Was Kfz-Werkstätten über mangelhafte Austauschkats wissen müssen

Indem der Katalysator in einem Hochtemperaturofen hydrothermatische Bedingungen ausgesetzt wird, altert er künstlich. Rechts: Philipp Schulte von der Initiative ‚Industrie- und Handelskreis Qualitätsstandard Blauer Engel-Kat’. Bild: LRT

Bereits seit Jahren gerät der Katalysatormarkt preislich immer mehr unter Druck. Nach Meinung von Katalysatoren-Herstellern wie beispielsweise HJS und LRT liegt die Ursache auf der Hand. Minderwertige Qualität bei den Austauschteilen, die hauptsächlich übers Internet verkauft werden. KRAFTHAND fragte bei Philipp Schulte von der Initiative ‚Industrie- und Handelskreis Qualitätsstandard Blauer Engel-Kat’ nach.

Das Thema mangelhafte Katalysatoren ist nicht neu. Auch KRAFTHAND hat bereits mehrmals darüber berichtet. So ist immer wieder zu hören, dass im freien Teilehandel, insbesondere jedoch im Internet, Austauschkatalysatoren von schlechter Qualität im Umlauf sind. Aufgrund unzureichender Beschichtungen können diese Katalysatoren Schadstoffe nicht oder nur unzureichend konvertieren. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) erklärt, in Deutschland seien eine Million Pkw mit Austauschkatalysatoren auf den Straßen unterwegs, die schädliche Emissionen kaum oder gar nicht mindern. Deshalb fordert die DUH seit Jahren, nur noch Originalkatalysatoren zu verbauen oder solche mit dem Umweltzeichen ‚Blauer Engel’. Um das Umweltsiegel zu bekommen, müssen Hersteller wie LRT, HJS, Eberspächer etc. die jeweiligen Katalysatoren vom TÜV Süd oder TÜV Nord nach einem zertifizierten Verfahren prüfen lassen.

Das Ziel ist klar: Es dürfen nur noch Katalysatoren verbaut werden, die einwandfrei funktionieren. Dazu haben einige Katalysator- und Teilehandelsunternehmen die Initiative ‚Industrie- und Handelskreis Qualitätsstandard Blauer­-Engel-Kat’ gegründet. Dem Interessenverbund gehören im einzelnen an: Bluekat, Bosal, Eberspächer, Tenneco, Ebis, HJS, LRT, PV, Stahlgruber, Trost und Wessels Müller (WM).

Was genau die Initiative umtreibt und warum mangelhafte Kats nicht auffallen, hat KRAFTHAND im Gespräch mit Philipp Schulte erfahren. Er fungiert neben seiner Tätigkeit als Geschäftsführer bei HJS auch als Sprecher der Initiative.

Was ihn an der aktuellen Entwicklung stört, sind die niedrigen Preise für Katalysatoren im Internet. Natürlich seien preisgünstige Katalysatoren nicht per se schon schlecht, betont Schulte. Nur: Wenn ein Ersatzkat für 65 Euro oder weniger zu haben sei, könne dieser nicht einwandfrei arbeiten.

Dazu macht der Experte folgende Kalkulation auf: 65 Euro minus Umsatzsteuer und Montagekit macht einen Nettopreis für den Kat von etwa 50 Euro. Zieht man davon noch die eBay-Gebühr ab (zehn Prozent des Verkaufspreises) sowie die Händlermarge, so ergeben sich Herstellungskosten von etwa 30 Euro. „Dafür, so Schulte, lässt sich selbst in Asien oder sonst wo kein funktionierender Katalysator herstellen. Denn ein Kat besteht zu zwei Dritteln des Werts aus ­Edelmetall. In einem Katalysator für 100 Euro sind demnach für 60 bis 70 Euro Edelmetalle enthalten. Bleibt die Frage: Wie können manche Marktakteure dann einen Kat für 60 Euro anbieten, also zu Herstellungskosten von 30 Euro? „Damit lassen sich nur Metall- und Vertriebskosten decken“, betont Schulte.

Herr Schulte, hat sich die Initiative ‚Industrie- und Handelskreis Qualitätsstandard Blauer-Engel-Kat’ gegründet, um solche wettbewerbsverzerrenden Praktiken zu bekämpfen?
Ja korrekt. Sehen Sie, die Qualitätshersteller von Katalysatoren sind aufgrund der kriminellen Energie mancher Markt­akteure wettbewerbsunfähig. Denn die Mehrzahl der Endkunden kauft preis­orientiert und lässt Qualitätsaspekte außer Acht. Auch weil Endkunden und Werkstätten die Qualität gar nicht beurteilen können.

