbst drehen muss.

Doch dass das nicht so bleibt, wissen wir alle: In Zukunft sollen uns zunehmend Hybriden und E-Mobile von A nach B bewegen. Ein Grund übrigens, weshalb wir uns in dieser Ausgabe gleich in mehreren Beiträgen ausgiebig damit beschäftigen, worauf es beim Schrauben an Hochvoltfahrzeugen ankommt und welche Tätigkeiten auf jeden oder nur auf Spezialisten zukommen.

Blickt man auf die viel propagierten vernetzten und autonomen Fahrzeuge, so ist hier noch nicht vollends klar, welchen Einfluss diese Autos tatsächlich auf den Reparaturalltag haben. Sicher ist aber, dass sie zu großen gesellschaftlichen Veränderungen führen. So werden durch diese Technologien die Karten bei den Autobauern und Erstausrüstern neu gemischt. Einige dieser Unternehmen dürften unter die Räder kommen, andere an Marktmacht gewinnen. Das sind Aussichten, die den einen oder anderen Manager durchaus nervös machen – auch wenn ein Wandel nach außen hin immer gern als Chance dargestellt wird. Fragt man sich nur, warum beispielsweise die deutschen Autobauer ihr Dieseldebakel nicht als Chance begreifen.

Ganz einfach: Weil eben nicht alles Neue für alle Chancen birgt, sondern auch disruptiv, also zerstörend wirkt. Das gilt natürlich auch für unser Gewerbe. Wobei ich weniger befürchte, dass Digitalisierung, vernetzte Autos und immer kompliziertere Fahrzeugsysteme die Hauptgefahr für freie Werkstätten und Autohausbesitzer darstellen. Das alles ist zwar herausfordernd, aber von gesunden Betrieben zu stemmen.

Vielmehr sind es die Autobauer mit ihren nervösen Führungsriegen, die inzwischen an allen Fronten kämpfen – und somit zum Teil selbst ihre Markenbetriebe angreifen. Verfolgt man etwa die Grabenkämpfe bei VW um die Händlerverträge, so ist doch klar: Am liebsten wollen die Autobauer selbst verkaufen und (kleine) Händler aushebeln. Um ihren Markenbetrieben aber dennoch eine Perspektive zu bieten, versuchen sie nun Fahrer alter Autos auf Biegen und Brechen dort hin zu locken – mit diversen und zum Teil durchaus fragwürdigen Angeboten. Das wiederum könnte über kurz oder lang einen Druck auf die freie Szene aufbauen, der viel größer ist als ihn der digitale und fahrzeugtechnische Wandel verursacht.

 

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