GVA-Kongress: Leichtes Umsatzplus, neuer Wettbewerb, Wertewandel im IAM

GVA-Kongress 2013: Helmut Wolk spricht über den europäischen Teilegroßhandel und die Herausforderungen und Chancen die speziell der Online-Vertrieb bietet. Bilder: Georg Blenk

Der GVA-Kongress 2013, der am gestrigen Mittwoch traditionell im Maritim Airport Hotel in Hannover stattfand, brachte durchaus Überraschendes hervor. Gemeint ist weniger die Kernbotschaft von GVA-Präsident Hartmut Röhl, dass sich die Branchenkonjunktur nach einer leichten Delle im ersten Quartal 2013 positiv erholt hat. Vielmehr war es die durchgängig spürbare Tatsache, dass nun Themen wie der Onlinevertrieb beziehungsweise die Onlinevermarktung von Fahrzeugteilen und Services im IAM angekommen sind. Die Potenziale dahingehend wurden in den letzten Jahren nicht nur sagenhaft unterschätzt, die Themen selbst wurden mitunter belächelt. Die Notwendigkeit einer integrierten Vorgehensweise was zukünftige Vertriebs- und Vermarktungswege im IAM angeht wurden scheinbar erkannt. Jetzt müssen Taten folgen.

Die Stimmung ist keine schlechte im deutschen Teilehandel so Hartmut Röhl im Rahmen des Pressefrühstücks im Vorfeld des GVA-Kongresses: 70,4 % der GVA-Mitgliedsunternehmen verzeichneten laut Röhl nach dem dritten Quartal 2013 und im Vergleich zum Vorjahr ein Umsatzplus. So habe beispielsweise der Absatz von Lenkungs- und Fahrwerksteilen deutlich angezogen. Auch das Geschäft mit Werkstattausrüstung im Allgemeinen und Reifen im Speziellen hat sich positiv entwickelt – was immer auch ein Indikator für ein gesundes Teilegeschäft ist. Negativ zu werten waren laut Röhl hingegen die Irritationen rund um die neuen Klimaservicegeräte beziehungsweise das neue Kältemittel R1234yf. Zahlreiche Werkstattbetriebe hatten in ein Zweitgerät investiert und fühlten sich mitunter verschaukelt.

Was den anschließenden GVA-Kongress selbst betraf, so durften sich die rund 300 Teilnehmer auf spannenden Vorträge freuen. Den Einstieg lieferte Stefan Becker, Leiter Finanz und Rechnungswesen bei der Schmitz Cargobull AG. In aller Offenheit referierte Becker über die Krisenzeit des Unternehmens 2007/2008 und nannte konkrete Zahlen. Becker beschrieb die Mittel und Wege, die Schmitz Cargobull aus der Krise halfen. Aktuell ist der Hersteller von Nutzfahrzeug-Aufliegern nach zahlreichen Umstrukturierungsmaßnahmen und der Neuausrichtung der Unternehmensstrategie wieder bestens aufgestellt.