Aber achten die Teilegroßhändler nicht auf Qualität?
In der Regel schon. Mit Stahlgruber, PV Trost und WM gehören ja einige sogar der Initiative Industrie- und Handelskreis Qualitätsstandard Blauer-Engel-Kat an. Nur: Der deutsche Hauptmarkt für Katalysatoren ist inzwischen eBay. Dort werden demnach auch die meisten mangelhaften Teile angeboten, die zum großen Teil aus Fernost stammen, aber auch aus Spanien und England.

Der Internethandel mit Kats hat sich dennoch etabliert. Was wollen Sie also tun?
Genau. Er ist erstens nicht aufzuhalten und außerdem ist ja grundsätzlich auch nichts gegen den Internethandel einzuwenden – wenn die Produkte in Ordnung sind. Und hier wollen wir ansetzen. Ein Anfang ist schon gemacht. Die DUH ist meines Wissens nach bereits auf eBay zu gegangen. Und eBay hat erklärt: „Gewisse Produkte (nämlich schadhafte, Anm. d. Redaktion) wollen wir nicht auf unserer Plattform.” Doch so lange dieses Angebot vorhanden ist, werden die Konsumenten darauf auch zugreifen.

Aber mangelhafte Katalysatoren sollten aufgrund ihrer zu geringen Konvertierungsrate jedoch spätestens bei der AU auffallen.
Nicht zwingend. Dazu muss man wissen: Grundsätzlich gibt es die Vorgabe ECE R 103, nach der die Abgaswerte bei einem Katalysator bis zu einer Laufleistung von 80.000 Kilometer eingehalten werden müssen. Dennoch machen manche Billigkatalysatoren bei der AU-Prüfung keine Probleme.

Ebenso gibt es Tests, bei denen die Billig-Austauschkatalysatoren bei der AU sang- und klanglos durchgefallen sind. Einige Katalysatoren bereits im Neuzustand, andere allerdings erst nach simulierten 20.000 oder 40.000 Kilometern. Und Letztgenannte können die AU durchaus bestehen.

Werkstätten haben also geringe Chancen, minderwertige Katalysatoren zu erkennen, abgesehen vom ‚Blauen Engel’?
Zumindest können sie dies nur sehr schwer. Die mangelhaften Produkte sind teils äußerlich von der Metallarbeit sogar einwandfrei. Bei der Prüfung der Passgenauigkeit können die Billigkatalysatoren jedoch durchaus auffallen. Ansonsten gibt es nur den ‚Blauen Engel’ als Kriterium. Dieser liefert die Gewähr, dass die gesetzlichen Anforderungen eingehalten werden.

Nochmals zurück zur Norm ECE R 103, die die Katqualität sicherstellen soll. Erfüllt die ECE R 103 nun diese Anforderung oder nicht?
Leider nicht genügend. Es ist in der ECE R 103 nicht vorgesehen, das Prüfprodukt, also den Austauschkatalysator und die Prüfunterlagen miteinander abzugleichen. Dies ist jedoch nicht die Schuld der prüfenden Sachverständigenorganisationen. Vielmehr ist dieser Vergleich aus rechtlicher Sicht nicht vorgesehen. Es gibt es zwar durchaus Bestrebungen, das Typgenehmigungsverfahren zu bearbeiten. Doch kann dies Jahre dauern. Und dann bleibt noch die Frage, ob in neue Vorschriften die anspruchsvollen Kriterien des ‚Blauen Engels’ europaweit zur Geltung kommen.

Eine verschärfte AU könnte auch helfen, Problemkats herauszufiltern?
Das denke ich schon. Mit strengeren AU-Werten und einem verbessertem Verfahren sollte das möglich sein. Kats fallen bei der jetzigen AU-Praxis unter anderem nicht auf, weil nur CO2 gemessen wird. Ideal wäre, wenn auch die Stickoxid-Emissionen gemessen würden. Damit würde sich die Spreu vom Weizen trennen. Außerdem muss die generelle Endrohrprüfung wieder her.

Herr Schulte, vielen Dank.

Das Interview führten Torsten Schmidt und Ralf Lanzinger.

 

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