Im Anschluss an Becker lieferte Helmut Wolk, Geschäftsführer Wolk-After-Sales-Experts,  einen gewohnt spannenden Überblick über den europäischen Aftermaket. Er beleuchtete im Detail einzelne Länder und den dortigen Teilegroßhandel sowie die Expansions- und Übernahmestrategien von national wie international aufgestellten Unternehmen. Dabei ließ Wolk nie den Gesamtzusamenhang sowie die Auswirkungen auf den deutschen Aftermarket aus den Augen. Eine Kernthese lautete: Die Internationalisierung des Aftermarkets ist nicht aufzuhalten. Es sind neue und übergreifende Strategien gefragt. Auch betonte Wolk die zunehmende Bedeutung von Online-Service-Portalen wie Fairgarage oder Autoscout ‚Werkstatt‘. Interessant sei in diesem Zusammenhang die Übernahme von Fairgarage durch die DAT und bezeichnend dabei die späte, aber wahre, Erkenntnis des ZDK was die Bedeutung dieser Portale angeht. Es wäre nicht Helmut Wolk, hätte er dem Auditorium nicht noch einen ’spitz‘-formulierten Ratschlag auf den Weg gegeben: „Begegnen Sie dem Wettbewerbsdruck durch Innovationen und neue Vertriebsstrategien. Ziehen Sie keine Benchmarks heran. Altes in neue Tüten füllen führt nicht zum Erfolg“.
Dr. Kai Hudetz, Geschäftsführer des Kölner Instituts für Handelsforschung, führte im Anschluss an Wolk das Thema Internet weiter und berichtet im Detail über die Chancen und Risiken des Online-Ersatzteilvertriebs. Im Jahr 2012 betrug laut Hudetz der Online-Umsatz (b2c) in Deutschland 33,0 Milliarden Euro. Der E-Commerce-Umsatz laut Hochrechung 2012 (b2b) wurde mit 912,0 Milliarden Euro beziffert! Dabei stellte der Handel sowie die Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen einen Anteil mit 282 Milliarden von 15,8 Prozent. Der Anteil der reinen Kfz-Teilebranche des deutschen Großhandels am Gesamt-Onlineshop-Umsatz betrüge heute schon 14,0 Prozent, so Hudetz. Zusätzlich arbeitete er die vermarkterische Bedeutung des Onlinehandels von Kfz-Teilen heraus: „Die große Chancen für den Kfz-Teilehandel ist den Kunden über einen professionellen Onlineshop zu gewinnen. Und dabei reicht es nicht aus, lediglich die Top 100 Fahrzeugteile anzubieten. 18,2 Prozent des stationären Umsatzes entsteht schon jetzt über den Erstimpuls in Onlineshops. Ist in einem Onlineshop das gewünschte Produkt nicht verfügbar, so wechseln Kunden in 51,5 Prozent der Fälle den Shopanbieter“. Auch was die Kaufgründe angeht räumt Hudetz mit alten Vorurteilen auf: „Die wichtigsten Gründe für freie Werkstattbetriebe online Pkw-Ersatzteile zu kaufen ist nicht nur der Preis, vielmehr die Verfügbarkeit, die Auswahl sowie am Ende des Tages die Liefertreue sowie die Bequemlichkeit.  Das Angebot sei Transparent, die Beratung erfolgte über eine professionelle Hotline, die Qualität stimmt (Auswahl Hersteller) sowie die Öffnungszeiten entfallen. Hudetz` Fazit: Die Cross-Channel-Vermarktung bedeute eine große Chance für den Teilehandel neue Potenziale zu heben. Das Servicegeschäft in den Werkstätten könne davon nur profitieren, da der Verbau von Ersatzteilen Spezialisten erfordert und nach wie vor Vertrauenssache ist.

Die abschließende Klammer des GVA-Kongresses bildete der Vortrag des Unternehmensberaters und Buchautors Prof. Dr.Guido Quelle zum Thema profitables Wachstum. Um beispielsweise die Erkenntnisse aus den Vorträgen der Vorredner in die Tat umzusetzen sei es zuerst einmal notwendig interne Bremsen zu lösen und dem Unternehmen neuen Schub zu geben. Dies gelte im Übrigen für alle unternehmerische Belange, branchenübergreifend. So stellte Quelle einige Thesen auf, die er in seinem kurzweiligen Vortrag mit Beispielen prominenter Mandate seiner gleichnamigen Unternehmensberatung untermauerte. So entstehe Wachstum nicht durch Addition sondern durch Innovation. Diese muss aber auch gewollt sein im Unternehmen. Auch sei der Blick in den Rückspiegel beziehungsweise die Betrachtung der letzten Geschäftszahlen selten ein Innovationstreiber. Vielmehr müssen das Management nach vorne durch die Windschutzscheibe schauen um den richtigen Weg zu erkennen. Interessant war auch Quelles Bericht über eine Aufsichtsratssitzung eines bekannten Unternehmens: Die schlechten Zahlen des abgelaufenen Geschäftsjahres gründeten auf die schlechte Konjunktur, den aufstrebenden Wettbewerb und so weiter. „Kein selbstkritisches Wort“, so Quelle. „Kein Wort über die eigene Produktqualität, das bessere Personal des Wettbewerbs, die besseren Produkte sowie die augenscheinlich bessere Strategie“.

Es fällt am Ende relativ leicht mit einem Satz von Prof. Dr. Guido Quelle diesen Bericht vom GVA-Kongress 2013 abzuschließen: „Vertriebsstrategie ? Wir verkaufen da wo Licht brennt – wir haben keine Vertriebsstrategie“, so ein Vertreter eines namhaften Großhandelsunternehmens. Einige Player im IAM sind jedoch bereits passabel aufgestellt was die Cross-Channel-Vermarktung (nutzen auch b2c-Kanäle) Ihrer Produkte angeht, viele arbeiten daran, einige diskutieren noch. Denkbar wäre durchaus eine gemeinsame b2b-Plattform des Teilehandels – wer weiß..?!

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